Fehlalarm!. Leopold Stummer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Leopold Stummer
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Социология
Год издания: 0
isbn: 9783904123433
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Hier verharrt die Menschheit überwiegend noch auf dem kulturellen Niveau des Jägers und Sammlers, auch wenn der Anteil an Aquakulturen steigt. Der Kampf um schwindende Ressourcen ist voll im Gang – die isländische Drei-Meilen-Zone reicht inzwischen wahrscheinlich schon bis Mailand, und kanadische Kanonenboote versuchen (vergeblich) die spanische Fischereiarmada aus den Neufundlandbänken zu verscheuchen (oder wenigstens für die Einhaltung der langwierig ausgehandelten Mindestmaschenweite der Netze zu sorgen).

      Vielleicht wird die Fischerei mangels Stoff bald unrentabel, sodass die Fischer – hierin Bauern ungemein ähnlich – dann ausschließlich von Subventionen leben müssen und solche traditionell und vehement einfordern. Vorher wird, wie bei jeder verknappenden Ware, noch ein gewisser Preisanstieg festzustellen sein. Eines Tages werden sich dann nicht einmal mehr Japaner ihre Thunfischpreise leisten können.

      Gezüchtete Fische sind auch nicht ganz unproblematisch. Genau wie bei den landlebenden Eiweißlieferanten wird zuweilen so viel wie möglich an Medikamenten und »Kraftfutter« hineingestopft. Vom Schwermetallgehalt, Fischkrankheiten oder gar ökologischen Konsequenzen der Fischzucht schweigen wir besser.

      Ernähren wir uns also lieber von Kohlehydraten – die Seele14 der Tiere wird’s uns vielleicht danken, wenn wir humanerweise nichts anderes essen als das, was aus dem Dreck herausgewachsen ist. Kohlehydrate sind allerdings auch vielfach ins Gerede gekommen. Da lauert zunächst in seinen mannigfaltigen Verstecken der Zucker. Von Karies über Diabetes bis zu Adipositas15 ist Zucker an einer Menge von Krankheiten maßgeblich beteiligt. In vielen Fällen suchterzeugend, ist er sozusagen eine überaus gefährliche Droge, besonders schon bei Kindern, die dadurch schlechte Verhaltens(Ernährungs)muster einlernen.

      Zuckerersatzprodukte, wie Saccharin, Aspartam, Cyclamat, etc., konnten den Ruf, Krebs (und/oder die Fresslust) zu fördern, nie ganz loswerden. Dies ist übrigens ein Wolf für sich – die Studien, die Krebs (häufig Blasenkrebs) bei Versuchstieren fanden, verabreichten oft unrealistisch hohe Dosierungen oder kamen zu uneinheitlichen Ergebnissen, die genauerer Nachprüfung nicht standhielten.

      Dann schon lieber den »natürlichen« Zucker – je natürlicher, umso besser. Da Dreck ja bekanntlich natürlich ist, ist brauner Zucker auch »besser« als weißer. Details sind in jedem alternativen Teehaus zu erfahren. Hergestellt wird brauner Zucker meist, indem man weißen (gereinigten) Zucker mit braunem Sirup färbt. Der Sirup wird durch Karamellisieren (Erhitzen) braun. Frisch gepresster Zuckerrohrsaft ist farblos, die »natürliche« Bräune wird erst auf Konsumentenwunsch erzeugt. Vollrohrzucker (Jaggery) ist etwas anderes. Hier bleibt mit Ausnahme von Melasse der »Dreck« drin. Die braune bis graue Farbe und ein etwas höherer Anteil an Vitaminen und Mineralstoffen bleiben also im Produkt zurück. Dass man von diesem Zucker keine Karies bekommt, kann man glauben – oder auch nicht.

      Apropos, weil dieser Naturbiovollökorohrzucker bei der Erzeugung meistens stärker erhitzt wird, enthält er auch mehr Acrylamid. Acrylamid? Acrylamid! … Moment – da war doch was? Tatsächlich gab es im Frühling 2002 einen solchen Alarm. Acrylamid in Nahrungsmitteln wurde zwar schon 2000 gefunden, war allerdings bis zum April 2002 weitgehend ignoriert worden. Medienauffällig wurde es aber weniger im Zusammenhang mit Bio-Zucker, als vielmehr im Bereich Chips und Pommes. In allen Fällen entstammt es derselben chemischen Ursache, dem Erhitzen von Kohlehydraten. Klar, Chips und Pommes sind sowieso gesundheitsbewusstseinsmäßig Teufelszeug – aber Lebkuchen und Kaffee? Das verzierte Herz vom Oktoberfest ein Massenvernichtungsmittel? Tante Elsas Kaffeekränzchen ein Giftmordkomplott? Acrylamid greift die DNS (in Krimiserien oft DNA genannt) direkt an und ist daher krebserzeugend und mutagen. Beruhigenderweise wurden die gesetzlichen Richtwerte kontrolliert, das Risiko – bei durchschnittlichen Ernährungsgewohnheiten – wurde irgendwann als unerheblich eingestuft und die ganze Geschichte bald langweilig.

