Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer Paket
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740975739
Скачать книгу
wie der Franz Gruber reagiert, wenn du seiner Forderung net nachkommst. Aber wenn er tatsächlich an die Öffentlichkeit geht, dann brauchst du deine Familie.«

      »Was könnt’ er denn sonst noch unternehmen?«

      »So, wie ich ihn einschätze, ist er zu allem fähig«, antwortete Sebastian. »Franz Gruber ist voller Haß auf dich, weil er dich nicht nur für das Schicksal seines Vaters verantwortlich macht, sondern auch für seine Jugend in ärmlichen Verhältnissen. Wenn du auf seine Forderung nicht eingehst, könnt’ er vielleicht zu massiveren Mitteln greifen…«

      Der Bauer sah ihn bestürzt an.

      »Sie glauben, er könnt doch gegen mich…?

      »Ja, vielleicht wird er gewalttätig«, nickte der Bergpfarrer besorgt. »Net gegen dich, denn das hätt’ er schon längst können, wenn er gewollt hätt’. Aber vielleicht reicht sein Haß so weit, daß er net davor zurückschreckt, irgendwelche andre Maßnahmen zu ergreifen. Welcher Art sie auch immer sein mögen…«

      »Ja, dann werd’ ich mit den Kindern reden«, murmelte Hubert Hirschler und schaute betreten drein.

      Sebastian stand auf und legte ihm die Hand auf die Schulter.

      »Wenn’s dir eine Hilfe ist, dann werd’ ich bei dem Gespräch anwesend sein«, bot er an.

      Der Altbauer sah ihn dankbar an.

      »Das würden S’ wirklich tun?« fragte er ungläubig.

      »Freilich. Ich hab’ dir doch gesagt, daß ich gekommen bin, um dir zu helfen.«

      »Dann würd’ ich mich wirklich freuen, wenn Sie dabei wären, Hochwürden.«

      »Gut. Wann wär’ denn der beste Zeitpunkt?«

      Hubert holte tief Luft.

      »Am besten bring’ ich’s gleich hinter mich«, sagte er. »Noch heut’?«

      Sebastian nickte.

      »Wart’ bis nach dem Abendessen«, schlug er vor. »Ich bin gegen sieben wieder da.«

      *

      In St. Johann unterhielt er sich mit seinem Bruder über die Angelegenheit.

      »Sollte der Gruber sich auch nur das kleinste zuschulden kommen lassen, sperr’ ich ihn ein!« sagte Max fest entschlossen.

      »Warten wir’s erst mal ab«, erwiderte Sebastian. »Vielleicht sind meine Bedenken ja auch übertrieben.«

      Der Polizist nickte. Indes wußte er, daß sein Bruder nie dazu neigte, etwas übertrieben zu sehen. Wenn Sebastian sich Gedanken machte, dann hatte er auch einen Grund dazu.

      »Aber es wär’ mir ganz lieb, wenn du auf den Gruber ein Aug’ haben würdest«, bat der Geistliche. »Das heißt natürlich net, daß du ihn rund um die Uhr bewachen mußt, aber er soll schon merken, daß er beobachtet wird.«

      »Darauf kannst’ dich verlassen!« Max nickte entschlossen.

      Auf dem Hirschlerhof wurde Pfarrer Trenker schon erwartet. Die Familie saß um den Wohnzimmertisch versammelt, als Sebastian eintraf. Vinzent sah ihn fragend an.

      »Was ist eigentlich los, Hochwürden?« fragte der Bauer. »Heut’ morgen wollten S’ Vater sprechen, aber mir net sagen, worum es geht. Und vorhin kündigt unser Vater Ihren Besuch an, weil’s was Wichtiges zu besprechen gäbe.«

      »Das gibt es in der Tat«, antwortete der gute Hirte von St. Johann. »Aber laß mich erst einmal deine Frau und die Tochter begrüßen.«

      Er reichte der Bäuerin die Hand und erkundigte sich bei Franzi, wie es in der Schule ging.

      »Alles bestens«, erwiderte das Madl.

      Hubert saß stumm in einem Sessel und brütete vor sich hin. In der Hand hielt er das Schmuckkästchen, das er nervös hin und her drehte. Nachdem der Geistliche Platz genommen hatte, schaute der Altbauer seine Familie an.

