Fehlalarm!. Leopold Stummer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leopold Stummer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783904123433
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Einfluss7 auf das HDL/LDL-Cholesterinverhältnis im Körper zuerkennen, und damit eine Diät auch nichts verbessert, besonders nicht die Laune. Letztere fällt mit dem Cholesterinpegel rapide in Richtung Depression [15] oder Aggressivität [16].

      Der wissenschaftliche Stand der Dinge in der Cholesterinfrage – so wie auch in sehr vielen anderen wissenschaftlichen Fragen – ist derzeit das Stadium konkurrierender Hypothesen: Die Vertreter der einen oder anderen Meinung versuchen durch umfangreiche Untersuchungen, ihre jeweilige Annahme zu beweisen oder zu widerlegen. Irgendwann, nach vielen, vielen durchgeführten Studien, Monographien, Diskussionen, Kongressen und Pressekonferenzen etabliert sich dann die eine oder andere Theorie. Es ist dies dann das sogenannte »konventionelle Wissen«, also das, was jeder glaubt, weil’s jeder glaubt. [17]

      Die Wahrheit ist vielleicht eine Tochter der Zeit, aber sicher kein demokratisches Resultat, auch wenn dies oft so dargestellt wird.

      Allerdings – Fett macht fett8 – wer zu viele Schweine isst, beleidigt zwar nicht notwendigerweise Gott (kommt jedenfalls drauf an, welches seiner Bücher man liest), kann jedoch leicht zu einer ästhetischen Beleidigung des Betrachters werden (besonders unbekleidet).

      Die Lösung? Rigoroses Fettverbot in Restaurants und Gastronomiebetrieben (zunächst während einer ­Übergangsfrist – getrennte Räume für Pommes und Salat), empfindliche Fettsteuern (wie in Dänemark bereits eingeführt), Fettverbot an allen Arbeitsplätzen, Werbeverbot für fetthaltige Produkte, empfindliche Strafen gegen Fettsünder und fette Sozialversicherungsbeiträge für Fette. Ein fettes Maßnahmenpaket für fetten Medienrummel, fette Gagen für Fettberater, Fettexperten und Fettspezialisten!

      Also gut, isst du halt fettarme, eiweißreiche Kost, um gesund zu bleiben! Protein kommt überwiegend aus Tieren. Soja u. Ä. sind »Ersatz«, schmecken in der Regel auch so9 und sind überdies überwiegend genetisch manipuliert. Konventionell werden nur eine erstaunlich geringe Anzahl an Tierarten gegessen, diese dafür massenhaft. Hergestellt werden sie üblicherweise in »Tierfabriken«, haben also mit »Umwelt« nur via Futterin- und Fäkalienoutput zu tun. Dieser ganze Komplex wird für gewöhnlich verdrängt. Fleisch wird auf Styropor®-Tassen, in Polyethylenfolien verpackt, angeboten, ohne dass durch peinliche Blutstropfen der Konnex zu einem »geschlachteten« Lebewesen allzu auffällig würde. Der stinkende, blutige, laute Teil der Produktion bleibt (appetitlicherweise) im off. Militante Tierfreunde versuchen zwar »Bewusstsein zu erzeugen« und »die Öffentlichkeit aufzurütteln«, Letztere bevorzugt aber (zumindest derzeit) tierische Nahrungsmittel unter weitgehender Ignoranz von deren Herstellung.

      Wie bei jeder anderen industriellen Produktion können gelegentlich Fehler auftreten. Diese – bei entsprechender medialer Vermarktung – erreichen dann durchaus die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Der Rinderwahnsinn (BSE) hat von ca. 1985 bis 1995 besonders in England eine Popularität erreicht, welche die nahe verwandte Scrapie-Erkrankung der Schafe nie hatte. Der Autor selbst war zu dieser Zeit gequälter Gast der Economy (extrem) Class der British Airways® und wurde dort mit der Flugbegleitpersonalstandardfrage »chicken or beef« konfrontiert. Wie jeder andere auch, sagte ich mit voller Überzeugung »chicken« – schließlich waren gerade alle Medien voll mit der Erkenntnis, dass die allgemeine Blödheit (selbst beobachtet) von englischem Roastbeef verursacht (!) wird. Logischerweise gab es nach dem halben Flugzeug kein chicken mehr, sodass die mittig sitzenden Passagiere nur mehr (protestierend) vor der Alternative standen zu hungern10, oder die Gefahr der Infektion mit Creuzfeld-Jakob’s Hirnverwüstung (vCJD) in Kauf zu nehmen.

      Der Unmut der Passagiere entlud sich begreiflicherweise an den mutmaßlich unschuldigen FlugbegleiterInnen (wem sonst). Nun, BSE/CJD schreckt inzwischen praktisch niemanden mehr. Vermutlich ist ein großer Teil der Europäer gegen diese Prione ohnehin genetisch resistent, und die seucheneindämmenden Maßnahmen scheinen gegriffen zu haben. Bei einer durchschnittlichen Inkubationszeit von über zwölf Jahren kann natürlich noch etwas nachkommen, aber insgesamt knapp 200 Kranke in Europa sind mittlerweile kein Grund mehr für Hysterie. – Und das obwohl das »Separatorenmaterial11« im Junk Food (Burger, Nuggets, Kebab, Konserven, Wurst, …) auch in dieser Hinsicht noch immer ernste Bedenken erzeugt – nicht nur in Form von »Gammelfleisch«. Für die zahlreichen frühdementen Mitbürger muss es jedoch auch noch andere Erklärungen geben.