      Angeblich ist es aber sowieso besser, nur Gemüse zu essen, womöglich roh. Davon kann man natürlich kaum leben (das, was Veganer16 tun, ist ja eigentlich kein Leben, sondern »Vegetieren«). Salat ist erwiesenermaßen genauso gesund wie Papier essen, Sellerie verbraucht mehr Energie beim Kauen und Verdauen, als es dem Körper zuführt, die Cornflakes-Verpackung enthält mehr Nährstoffe als die Cornflakes selbst. Dazu kommen noch Dünger- (z. B. Nitrat) und Pestizidreste, Schwermetalle, verschiedene mögliche Allergene, schwerverträgliche (oder giftige) Inhaltsstoffe und möglicherweise sogar Gene!17

      Bioprodukte bieten dabei kaum einen Ausweg. Es darf hier nicht verheimlicht werden, dass Naturkost auch biologisch aktive Keime enthält – schließlich ist dies Teil der Philosophie. Manche davon können die Verdauung beeinflussen, im Extremfall, wie etwa 2011 bei entero-hämorrhagischer Escherichia coli (EHEC), auch fatal. Egal ob Gurke, Tomate oder Bohnensprosse, »Natur« bedeutet keineswegs auch immer »gut verträglich«. Die Gefahr, wegen Biokost im Dunkeln zu leuchten, ist wissenschaftlich (na ja, zumindest staatlich) festgestellt worden. [19] »Bio« hat sich allerdings, wenn schon als nichts sonst, doch als hervorragendes Verkaufsargument für meist gleichwertige, häufig überteuerte Produkte erwiesen. Es kann aber auch als Sedativum für beunruhigte Konsumenten verabreicht werden. [20]

      Eine Gefahr blieb allerdings bislang praktisch unberücksichtigt! Die Öffentlichkeit wurde viel zu lange vor einer ungeheuerlichen Gefahr des Gemüseessens nur unzureichend (bzw. sporadisch) gewarnt. Um diese eigentlich unverzeihliche Lücke mit unverzichtbarem Wissen unverzüglich zu füllen, wird hiermit erstmals einem staunenden Publikum präsentiert: Der Gemüse-Wolf (derzeit nur ein süßer, kleiner Welpe – aber vielleicht wächst er noch und macht mich reich und berühmt).

      Jahrelange wissenschaftliche Untersuchungen18 an einer großen Anzahl freiwilliger Testpersonen haben ergeben, dass die ballaststoffreiche Vollwertkost – namentlich in Verbindung mit Zucker – zu Verdauungsstörungen, insbesondere zu starken Blähungen, führen kann. Bis jetzt wurden diese katastrophalen globalen Konsequenzen geradezu leichtfertig unterschätzt. Abgesehen von den direkten Auswirkungen der freigesetzten Treibhausgase (Explosionsgefahr, Erstickungstod, lokale & globale Erwärmung, …), ist es indirekt zum Beispiel offensichtlich, dass weniger Leute öffentliche Verkehrsmittel benutzen, weil es dort stinkt.

      Eine breite Diskussionsplattform aller Betroffenen und die Entwicklung eines Sofortmaßnahmepakets sind jedenfalls zwingend erforderlich. Zunächst wären Warnhinweise für Chili, Sauerkraut und ähnliche Produkte notwendig. Eine Bohnenabgabe muss konsequenterweise folgen. Weitere Maßnahmen können dann – nach gründlicher Evaluierung durch ein Expertenforum – gemäß den erhobenen wissenschaftlichen Grundlagen der aktuellen Lage entsprechend getroffen werden. Knoblauchzubereitungen und Schweißfüße sollten jedenfalls genauestens überwacht werden.

      Vorausgesetzt, es wird sofort und großzügig gehandelt (d. h. der Autor des vorliegenden Buches wird reichlich finanziert), kann vielleicht die Vernichtung der gesamten Menschheit gerade noch verhindert werden (huiii – das war wieder einmal knapp). Möglicherweise könnte sogar in ca. 4219 Jahren ein ganzer Gletscher eingespart werden, wenn das Furzproblem rechtzeitig im Bewusstsein der Menschen verankert wird.

      Am schlimmsten betroffen sind natürlich die bedauernswerten Rohköstler – sie sind häufig untergewichtig (57%) und leiden außer an Blähungen noch unter Anämie, Amenorrhoe, Hyper- und Hypovitaminosen [21] und erstaunlich oft an Humorlosigkeit und Starrsinn.

      In der Fernsehwerbung einer bekannten Fast-Food-Kette wurde endlich die lange fällige Frage gestellt: »Glaubt ihr, dass es Kartoffeln gibt, die ein Bewusstsein haben können wie ein Mensch?« Zum Glück erfolgte die Antwort durch die Freunde des philosophierenden Fragestellers unmittelbar darauf: »Nein, aber es gibt Menschen mit einem Bewusstsein wie eine Kartoffel!« – eine Beobachtung, die sich vielfach bestätigen lässt.

      Wie kann man sich denn nun gesund ernähren, wenn überall die Gefahren lauern?

      Man könnte sich von naturnaher, gemischter, ballaststoffreicher Diät ernähren (und low fat, low cholesterol, low salt, …). Könnte man – wenn man will (bzw. wenn’s einem schmeckt).

      Man könnte sogar auch die kleingedruckten Listen über Inhaltsstoffe irgendeiner industriell hergestellten Fertignahrung lesen. Diese sind dank der umsichtigen Konsumenten-Schaf-Schützer in vielen Staaten gesetzlich