DAS DING AUS DEM SEE. Greig Beck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Greig Beck
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958355361
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Er legte dem älteren Mann eine Hand auf die Schulter. »Mein Name ist Nikolai Grudinin und das ist mein Vater, Pavel.«

      Marcus nickte. »Vielen Dank.«

      Pavel zuckte mit den Achseln. »Mein Englisch besser, wenn, ähm, mehr ich benutze.« Er drehte sich um und sprach dann in schnellem Russisch mit seinem Sohn, der aufmerksam zuhörte und nickte. Er trat zurück und deutete auf die anderen Männer, die bei ihnen waren.

      »Bei uns sind Mr. Dimitri Melnikov und Mr. Leonid Luhansk. Wir sind hergekommen, um Ihnen zu helfen … um für Sie zu arbeiten, Mr. Stenson.« Nikolai lächelte.

      Neuigkeiten verbreiten sich hier offenbar schnell, dachte Marcus. Er könnte Yuri bitten, sie wegzuschicken, aber ihm fiel auf, dass sie bereits damit begonnen hatten, das Grundstück aufzuräumen, was bedeutete, dass sie nicht arbeitsscheu waren.

      »Zuerst mal muss ich feststellen, ob ich euch gebrauchen kann.« Er sprach zwar mit Nikolai, ließ seinen Blick aber über jeden Einzelnen von ihnen wandern. Wieder einmal übernahm Nikolai das Reden.

      »Mein Vater ist sehr gut mit Holz, beim Schreinern und mit Maschinen. Unsere Familie lebt schon seit vielen Generationen in dieser Gegend und kennt den See gut.« Er zeigte auf die Männer, die hinter ihm standen. »Dimitri und Leonid sind beide erfahrende Störfischer und ähm … Alleskönner, besitzen ihre eigenen Boote und kennen außerdem den See.«

      Der Mann namens Leonid nahm jetzt eine wie selbst gemacht aussehende Holzpfeife aus seinem Mund und grüßte damit.

      Nicht schlecht, dachte Marcus. Eigentlich genau die Sorte Menschen, nach denen er gesucht hätte. »Und was kannst du?«

      Nikolai grinste. »Ich habe gerade mein Diplom in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Moskau gemacht. Leider gibt es im Moment keine Arbeit für mich. Aber ich bin stark und klug, also …« Er zuckte mit den Schultern.

      Marcus nickte. Stark und klug, und seine Sprachkenntnisse sind bestimmt auch sehr nützlich, dachte er. »Ich werde einen Laborassistenten für die Zuchtarbeit brauchen, die wir in Kürze beginnen werden. Lernst du schnell?« Marcus zog die Augenbrauen hoch.

      Nikolai nickte ernst. »Oh ja, sehr schnell.« Er zeigte auf das Hauptgebäude. »Wir sind durch die gesamte Mühle gegangen und haben alles sauber gemacht. Sie ist in einem guten Zustand, hat eine hervorragende Bausubstanz, und sämtliche Gefahrenstoffe wurden schon vor Jahren weggeschafft. Wir glauben, wir können sie sehr bald zum Laufen bringen.«

      »Das ist sehr gut.« Marcus nickte und war insgeheim ganz schön beeindruckt.

      Yuri beugte sich jetzt nah zu ihm und flüsterte: »Ich glaube, das sind Turken, vielleicht auch Jakuten. Gute, ehrliche Menschen, und äußerst fleißig.« Er richtete sich wieder auf und zuckte dann mit den Achseln. »Aber es ist deine Entscheidung.«

      »In Ordnung.« Marcus wandte sich wieder den Männern zu. »Ich sage noch nicht Ja, lasst uns erst mal auspacken und dann können wir beim Abendessen weiterreden.«

      »In Ordnung, Mr. Stenson.« Pavel klatschte in die Hände. »Wir essen zusammen. Wir machen … machen Stroganoff für Essen.« Er zwinkerte und grinste. »Rentier!«

      Marcus lachte leise. »In dem Fall kann ich euch sagen, dass eure Vorstellungsgespräche bisher sehr gut laufen.«

      Marcus und Yuri verstauten ihre Vorräte und die Ausrüstung, inspizierten einige der Hütten und das Haus des Managers und trafen die Gruppe dann im Mühlenhauptgebäude zum Abendessen.

      Er war von dem Umfang der Arbeiten, die sie bereits erledigt hatten, extrem beeindruckt. Das Innere und Äußere der Mühle, die kleinen Gebäude, das Haupthaus und das umliegende Grundstück waren fast blitzsauber und einige kleinere Reparaturen waren ebenfalls schon ausgeführt worden. Zusätzlich hatten sie angefangen, die Speisekammer aufzustocken.

