Nach der blauen Himmelsdecke
schau ich selig lange Stunden,
bis ein weisser Nebelschleier
mir verhüllt die lieben Augen.
*
An die bretterne Schiffswand,
wo mein träumendes Haupt liegt,
branden die Wellen, die wilden Wellen.
Sie rauschen und murmeln
mir heimlich ins Ohr:
„Betörter Geselle!
Dein Arm ist kurz, und der Himmel ist weit,
und die Sterne droben sind festgenagelt,
vergebliches Sehnen, vergebliches Seufzen,
das Beste wäre, du schliefest ein.“
*
Es träumte mir von einer weiten Heide,
weit überdeckt von weissem, weissem Schnee,
und unterm weissen Schnee lag ich begraben
und schlief den einsam kalten Todesschlaf.
Doch droben aus dem dunkeln Himmel schauten
herunter auf mein Grab die Sternenaugen,
die süssen Augen! und sie glänzten sieghaft.
und ruhig heiter, aber voller Liebe.
Sturm
Es wütet der Sturm,
und er peitscht die Welln,
und die Wellen, wutschäumend und bäumend,
türmen sich auf, und es wogen lebendig
die weissen Wasserberge,
und das Sdifflein erklimmt sie,
hastig, mühsam,
und plötzlich stürzt es hinab
in schwarze, weitgähnende Flutabgründe –
O Meer!
Mutter der Schönheit, der Schaumentstiegenen!
Grossmutter der Liebe! schone meiner!
Schon flattert, leichenwitternd,
die weisse, gespenstische Möwe,
und wetzt an dem Mastbaum den Schnabel,
und lechzt, voll Frassbegier, nach dem Mund,
der vom Ruhm deiner Tochter ertönt,
und lechzt nach dem Herzen,
das dein Enkel, der kleine Schalk,
zum Spielzeug erwählt.
Vergebens mein Bitten und Flehn!
Mein Rufen verhallt im tosenden Sturm,
im Schlachtlärm der Winde.
Es braust und pfeift und prasselt und heult,
wie ein Tollhaus von Tönen!
Und zwischendurch hör ich vernehmbar
lockende Harfenlaute,
sehnsuchtswilden Gesang,
seelenschmelzend und seelenzerreissend,
und ich erkenne die Stimme.
Fern an schottischer Felsenküste;
wo das graue Schlösslein hinausragt
über die brandende See,
dort, am hochgewölbten Fenster,
steht eine schöne, kranke Frau,
zartdurchsichtig und marmorblass,
und sie spielt die Harfe und singt,
und der Wind durchwühlt ihre langen Locken,
und trägt ihr dunkles Lied
über das weite stürmende Meer.
Meeresstille
Meeresstille! Ihre Strahlen
wirft die Sonne auf das Wasser,
und im wogenden Geschmeide
zieht das Schiff die grünen Furchen.
Bei dem Steuer liegt der Bootsmann
auf dem Bauch und schnarchet leise.
Bei dem Mastbaum, segelflickend,
kauert der beteerte Schiffsjung.
Hinterm Schmutze seiner Wangen
sprüht es rot, wehmütig zuckt es
um das breite Maul, und schmerzlich
schaun die grossen, schönen Augen.
Denn der Kapitän steht vor ihm,
tobt und flucht und schilt ihn: „Spitzbub!
Spitzbub! einen Hering hast du
aus der Tonne mir gestohlen!“
Meeresstille! Aus den Wellen
taucht hervor ein kluges Fischlein,
wärmt das Köpfchen in der Sonne,
plätschert luftig mit dem Schwänzchen.
Doch die Möwe, aus den Lüften,
schiesst herunter auf das Fischlein,
und den raschen Raub im Schnabel
schwingt sie sich hinauf ins Blaue.
Seegespenst
Ich aber lag am Rande des Schiffes,
und schaute, träumenden Auges,
hinab in das spiegelklare Wasser,
und schaute tiefer und tiefer –
bis tief, im Meeresgrunde,
anfangs wie dämmernde Nebel,
jedoch allmählich farbenbestimmter,
Kirchenkuppel und Türme sich zeigten,
und endlich, sonnenklar, eine ganze Stadt,
altertümlich niederländisch,
und menschenbelebt.
Bedächtige Männer, schwarzbemäntelt,
mit weissen Halskrausen und Ehrenketten
und langen Degen und langen Gesichtern,
schreiten über den wimmelnden Marktplatz,
nach dem treppenhohen Rathaus,
wo steinerne Kaiserbilder
Wacht halten mit Zepter und Schwert.
Unferne, vor langen Häuser-Reihn,
mit spiegelblanken Fenstern,
stehn pyramidisch beschnittene Linden,
und wandeln seidenrauschende Jungfraun,
ein gülden Band um den schlanken Leib,
die Blumengesichter sittsam umschlossen
von schwarzen, sammtnen Mützchen,
woraus die Lockenfülle hervordringt.
Bunte Gesellen, in spanischer Tracht,
stolzieren