Reisebilder. Erster Teil. Heinrich Heine. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Heinrich Heine
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги о Путешествиях
Год издания: 0
isbn: 9788726539356
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hat dieselben Augen,

      die mich so elend gemacht.

      7 Wir sassen am Fischerhause,

      und schauten nach der See;

      die Abendnebel kamen,

      und stiegen in die Höh.

      Im Leuchtturm wurden die Lichter

      allmählich angesteckt,

      und in der weiten Ferne

      ward noch ein Schiff entdeckt.

      Wir sprachen von Sturm und Schiffbruch,

      vom Seemann, und wie er lebt,

      und zwischen Himmel und Wasser,

      und Angst und Freude schwebt.

      Wir sprachen von fernen Küsten,

      vom Süden und vom Nord,

      und von den seltsamen Menschen

      und seltsamen Sitten dort.

      Am Ganges duftets und leuchtets,

      und Riesenbäume blühn,

      und schöne, stille Menschen

      vor Lotusblumen knien.

      In Lappland find schmutzige Leute,

      plattköpfig, breitmäulig und klein;

      sie kauern ums Feuer, und backen

      sich Fische, und quäken und schrein.

      Die Mädchen horchten ernsthaft,

      und endlich sprach Niemand mehr;

      das Schiff war nicht mehr sichtbar,

      es dunkelte gar zu sehr.

      8 Du schönes Fischermädchen,

      treibe den Kahn ans Land;

      komm zu mir und setze dich nieder,

      wir kosen Hand in Hand.

      Leg an mein Herz dein Köpfchen,

      und fürchte dich nicht zu sehr,

      vertraust du dich doch sorglos

      täglich dem wilden Meer.

      Mein Herz gleicht ganz dem Meere,

      hat Sturm und Ebb und Flut,

      und manche schöne Perle

      in seiner Tiefe ruht.

      9 Der Mond ist aufgegangen

      und überstrahlt die Welln;

      ich halte mein Liebchen umfangen,

      und unsre Herzen schwelln.

      Im Arm des holden Kindes

      ruh ich allein am Strand; —

      was horchst du beim Rauschen des Windes?

      Was zuckt deine weisse Hand?

      „Das ist kein Rauschen des Windes,

      das ist der Seejungfern Gesang,

      und meine Schwestern sind es,

      die einst das Meer verschlang.“

      Auf den Wolken ruht der Mond,

      eine Riesenpomeranze,

      überstrahlt das graue Meer,

      breiten Streifs, mit goldnem Glanze.

      Einsam wandl ich an dem Strand,

      wo die weissen Wellen brechen,

      und ich hör viel süsses Wort,

      süsses Wort im Wasser sprechen.

      Ach, die Nacht ist gar zu lang,

      und mein Herz kann nicht mehr schweigen —

      schöne Nixen, kommt hervor,

      tanzt und singt den Zauberreigen!

      Nehmt mein Haupt in euren Schoss,

      Leib und Seel sei hingegeben!

      Singt mich tot und herzt mich tot,

      küsst mir aus der Brust das Leben!

      Eingehüllt in graue Wolken,

      schlafen jetzt die grossen Götter,

      und ich höre, wie sie schnarchen,

      und wir haben wildes Wetter.

      Wildes Wetter! Sturmeswüten

      will das arme Schiff zerschellen —

      ach, wer zügelt diese Winde

      und die herrenlosen Wellen!

      Kanns nicht hindern, dass es stürmet,

      dass da dröhnen Mast und Bretter,

      und ich hüll mich in den Mantel,

      um zu schlafen wie die Götter.

      10 Der Wind zieht seine Hosen an,

      die weissen Wasserhosen;

      er peitscht die Wellen, so stark er kann,

      die heulen und brausen und tosen.

      Aus dunkler Höh, mit wilder Macht,

      die Regengüsse träufen;

      es ist, als wollt die alte Nacht

      das alte Meer ersäufen.

      An den Mastbaum klammert die Möwe sich

      mit heiserem Schrillen und Schreien;

      sie flattert und will gar ängstlich

      ein Unglück prophezeien.

      11 Der Sturm spielt auf zum Tanze,

      er pfeift und saust und brüllt;

      heisa! wie springt das Schifflein!

      Die Nacht ist lustig und wild.

      Ein lebendes Wassergebirge

      bildet die tosende See;

      hier gähnt ein schwarzer Abgrund,

      dort türmt es sich weiss in die Höh.

      Ein Fluchen, Erbrechen und Beten

      schallt aus der Kajüte heraus;

      ich halte mich fest am Mastbaum,

      und wünsche: Wär ich zu Haus.

      12 Der Abend kommt gezogen,

      der Nebel bedeckt die See;

      geheimnisvoll rauschen die Wogen,

      da steigt es weiss in die Höh.

      Die Meerfrau steigt aus den Wellen,

      und setzt sich zu mir, am Strand;

      die weissen Brüste quellen

      hervor aus dem Schleiergewand.

      Sie drückt mich und sie presst mich,

      und tut mir fast ein Weh: —

      du drückst ja viel zu fest mich,

      du schöne Wasserfee!

      „Ich presse dich in meinen Armen,

      und drücke dich mit Gewalt;

      ich will bei dir erwarmen,

      der Abend ist gar zu kalt.“

      Der Mond schaut immer blasser

      aus dämmriger Wolkenhöh;

      dein Auge wird trüber und nasser,

      du schöne Wasserfee!

      „Es wird nicht trüber und nasser,

      mein