      »Ich möcht’ etwas mit euch besprechen«, begann er langsam. »Aber zuerst dank’ ich Pfarrer Trenker, daß er hergekommen ist.«

      »Also, was ist jetzt los?« fragte Vinzent Hirschler ungeduldig. »Ist was passiert?«

      »Ja«, nickte sein Vater. »Ich hab’ euch zusammengerufen, weil etwas eingetreten ist, was ich schon lang’ befürchtet hab’…«

      Seine Schwiegertochter war blaß geworden. Franzi schaute ihren Großvater entsetzt an.

      »Bist du also doch krank?« rief sie mit Panik in der Stimme.

      Hubert schüttelte den Kopf.

      »Mir fehlt nix«, erwiderte er. »Es geht um etwas ganz anderes. Ihr kennt ja den Georg Hinzmann…«

      Allgemeines Kopfnicken war die Antwort.

      »Er ist aber net der, für den er sich ausgibt«, fuhr der Altbauer fort. »Sein richtiger Name ist Franz Gruber.«

      Vinzent stieß einen überraschten Laut aus.

      »Und wieso nennt er sich dann anders?«

      »Franz Gruber ist der Sohn von Josef Gruber«, sprach sein Vater weiter. »Ich hatte immer gehofft, daß dieses Kapitel in meinem Leben ein für alle Mal abgeschlossen sei, aber tief in meinem Innern ahnte ich immer, daß die Vergangenheit mich eines Tages einholen würde…«

      Erst langsam, dann immer fließender erzählte Hubert Hirschler von der Freundschaft zwischen ihm und Josef Gruber. Von der Frau, in die sie beide sich verliebten, und die ihre Gunst dem anderen schenkte.

      Der Altbauer öffnete das Schmuckkästchen und hielt den Anhänger in den Händen.

      Nur um Maria Brandner für sich zu gewinnen, hatte er es gestohlen und den Freund beschuldigt. Er erzählte von dem Prozeß und seiner Falschaussage, die Josef Gruber ins Gefängnis brachte.

      »Ich rechnete damit, daß Josef nie wieder nach Hause zurückkehren würde, nach der Entlassung aus dem Gefängnis«, gestand er. »Und daß ich nie mehr von ihm hören würde. All die Jahre war es eine trügerische Hoffnung. Aber ich hatte keinen Grund, anzunehmen, daß nach all dieser Zeit die ganze Geschichte doch noch ans Licht kommen konnte.«

      Er schaute die Seinen an.

      »Und jetzt sitz’ ich hier vor euch, als Dieb und reuiger Sünder und bitt’ euch, mir zu vergeben. Den Josef kann ich net mehr um Verzeihung bitten, und sein Sohn will meine Entschuldigung net annehmen…«

      Vinzent und seine Familie sahen sich entsetzt an. Franzi schluchzte auf und stürzte hinaus.

      »Bleib!« rief ihr Vater ihr hinterher.

      »Laß sie«, schüttelte Pfarrer Trenker den Kopf, der jetzt zum ersten Mal das Wort ergriff. »Ich weiß, wie sehr Franzi ihren Großvater liebt und verehrt. Sie muß das erst einmal alles durchdenken und verstehen.«

      Vinzent griff nach der Hand seiner Frau.

      »Und was geschieht jetzt?« fragte Klara Hirschler. »Was will Georg… ich meine Franz Gruber von Vater?«

      »Er will, daß ich öffentlich meine Schuld bekenne«, sagte der Altbauer.

      »Niemals!« schnappte sein Sohn. »Wie steh’n wir denn da, vor all den Leuten!«

      »Darüber müssen wir sprechen«, sagte Sebastian. »Ich befürchte nämlich, daß Franz Gruber net von seiner Forderung abweichen wird.«

      »Und was ist, wenn Vater net dazu bereit ist?«

      Der Geistliche zuckte die Schultern.

      »Darüber können wir nur Mutmaßungen anstellen«, erwiderte er. »Vielleicht wird er darüber nachsinnen, wie er euch schaden kann. Ich hab’ Max gebeten, ein Auge auf den Mann zu haben. Er wird sehen, daß er net schalten und walten kann, wie er will. Aber es muß ja gar net dazu kommen, daß Franz Gruber wirklich etwas Böses anstellt. Ich hab’ mir überlegt, noch