DIE AKTE NOSTRADAMUS (Project 6). Alex Lukeman. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alex Lukeman
Издательство: Bookwire
Серия: Project
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958355323
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können von Glück sagen, dass die beiden Männer, die Sie angriffen, auf der Fahndungsliste von Interpol standen. Was die Franzosen aber verstimmt hat, war, dass Bertrand an dem Nachmittag, als er ermordet wurde, noch ein Paket in Ihr Hotel schicken ließ. Sie würden gern wissen, was sich darin befand.«

      Elizabeth nahm ihren neuen Stift zur Hand. Ihr silberner Kugelschreiber war zusammen mit allem anderen in dem alten Büro verlorengegangen. Sie hatte ihn durch einen Montblanc ersetzt, schwarz und mit der für die Marke typischen Kappe. Sie begann mit ihm auf die harte hölzerne Tischplatte zu klopfen.

      »Wie es aussieht, pflegte Selenas Freund ein paar fragwürdige Kontakte.«

      »Welche Kontakte sollen das sein?«, fragte Selena.

      »In Europa gibt es einen Schwarzmarkt für seltene Bücher. Interpol hatte Bertrand in diesem Zusammenhang im Visier.«

      »Ich glaube nicht, dass Jean-Paul auf dem Schwarzmarkt handelte«, sagte Selena. »Er war ein ehrbarer Mann. Seine Bücher besaßen ihre Provenienz. Seine Kontakte waren allesamt seriös.«

      »Nicht alle. Die Polizei hat seine Telefongespräche überprüft. An dem Morgen seiner Ermordung bekam er einen Anruf von jemanden, der mit der Unione Corse in Verbindung steht.«

      »Unione Corse? Was ist das?«, fragte Nick.

      »Die französische Mafia. Sie operieren hauptsächlich auf Korsika und in Marseille, betreiben Rauschgifthandel, Kunstdiebstahl, Prostitution und Geldwäsche im großen Stil. Die Männer, die hinter Ihnen her waren, waren Gangster. Mitglieder der Mafia. Das kann kein Zufall sein.«

      »Sie glauben also, dass die Unione Corse Jean-Paul umgebracht hat?«

      »Ja. Ich sagte den Franzosen, dass ich mit Ihnen sprechen werde. Aber ich verriet ihnen nicht, dass wir das hier haben.« Sie tippte mit ihrem Finger auf die Nostradamus-Akte. »Haben Sie herausfinden können, was Bertrand uns mit den Zeichen auf dem Boden sagen wollte?«

      Selena strich sich mit dem Handrücken eine Haarsträhne aus der Stirn. »Nein. Ich kann mir keinen Reim darauf machen.«

      Harker schob die Akte über den Tisch. »Übersetzen Sie das. Vielleicht sind wir dann schlauer.«

      »Ich kann sie übersetzen, aber ich kann nicht dafür garantieren, dass ich es auch verstehe. Nicht bei Nostradamus.«

      »Arbeiten Sie mit Stephanie zusammen. Nehmen Sie die Computer zu Hilfe, um die Sache zu beschleunigen.«

      Stephanie Willits war Harkers Stellvertreterin und das Computergenie des PROJECTS. In einem der alten unterirdischen Munitionslager waren eine Reihe von Cray-Computern untergebracht, deren Rechenpower es mit Langley aufnehmen konnte.

      Harker legte ihren Stift ab und sah Selena an. »Sie haben den Angriff in Paris überstanden. Sind Sie fit genug, um wieder in den aktiven Einsatz zu wechseln?«

      Im Jahr zuvor war Selena schwer verwundet worden. Eine Kugel hatte ihr Rückgrat gestreift und sie beinahe getötet. Für eine Weile hatte es so ausgesehen, als würde sie für den Rest ihres Lebens an einen Rollstuhl gefesselt sein. Seither war sie nicht wieder im Einsatz gewesen.

      Selena holte tief Luft. Sie wusste, dass dieser Moment kommen würde.

      »Ich muss noch etwas vorsichtig sein, aber ja, ich bin wieder einsatzfähig.«

      »Sind Sie sicher?«

      »Ja.«

      Harker nickte. »Gut. Konzentrieren Sie sich aber zuerst auf die Übersetzung.«

      »Ich würde die Akte gern mit nach Hause nehmen. Ich denke, ich kann das meiste davon übertragen, bevor ich Stephanies Hilfe brauche.«

      »In Ordnung. Nick, Sie bleiben bei Selena, falls es noch mal jemandem einfallen sollte, das Manuskript an sich zu bringen. Betrachten Sie sich als überbezahlten Leibwächter.«

      Er grinste Selena an und strich sich über einen eingebildeten Schnurrbart. »Und wie ich deinen Leib bewachen werde«, sagte er mit tiefer Stimme.

      »Idiot«, antwortete sie.

