Die Pickwickier. Charles Dickens. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783961183319
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Mädchen nicht so schön wie spanische – edle Gestalten – pechschwarzes Haar – dunkle Augen – liebliche Formen – süße Geschöpfe – bezaubernd."

      "Sie sind in Spanien gewesen, Sir?"

      "Hm – lebte dort – halbes Menschenalter."

      "Viele Eroberungen gemacht, Sir?" fragte Mr. Tupman weiter.

      "Eroberungen? – Tausende. – Don Bolaro Fizzgig – Grande – einzige Tochter – Donna Christina – prachtvolles Geschöpf – verliebt in mich bis zum Wahnsinn – eifersüchtiger Vater – hochherzige Tochter – schöner Engländer – Donna Christina in Verzweiflung – Blausäure – Magenpumpe im Mantelsack – Operation glücklich durchgeführt – der alte Bolaro außer sich vor Entzücken – willigte in unsere Verbindung – Händedrücke und Tränenströme – romantische Geschichte – kolossal."

      "Ist die Dame jetzt in England, Sir?" fragte Mr. Tupman, auf den die Schilderung der Reize Donna Christinas einen mächtigen Eindruck gemacht hatte.

      "Tot, Sir, tot", sagte der Fremde und drückte den spärlichen Überrest eines uralten Baumwollschnupftuches an sein rechtes Auge. "Nie ganz genesen, trotz der Magenpumpe – untergrabene Konstitution – Opfer geworden."

      "Und ihr Vater?" fragte der poetische Snodgraß.

      "Elend und Gewissensbisse. – Plötzlich verschwunden – Stadtgespräch – Nachforschungen überall – erfolglos – öffentlicher Brunnen auf dem Hauptplatze hört auf zu springen – Wochen vergehen – immer noch kein Wasser – Arbeiter kommen – schöpfen aus – finden meinen Schwiegervater mit dem Kopf in der Hauptröhre stecken, mit einem ausführlichen Bekenntnis in seinem rechten Stiefel – ziehen In heraus. – Brunnen springt wieder – wie früher."

      »Würden Sie mir gestatten, Sir, diesen kleinen Roman niederzuschreiben?" fragte Mr. Snodgraß, tief ergriffen.

      "Gewiß, Sir, gewiß – noch fünfzig andre, wenn Sie sie hören wollen. – Ein seltsames Leben geführt – merkwürdige Geschichte – nicht ungewöhnlich, aber höchst interessant."

      An diesem Faden spann der Fremde – nur hin und wieder ein Glas Bier einschaltend, wenn die Pferde gewechselt wurden – so lange weiter, bis sie die Rochesterbrücke erreichten; und bereits zu diesem Zeitpunkt hatten Mr. Pickwick und Mr. Snodgraß ihre Notizbücher mit ausgewählten Partien seiner Abenteuer restlos vollgeschrieben.

      "Großartige Ruine!" rief Mr. Augustus Snodgraß mit der poetischen Glut, der er seinen Dichterruhm verdankte, als sie des schönen alten Schlosses ansichtig wurden.

      "Welch herrliche Gelegenheit für einen Altertumsforscher!" ließ sich Mr. Pickwick vernehmen, als er sein Fernrohr ans Auge gebracht hatte.

      "Hm, schöner Platz", sagte der Fremde. – "Glorioses Gebäude – zürnende Mauern –wankende Bogen–dunkle Nischen – krachende Stiegen – ehrwürdiger Dom – dumpfer Geruch – alte Stufen – ausgehöhlt von den Tritten der Pilgrime – kleine sächsische Türen – Beichtstühle wie Theaterkassenlogen – wunderliche Käuze, diese Mönche – Päpste, Lordschatzmeister und alle Arten alter Burschen mit großen roten Gesichtern und abgebrochnen Nasen – alle Tage zu sehen – auch Koller von Büffelhaut – Luntengewehre – Sarkophage – herrlicher Ort – alte Legenden – wunderliche Historien – kolossal." – Der Fremde fuhr in diesem Selbstgespräch fort, bis sie das "Wirtshaus zum Ochsen" in Highstreet erreichten und haltmachten.

      "Bleiben Sie hier, Sir?" fragte Mr. Nathanael Winkle.

      "Hier? – Ich nicht – aber Sie werden gut daran tun – gutes Haus – famose Betten – Wrights Hotel nebenan teuer – sehr teuer – 'ne halbe Krone auf der Rechnung, wenn Sie den Kellner nur ansehen – fordern Ihnen noch mehr ab, wenn Sie zu einem Freunde essen gehen – verwünschte Kerle – toll."

      Mr. Winkle beugte sich zu Mr. Pickwick hinüber und flüsterte ihm einige Worte zu. Mr. Pickwick besprach sich leise mit Mr. Snodgraß, und Mr. Snodgraß mit Mr. Tupman. Allgemeines Einverständnis und beifälliges Kopfnicken. Dann wandte sich Mr. Pickwick zu dem Fremden.

