Reisebilder. Erster Teil. Heinrich Heine. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heinrich Heine
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9788726539356
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als ich stieg aus dem Wasser,

      ein Tropfen im Auge blieb.“

      Die Möwen schrillen kläglich,

      es grollt und brandet die See; —

      dein Herz pocht wild beweglich,

      du schöne Wasserfee!

      „Mein Herz pocht wild beweglich,

      es pocht beweglich wild,

      weil ich dich liebe unsäglich,

      du liebes Menschenbild!“

      13 Wenn ich an deinem Hause

      des Morgens vorübergeh,

      so freuts mich, du liebe Kleine,

      wenn ich dich am Fenster seh.

      Mit deinen schwarzbraunen Augen

      siehst du mich forschend an:

      Wer bist du, und was fehlt dir,

      du fremder, kranker Mann?

      „Ich bin ein deutscher Dichter,

      bekannt im deutschen Land;

      nennt man die besten Namen,

      so wird auch der meine genannt.

      „Und was mir fehlt, du Kleine,

      fehlt Manchem im deutschen Land;

      nennt man die schlimmsten Schmerzen,

      so wird auch der meine genannt.“

      14 Das Meer erglänzte weit hinaus,

      im letzten Abendscheine;

      wir sassen am einsamen Fischerhaus,

      wir sassen stumm und alleine.

      Der Nebel stieg, das Wasser schwoll,

      die Möwe flog hin und wieder;

      aus deinen Augen, liebevoll,

      fielen die Tränen nieder.

      Ich sah sie fallen auf deine Hand,

      und bin aufs Knie gesunken;

      ich hab von deiner weissen Hand

      die Tränen fortgetrunken.

      Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib,

      die Seele stirbt vor Sehnen; —

      mich hat das unglückselge Weib

      vergiftet mit ihren Tränen.

      15 Da droben auf jenem Berge,

      da steht ein feines Schloss,

      da wohnen drei schöne Fräulein,

      von denen ich Liebe genoss.

      Sonnabend küsste mich Jette,

      und Sonntag die Julia,

      und Montag die Kunigunde,

      die hat mich erdrückt beinah.

      Doch Dienstag war eine Fete

      bei meinen drei Fräulein im Schloss;

      die Nachbarschafts-Herren und Damen

      die kamen zu Wagen und Ross.

      Ich aber war nicht geladen,

      und das habt Ihr dumm gemacht!

      Die zischelnden Muhmen und Basen,

      die merktens und haben gelacht.

      16 Am fernen Horizonte

      erscheint, wie ein Nebelbild,

      die Stadt mit ihren Türmen

      in Abenddämm’rung gehüllt.

      Ein feuchter Windzug kräuselt

      die graue Wasserbahn;

      mit traurigem Takte rudert

      der Schiffer in meinem Kahn.

      Die Sonne hebt sich noch einmal

      leuchtend vom Boden empor,

      und zeigt mir jene Stelle,

      wo ich das Liebste verlor.

      17 Sei mir gegrüsst, du grosse,

      geheimnisvolle Stadt,

      die einst in ihrem Schosse

      mein Liebchen umschlossen hat.

      Sagt an, ihr Türme und Tore,

      wo ist die Liebste mein?

      Euch hab ich sie anvertrauet,

      ihr solltet mir Bürge sein.

      Unschuldig sind die Türme,

      sie konnten nicht von der Stell,

      als Liebchen mit Koffern und Schachteln

      die Stadt verlassen so schnell.

      Die Tore jedoch, die liessen

      mein Liebchen entwischen gar still;

      ein Tor ist immer willig,

      wenn eine Törin will.

      18 So wandl ich wieder den alten Weg,

      die wohlbekannten Gassen;

      ich komme von meiner Liebsten Haus,

      das steht so leer und verlassen.

      Die Strassen sind doch gar zu eng!

      Das Pflaster ist unerträglich!

      Die Häuser fallen mir auf den Kopf!

      Ich eile so viel als möglich!

      19 Ich trat in jene Hallen,

      wo sie mir Treue versprochen;

      wo einst ihre Tränen gefallen,

      sind Schlangen hervorgekrochen.

      20 Still ist die Nacht, es ruhen die Gassen,

      in diesem Hause wohnte mein Schatz;

      sie hat schon längst die Stadt verlassen,

      doch steht noch das Haus auf demselben Platz.

      Da steht auch ein Mensch und starrt in die Höhe,

      und ringt die Hände, vor Schmerzensgewalt;

      mir graust es, wenn ich sein Antlitz sehe, —

      der Mond zeigt mir meine eigne Gestalt.

      Du Doppeltgänger! du bleicher Geselle!

      was äffst du nach mein Liebesleid,

      das mich gequält auf dieser Stelle,

      so manche Nacht, in alter Zeit?

      21 Wie kannst du ruhig schlafen,

      und weisst, ich lebe noch?

      Der alte Zorn kommt wieder,

      und dann zerbrech ich mein Joch.

      Kennst du das alte Liedchen:

      Wie einst ein toter Knab

      um Mitternacht die Geliebte

      zu sich geholt ins Grab?

      Glaub mir, du wunderschönes,

      du wunderholdes Kind,

      ich lebe und bin noch stärker

      als alle Toten sind!

      22 „Die Jungfrau schläft in der Kammer,

      der Mond schaut zitternd hinein;

      da draussen singt es und klingt es,

      wie Walzermelodein.

      „Ich will mal schaun aus dem Fenster,