Ceras Abenteuer - Das Geheimnis der schwarzen Stute. Lena Wege. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Lena Wege
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783960742838
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sagte Cera mit zitternder Stimme. „So kann ich doch da nicht hingehen!“ Sie wies auf ihre aufgeschürften Knie, aus denen Blut sickerte und von denen einzelne Hautfetzen weghingen.

      „Du sollst auch gerade deswegen kommen, um dich verarzten zu lassen. Der Tierarzt ist auch dort“, versicherte ihr der Mann.

      „Der mit der Platzwunde?“, fragte Cera nach. Es hätte ja sein können, dass man den Mann, der Firefly gestohlen hatte, noch gefasst hatte.

      „Genau der“, versicherte ihr der Stallarbeiter.

      Stumm folgte die kleine Truppe der Borninger Pferdeflöhe mitsamt ihrer Trainerin Maggy dem Mann in das Büro, das unterhalb der Sprecherzentrale im weißen Turm lag. Das Büro war kreisrund, wie es auch der Turm war. Es gab ein riesiges Fenster, das auf den Turnierplatz wies. Darunter stand eine blaue Liege. In der Zimmerecke befand sich eine Topfpflanze, vermutlich ein Ficus, mit hängenden Zweigen. An den Wänden hingen Bilder von wunderschönen Pferden und von Bernd Borkin.

      Dieser saß an einem säuberlich aufgeräumten Schreibtisch aus schwarzem Edelholz. Cera konnte nicht widerstehen, einmal kurz mit dem Finger darüberzufahren. Doch dann zog sie ihn schlagartig zurück, als hätte sie sich verbrannt. Ihre Aufmerksamkeit war auf den Turnierveranstalter gerichtet. Er war ein großer, beleibter Mann mit Glatze. Cera zählte drei große Falten in seinem Nacken. Verwirrt blickte sie noch mal zurück auf die Bilder an der Wand. Dort hingen ihm zerfranste dunkle Rastalocken vom Kopf. Auch jetzt trug er seltsam bunte und überhaupt nicht aufeinander abgestimmte Klamotten. Cera beäugte mit einem seltsamen Wohlgefallen die orange-karierten Bügelfaltenhosen, die um seine Beine schlackerten, wenn er einen Schritt machte, und sein zartrosafarbenes Jackett mit den drei verschiedenen Knopfarten, die alle nicht rund, sondern eckig, rauten- und ellipsenförmig waren. Nun stand Borkin auf und wuselte wie ein dicker Igel durch das Zimmer, strich sich immer wieder über die Glatze und murmelte ständig etwas vor sich hin. Der Stallarbeiter räusperte sich. Erschrocken blickte der Turnierleiter auf. An den Füßen trug er giftgrüne Nike-Turnschuhe, was Cera nun auch auffiel.

      „Äh ... ja. Da seid ihr ja“, stammelte Borkin. Er kam nicht von hier, das merkte man an seinem Dialekt – denn er hatte gar keinen! Dann kam er vermutlich irgendwo aus dem Norden Deutschlands, wofür auch sein für diese Gegend untypischer Name sprach.

      Wortlos ging der Mann im blauen Overall durch die Tür hinaus und schloss sie leise. Cera zog eine Augenbraue hoch. Anscheinend hatte sie sich schon ein wenig von dem Vorfall erholt. Borkin legte den Kopf schief, sah Cera kurz an und sagte dann etwas. Ceras Augenbraue wanderte noch höher, als sie hörte, wie piepsig seine Stimme war. Er sagte: „Du musst das Mädchen sein, das versucht hat, den Dieb aufzuhalten. Du siehst ziemlich blass aus, du brauchst etwas zu essen.“

      Cera hätte jetzt gekichert über so eine komische Feststellung, hätte sie nicht solche Kopfschmerzen gehabt. „Tut mir leid, ich bin immer so blass ...“, antwortete sie leicht belustigt. Borkin hatte seinen Kopf unter den Tisch gesteckt und kramte in einer Schublade. Was machte er da? Hatte sie nicht gerade gesagt, dass sie nichts zu essen brauchte? „Äh, Herr Bork...“

      „Ha! Da haben wir sie ja!“, unterbrach er sie. Triumphierend hielt Herr Borkin eine Tafel Schokolade in der Hand. Für kurze Zeit war der besorgte Ausdruck in seinem Gesicht verschwunden, aber als er die Schokolade Cera reichte, traten wieder dicke Falten auf seine Stirn.

      Cera riss die Verpackung auf und brach ein Stück ab. Borkins Augen waren auf die Schokolade gerichtet und man sah förmlich, wie ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Cera bemerkte diesen Blick. „Wollen Sie auch etwas?“, fragte sie lieber noch, bevor er sich wie ein hungriger Hund auf die Schokolade stürzen konnte.