      Lass dir dein Steak (alpiner Herkunft, oder z. B. aus Argentinien) nicht vermiesen und gut schmecken, englische Nahrungsmittel sollte man schließlich ohnehin vermeiden (ausgenommen Flüssignahrung aus Schottland). Allerdings sollte das Steak (oder was immer) aus Gesundheitsrücksichten natürlich nie gegrillt werden. Aus dem Barbecue(rauch) stammt bekanntlich 1,2-Benzpyren (ehemals 3,4-Benzopyren), wodurch flugs Krebs verursacht wird. Das Steak sollte aus Gesundheitsgründen deshalb gekocht oder mild gedünstet sein (Würg!).

      Ähnlich bedrohlich wie BSE war SARS. Erinnert sich eigentlich noch jemand daran? Nach einer Phase intensiver Panik (Winter 2002 bis Frühling 2003) ist wieder kollektive Ruhe eingekehrt. Die wirksamste Vorsichtsmaßnahme, möglichst wenige Larvenroller (Paguma larvata – eine marderähnliche, asiatische Schleichkatzenart) oder vielleicht auch Hufeisennasen (Rhinopholus sinicus – eine Fledermaus) zu essen, hat sicher viel für sich und wahrscheinlich zur Rettung der Menschheit vor einer nicht abschätzbaren Bedrohung beigetragen. Der biologische Hintergrund ist natürlich sehr ernst – die zunehmende (nicht nur nahrungsmäßige) Berührung der Menschen mit exotischen, früher geographisch isolierten Erregern und deren rasche Verbreitung durch Massenverkehrsmittel (vergl. HIV/AIDS).

      Kaum waren die Seuchenteppiche nämlich wieder zusammengerollt, als sich aus derselben geographischen Richtung ein neues (eigentlich altes) Virus auf den Weg um die Welt machte – die Vogelgrippe (alias Geflügelpest) Influenza A (H5N1). Tote chinesische Gänse sind an sich nicht headline-würdig, zumindest waren sie’s nicht vor 2005. Dann ging’s aber los! Erschwert wurde die Krisenbewältigung durch die wenig überraschende Tatsache, dass viele Vögel flugfähig und dadurch in der Lage sind, wohlgemeinte behördliche Maßnahmen »wie im Flug« zu unterlaufen (äääh, … zu überfliegen). Wohlgemerkt, das Virus ist tatsächlich auf Mensch12 und verschiedene Tiere übertragbar, wenn auch nur mit ­großer Mühe, also bei intensivem Kontakt mit ungekochten/ungebratenen Tieren oder deren Produkten. Spätestens im Frühjahr/Sommer 2006 war’s dann schon langweilig, und keiner wollte mehr ständig über Vogelgrippe »informiert« werden. In Stallhaft genommene Freilandhühner durften wieder glücklich sein, totes Wassergeflügel war ekelig, aber kein Grund zur Panik. Die Krankheit existiert nach wie vor, und es gibt auch in Mitteleuropa öfter Ausbrüche, allerdings derzeit ohne öffentliches Interesse.

      Im Jahr 2009 waren die Grippeträger dann mexikanische Schweine – außer in Israel (und vermutlich auch Saudi-Arabien). Den Bewohnern solcher Länder wäre es nicht zumutbar, an einer Krankheit zu leiden, in der das Wort »Schwein« vorkommt – das H1N1 Virus verursachte dort daher die »neue« Grippe. Ansonsten verlief alles wie gewohnt: Alarm, Mediensturm, WHO-Epidemie-Alarmstufe 1, genauere Analyse, Beruhigung, medizinische Maßnahmen und schließlich öffentliches Desinteresse und Widerruf der Pandemie-Warnung.

      Immer wieder einmal – oft im Zuge eines solchen »Skandals« – wird man erinnert, dass unsere lieben Nahrungslieferanten nicht ganz genau so leben, wie es im Werbefernsehen dargestellt wird. Übertriebenes Mitleid ist deswegen unangemessen, denn leider lebt schließlich niemand (na ja, fast niemand) so wie im Werbefernsehen. Der idyllische Bauernhof mit kerngesunden, glücklichen Tieren und lächelnden Subventionsempfängern (früher Agronomen oder sogar Bauern genannt) existiert nur für Tourismuszwecke. Da nur wenige Tiere so robust wie Menschen13 sind – ein Schwein braucht z. B. mehr Transportfläche als ein Flugpassagier – werden die Produktionsmittel optimiert.

      Dies bedeutet in der Praxis oft, dass ein Ausbruch von Massenerkrankungen bei den zusammengedrängten Tieren mit dauernder Medikamentengabe verhindert wird. Ähnlich wie bei ehrgeizigen Bodybuildern, wird mit Hormonen zusätzlich Muskelmasse (Fleisch) aufgebaut. Dazu kommen noch verschiedene, oft sehr unappetitliche Nahrungszusätze – irgendwo muss das Gewicht ja herkommen, und Fett (siehe oben) will keiner haben. Über Wirkungen und Nebenwirkungen erfahren Sie Näheres bei Ihrem Bauernfunktionär, Pharmaberater, Personal-Trainer oder im Fitnessstudio.