      "Sie haben uns diesen Morgen einen sehr wesentlichen Dienst geleistet, Sir. Würden Sie uns vielleicht gestatten, Ihnen einen kleinen Beweis unsrer Dankbarkeit zu liefern, indem wir Sie um die Ehre Ihrer Gesellschaft bei Tisch bitten?"

      "Mit größtem Vergnügen – will natürlich nichts vorschreiben, aber Geflügel und Champignons – kapitale Sache! – Welche Zeit?"

      "Sagen wir einmal ..." Mr. Pickwick zog seine Uhr zu Rate; "es ist jetzt bald drei Uhr; paßt Ihnen fünf Uhr?"

      "Würde mir sehr passen", entgegnete der Fremde. "Also präzis fünf Uhr – habe die Ehre bis dahin."

      Er lüftete seinen zerdrückten Hut einige Zoll, setzte ihn nachlässig wieder aufs Ohr und begab sich dann mit seinem Papierpaket eiligen Schrittes auf die Straße.

      "Augenscheinlich ein weitgereister Mann und ein trefflicher Beobachter", sagte Mr. Pickwick.

      "Ich hätte gern sein Epos gelesen", meinte Mr. Snodgraß.

      "Und ich seinen Hund gesehen", sagte Mr. Winkle.

      Mr. Tupman sagte nichts, aber er dachte an Donna Christina, die Magenpumpe und den Springbrunnen, und seine Augen füllten sich mit Tränen.

      Die Herren ließen sich ein gemeinsames Wohnzimmer geben, prüften ihre Schlafzimmer, bestellten ein Mittagessen und verließen sodann den Gasthof, um sich die Stadt und ihre Umgebung anzusehen":

      Nach sorgfältiger Durchsicht der Notizen Mr. Pickwicks finden wir, daß seine Bemerkungen über die vier Städte Stroud, Rochester, Chatham und Brompton sich von denen andrer Reisenden, die gleichfalls diese Orte besucht haben, nicht wesentlich unterscheiden. Wir können daher eine allgemeine Übersicht seiner Schilderungen geben.

      "Die Haupterzeugnisse dieser Städte", sagte Mr. Pickwick, »scheinen Soldaten, Matrosen, Juden, Kreide, Garnelen, Polizeimänner und Dockarbeiter zu sein. Die Haupthandelsartikel, die man in den Straßen ausgestellt sieht, sind Seemannsartikel, Zwieback, äpfel, Seezungen und Austern. Die Straßen bieten einen sehr belebten Anblick, besonders infolge der gehobenen Stimmung des Militärs. Es ist wahrhaft entzückend für das Herz eines Philanthropen, diese Braven begeistert umhertorkeln zu sehen, besonders wenn wir in Betracht ziehen, daß es den ihnen nachziehenden Gassenjungen eine wohlfeile, unschuldige Unterhaltung und Anlaß zu Scherz und Fröhlichkeit bietet. – Nichts", setzt Mr. Pickwick hinzu, "kommt der Gutmütigkeit eines Soldaten gleich. So wurde am Tage vor meiner Ankunft ein solcher in dem Hause eines Gastwirts gröblich beleidigt. Das Schenkmädchen weigerte sich nämlich entschieden, ihm noch weiter Branntwein zu geben, und er zog – natürlich nur im Scherze – das Bajonett und verwundete das Mädchen damit an der Schulter. Und doch war dieser brave Bursche der erste, der am nächsten Morgen wieder im Hause erschien und dadurch bewies, daß er geneigt sei, den ihm zugefügten Schimpf zu übersehen und den Vorfall zu vergessen.

      Der Verbrauch von Tabak", fährt Mr. Pickwick fort, "muß in diesen Städten sehr groß sein, wie auch sein Geruch, der die Straßen erfüllt, allen denen, die das Rauchen lieben, ungemein angenehm sein muß. Ein oberflächlicher Beobachter würde sich vielleicht über den herrschenden Schmutz beschweren; wenn man jedoch ins Auge faßt, daß dieser nur ein Beweis für den lebhaften und blühenden Handelsverkehr ist, so kann man sich natürlich nur darüber freuen."

      Punkt fünf Uhr erschien der Fremde und bald darauf das Essen. Er hatte sich seines Papierpaketes entledigt, aber sein Anzug war unverändert; auch war er womöglich noch redseliger als am Morgen.

      "Was ist das?" fragte er, als der Kellner den Deckel von einer der Schüsseln entfernte.

      "Seezungen, Sir."

      "Seezungen – ah! – Kapitale Fische – kommen alle von London – Postwageneigentümer geben politische Diners – Wagen voll Seezungen – Dutzende von Körben – pfiffige Burschen. Glas Wein, Sir?"

      "Bitte sehr", sagte Mr. Pickwick.

      Zuerst