      Kapitel 3

      Marcel Sarti saß auf der Terrasse seiner Hangvilla vor Marseille, genoss einen Pastis und beobachtete eine Jacht, die mit vollen Segeln über das glitzernde blaue Wasser des Golfe du Lion glitt. Der Chef der Unione Corse war guter Laune. Es war ein wundervoller Tag, einer jener Tage im Süden Frankreichs, an denen einfach alles neu und erreichbar schien. Der Lakritzgeschmack des Drinks erzeugte eine angenehme Wärme auf seiner Zunge.

      Auf dem grünen Rasen unterhalb waren die Vorbereitungen für den sechzehnten Geburtstag seiner Tochter in vollem Gange. Ein großes Zelt war aufgestellt worden, die Tische platziert und der Partyservice schon bei der Arbeit. Auch die Bar stand bereits. Marcel erwartete zweihundert Gäste. Eine Einladung zu dieser Feier war mehr als eine Ehre, es war ein unausgesprochener Befehl. Es war unklug, Marcel Sarti zu beleidigen und die Einladung auszuschlagen. Sechs Bürgermeister der Arondissements der Stadt und mehrere Mitglieder des Stadtrates würden anwesend sein. Der Polizeichef wurde erwartet. Und natürlich würde auch der CEO des Grand Port of Marseille zugegen sein. Ein reibungsloser Ablauf an Frankreichs belebtestem Hafen war essenziell für den Drogenhandel, der einen Grundpfeiler von Marcel Sartis Imperium bildete.

      Wenn es einen ärgerlichen Gedanken gab, der Sartis Tag trübte, dann war es sein Versagen, in Paris das Manuskript sicherzustellen. Marcel wusste nicht, wer ihn damit beauftragt hatte, das Buch zu beschaffen. Der Auftrag war über einen Mittelsmann zustande gekommen, einen Amerikaner, mit dem er schon in der Vergangenheit zu tun gehabt hatte.

      Die Zielpersonen hatten sich als mehr als nur Touristen entpuppt, was die Dinge verkomplizierte. Einer seiner Kontakte bei der Polizei hatte herausbekommen, dass die Frau eine ehemalige Beraterin der NSA war und nun für den amerikanischen Geheimdienst arbeitete. Ebenso der Mann, der sie begleitet hatte.

      Das Letzte, wonach Sarti der Sinn stand, war, der NSA oder CIA an den Karren zu fahren. Dieses Buch zu bekommen war gefährlicher, als es der Mühe wert war. Er hatte den Auftrag aufgekündigt und das Geld auf das Schweizer Konto zurücktransferiert, abzüglich einer angemessenen Entschädigung für den Verlust seiner Männer. Er wollte mit dieser Sache nichts mehr zu tun haben. Als Sarti den Amerikaner über seine Entscheidung informiert hatte, war dieser ausfällig geworden – etwas, das sich nur ein Narr mit Marcel erlauben würde.

      Er trank seinen Pastis aus und stand auf. Nach der Party würde er darüber befinden, wie er mit dem Amerikaner verfahren sollte.

      Kapitel 4

      Indian Island bestand aus etwas mehr als zwei schroffen Quadratkilometern aus Felsen und Bäumen, fünfzehn Motorbootminuten von der Küste Maines entfernt. Eine tiefe Bucht an der Leeseite bildete einen kleinen, natürlichen Hafen. Vom felsigen Ufer aus führte ein langgezogenes Pier ins Wasser. Eine weiße Motorjacht in der Form des Pfeils eines Jägers lag in dem Hafen vor Anker.

      Das Haupthaus war ein dreistöckiges Gebäude aus Holz, im Jahre 1851 mit Profiten aus dem Sklavenhandel errichtet. Eine breite Empore verlief um das zweite Stockwerk. Das Dach war mit einem Witwensteg gekrönt. Ein gepflegter Rasen fiel von dem Haus grün und nahezu perfekt zu der Anlegestelle hinab. An den Seiten säumten Beete mit leuchtenden Blumen und ein halbes Dutzend Bäume den Rasen, die noch Setzlinge gewesen waren, als die Pilgerväter in Plymouth Rock landeten.

      Die Insel bot ein sicheres Umfeld für spezielle Ereignisse der herrschenden Klasse Amerikas. Ein solches stand kurz bevor, das jährliche Treffen der Cask-and-Swords-Gesellschaft. Ein Großteil der Mitglieder würde anwesend sein. Sie würden ihre Ehefrauen, Verlobten oder ihre Geliebten mitbringen. Es würde gutes Essen geben, gute Gespräche und gute Spirituosen. Und es galt, wichtige Entscheidungen zu treffen.

      Es war ein perfekter Junimorgen. Der Partyservice hatte auf dem Rasen so gut wie alles vorbereitet. Ein großes Zelt funkelte grellweiß