      Diese Jungs wollten den Job anscheinend wirklich und er war gern bereit, zu helfen, wenn die Zeiten für sie gerade mager waren. Außerdem hatte er ja sowieso vorgehabt, Arbeitsplätze für die Einheimischen zu schaffen.

      Er würde Yuri trotzdem damit beauftragen, Nachforschungen über sie anzustellen, aber Nikolai hatte ihm bereits sein Diplom gezeigt und er hatte gesehen, dass dieser sogar mit Auszeichnung bestanden hatte, also musste der Junge ziemlich was im Oberstübchen haben. Aber wie viel könnten sie schon über die anderen rausfinden, wenn sie hier nicht einmal Computer besaßen oder online zu finden waren?

      Die sechs Männer redeten stundenlang miteinander und lernten sich kennen. Sie sprachen über ihre Herkunft, ihre Leben und ihre Wünsche. Yuri hatte recht damit gehabt, dass sie alle Jakuten waren. Ein alteingesessener heimischer Stamm, der dieses Gebiet schon seit dem siebten Jahrhundert bevölkerte. Wie Marcus vermutet hatte, waren die Jakuten mongolischer Abstammung und noch heutzutage größtenteils Jäger, Viehhirten und Fischer. Doch sie waren auch intelligent, hartnäckig und zäh.

      Marcus mochte sie alle auf Anhieb, und er erzählte ihnen im Gegenzug von seinen Plänen und Hoffnungen für die Fischzucht.

      Leonid nahm irgendwann seine Holzpfeife aus dem Mund und fragte: »Und Sie hoffen, die Fische zu züchten und ihre Eier zu verkaufen … den Beluga-Kaviar? Alles innerhalb von fünf Jahren?«

      »Ja und nein.« Marcus breitete die Arme aus. »Die Beluga-Störe produzieren Millionen von Eiern und von den großen Exemplaren weiß man, dass sie mehrere hundert Pfund Kaviar in sich tragen. Der Kaviar des Beluga-Störs kann bis zu dreitausendfünfhundert US-Dollar pro Pfund wert sein, aber das Problem ist, dass er so gefragt ist, dass die Beluga-Störe nach und nach immer mehr verschwinden.«

      »Ich glaube, Sie schaffen das«, sagte Pavel. »Unser Volk traurig und glücklich, wenn Mühle schließen. Traurig, weil wir Arbeit verlieren, aber glücklich, dass sie geht, weil sie Wasser schmutzig gemacht hat.«

      Die anderen Männer nickten und Pavel sagte: »Aber das hier ist gut, also helfen wir bei Erfolg.«

      Die anderen stimmten zu und Yuri schenkte ihnen eine Runde Wodka ein. Er hob sein Glas. »Auf deinen Erfolg.«

      »Auf Erfolg«, rief Dimitri. »Und dass Sie sicher bleiben.«

      Die Männer tranken ihr Glas aus, doch Marcus nippte nur, dann senkte er sein Glas. »Was meinen Sie mit sicher

      Die Männer verfielen daraufhin in Schweigen und Dimitri sah betreten zu Boden. »Ich meine glücklich.«

      »Sicher vor was?«, drängte ihn Marcus zum Weitersprechen.

      Der Jakut-Russe murmelte etwas, sah aber nicht auf.

      Marcus stieß den angehaltenen Atem aus und stellte sein Getränk ab. »Okay, Jungs, was weiß ich nicht?«

      Dimitri sah endlich hoch. Er hatte die Stirn gerunzelt, als kämpfe er darum, die richtigen Worte zu wählen. »Es gibt Menschen, böse Menschen, die können es … schwer machen, für neue Betriebe.«

      Marcus starrte ihn einen Augenblick lang an, bevor ihm ein Licht aufging. »Oh, verstehe. Du meinst die hiesige Mafia?«

      »Man nennt sie Bratwa.« Yuri grunzte herablassend, während sich seine Mundwinkel nach unten zogen. Er wandte sich an Dimitri. »Die haben sogar hier draußen noch Macht?«

      »Sie arbeiten, wo sie arbeiten wollen«, sagte Dimitri. »Normal wollen sie nur arenda, Miete. Damit alles gut bleibt.«

      Marcus stöhnte auf. »Also Schutzgeld.«

      Die Männer nickten ernst.

      »Na ganz toll.« Marcus seufzte und hielt Yuri sein Glas hin, damit dieser noch etwas Wodka hineingoss.

      Yuri füllte sein eigenes Glas ebenfalls auf. »Man macht einen Kuchen und irgendeiner will immer ein Stück davon abhaben.«

      »Und zwar umsonst«, fügte Marcus grimmig hinzu. Er seufzte wieder, denn er hatte schon von ihnen gehört und wusste daher, wie abscheulich und erbarmungslos sie sein konnten.

      Das ließ seine Gedanken automatisch zu seinem