      Doch Borkin fuhr ruckartig zurück und schüttelte wild den Kopf, als hätte man ihn bei etwas erwischt. „Nein, nein danke. Ich bin auf Diät ... Also. Kommen wir zur Sache.“ Er setzte sich in seinen Drehstuhl, legte die Fingerspitzen aneinander und stützte sich mit den Ellenbogen auf die Tischplatte. Cera steckte sich ein Stückchen Schokolade in den Mund und hätte sie fast wieder ausgespuckt. Trüffelschokolade. Eine von den Schokoladensorten, die Cera auf den Tod nicht ausstehen konnte. Sie kniff die Augen zusammen und behielt die Schokolade nur aus Höflichkeit im Mund.

      „Also ... Ich habe die Polizei angerufen. Die Beamten werden bald da sein und euch ein paar Fragen stellen.“

      Unmerklich ließ Cera die angebrochene Tafel Schokolade hinter ihren Rücken wandern. Auf einmal klopfte es an der Tür.

      „Herein!“, rief Borkin. Die Tür öffnete sich und zwei Beamte marschierten herein. „Ach!“, lachte Borkin. „Sie kommen ja wie gerufen!“

      „Guten Tag. Wir sind vom Polizeirevier Hafenstadt. Wo sind die Zeugen?“, fragten die Polizisten.

      Die kamen ja schnell zur Sache. Hm, vermutlich hatten sie nicht den ganzen Tag Zeit. Borkin wies mit einer Handbewegung auf Cera und Maggy. Unwillkürlich musterte Cera die Polizisten genauer. Der größere der beiden trug einen dunklen Schnauzbart, der andere war jünger und sah sich gelangweilt im Zimmer um. Beide waren in ihre Dienstuniformen gekleidet und mit Notizblöcken und dicken Ordnern ausgerüstet, außerdem zogen sie Mienen, als wären sie auf ihrer eigenen Beerdigung und nicht bei der Arbeit.

      „Gut. Den Tierarzt haben wir schon befragt. Dürfen wir die anderen Personen bitten, den Raum zu verlassen. Danke“, ordnete der ältere Polizist mit dem Schnauzbart weiter ausdruckslos an. Er sah etwas in seinen Unterlagen nach und holte ein Klemmbrett aus einer Tasche.

      Die anderen Mädchen gingen zur Tür hinaus. Cera blickte hinter sich. Die Tafel Schokolade war weg.

      „Nun. Ihre Namen lauten?“, fragte der Polizist.

      „Cera Maler und Magdalena Reif“, erklärte Maggy mit Handbewegungen.

      „Wir beginnen nun mit der Zeugenvernehmung. Können Sie uns sagen, was genau passiert ist, nachdem sich der Unfall auf dem Springplatz ereignet hat?“, begannen die Beamten die Befragung.

      „Cera ist zu dem Pferd gerannt und hat es in den Stall begleitet, nachdem der Tierarzt gekommen war“, erzählte Maggy ein wenig niedergeschlagen.

      „Wann kam denn der Tierarzt?“

      „Er kam ziemlich spät“, murmelte Cera trotzig.

      „Das bestätigt auch die Aussage des Tierarztes. Demnach wurde er in der Zeit von dem Verbrecher niedergeschlagen. Was geschah dann?“

      „Ich habe das Pferd gepflegt und gewartet, bis der Tierarzt wiederkam“, gab Cera an.

      „Er war also nicht die ganze Zeit bei dem Pferd?“, hakte der bärtige Polizist nach.

      „Nein“, sagte Cera ein wenig widerspenstig.

      „Gut. Und dann?“

      „Dann bin ich gekommen und wollte Cera zurück zum Turnier holen, weil sie bald drangekommen wäre. Gerade als wir aus dem Stall gehen wollten, hat der Tierarzt die Boxentür geöffnet und das Pferd herausgeholt. Dann ist er mit dem Tier aus dem hinteren Stallausgang gerannt. Gleichzeitig ist der richtige Tierarzt aus einer der Boxen herausgekommen. Cera ist dem Mann und dem Pferd hinterhergerannt, aber sie hat sie nicht mehr eingeholt“, berichtete Maggy aufgeregt. Sie wirkte ein wenig wütend.

      „Was hast du dann gesehen?“, fragte der andere Polizist an Cera gewandt.

      „Ich habe gesehen, wie der Mann das Pferd in einen Transporter gebracht hat und dann losgefahren ist. Das Auto war ein dunkelgrüner Jeep“, erinnerte sich Cera.

      „Hast du ...“

      „Nein, habe ich nicht. Ich habe das Kennzeichen nicht gesehen und auch nicht, in welche Richtung der Wagen gefahren ist. Sonst noch Fragen?“, blaffte Cera ein wenig ungehalten. An anderen Tagen hätte sie sich geschämt, so mit einem Polizisten zu reden, aber ihr tat alles weh und allmählich ging ihr die Sache gehörig auf den Keks. Sie war mies gelaunt, hatte noch den ekligen Trüffelschokoladengeschmack im Mund, wollte einfach nur nach Hause und sich wegen Firefly ausheulen. Außerdem schmerzten