Spiel, Satz & Herz. M.J. O'Shea. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M.J. O'Shea
Издательство: Bookwire
Серия: BELOVED
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958238336
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dass Quinn sich wünschte, er wäre wieder bei Dane und Hunter. Lang genug, dass seine Nervosität sich in brennende Übelkeit in seiner Kehle verwandelte.

      Aber dann passierten sie das Tor und fuhren die lange Auffahrt hinauf, die durch Bäume und eine sorgfältig gestaltete Parkanlage führte. Schließlich hielten sie vor dem Haus an und er hatte keine andere Wahl, als auszusteigen und sich mit dem zu befassen, was ihn auf der anderen Seite der Autotür erwartete.

      Einen langen Moment herrschte angespannte Stille, bis die Vordertür des Hauses aufgerissen wurde und seine Mutter – seine stilvoll gekleidete, gebildete, distanzierte Mutter – herausgestürzt kam wie ein Kind, das nach einem langen Tag seine Eltern begrüßen wollte.

      »Liebling, ich bin froh, dass du hier bist«, sagte sie und zog Quinn in eine feste Umarmung, die er ebenso fest erwiderte. Seine Mom zitterte und Quinn fand, dass sie sich in seinen Armen zerbrechlich anfühlte.

      »Es tut mir so leid, Mama.« Er gab ihr einen Kuss auf die Wange und umarmte sie erneut.

      »Komm schon, lass uns hineingehen«, sagte sie. Dann bedeutete sie dem Fahrer, Quinns Gepäck hineinzubringen. Davon hatte er eine Menge. Da er nicht wusste, wohin er als Nächstes reisen würde, hatte er all seine Habseligkeiten mit nach Hause gebracht. Alles war wild durcheinander in die zahlreichen Koffer und Taschen gestopft, die im Kofferraum der Limousine verstaut waren.

      Er folgte seiner Mutter ins Haus und in die riesige Küche, die in traditionellem, gedecktem Weiß und Kupfertönen gestaltet war. Es gab Tee und Sandwiches. Brenda, die Haushälterin seiner Mutter, blieb in der Nähe, als wollte sie sichergehen, dass Marisol etwas aß. Quinn umarmte Brenda und gab ihr einen Kuss auf die Wange, dann nickte er. Er mochte erschöpft und immer noch ein wenig verkatert sein, aber er würde dafür sorgen, dass seine Mutter auf sich achtete.

      Sie saßen lange Zeit am Tisch, den mittlerweile kalten Tee und die Sandwiches vor sich, bis Quinn es schließlich über sich brachte zu fragen.

      »Wann ist die Beerdigung?« Das Wort klang so fremd aus seinem Mund. Er war noch nie zuvor auf einer Beerdigung gewesen und hatte nie jemanden gekannt, der gestorben war. Er rechnete immer noch damit, dass sein Großvater durch die Tür kam, die Hosenbeine in die Gummistiefel gesteckt, wobei er eine Spur aus geschnittenem Gras mit sich trug. Er schluckte schwer.

      »Übermorgen.«

      Quinn nickte. Der Knoten in seinem Bauch löste sich ein wenig, aber nicht genug, um wieder schlucken zu können. Er hatte einen Tag. Er wusste nicht, was er an diesem Tag tun sollte, um sich darauf vorzubereiten, sich von seinem Großvater zu verabschieden, aber er hatte ihn. Das war doch schon etwas wert.

      Der Tag der Beerdigung war passenderweise düster. Quinn und seine Mutter hatten hektische vierundzwanzig Stunden hinter sich, in denen sie mit Hectors Assistentin zusammengearbeitet hatten, um die letzten Details zu organisieren. Das war wohl eine gute Sache. Es war einfacher, sich mit ärgerlichen Kleinigkeiten auseinanderzusetzen, als still dazusitzen und nach der Stimme zu lauschen, die seine Kindheit erfüllt hatte und die nun so offensichtlich fehlte.

      Die Trauerfeier fand auf dem Friedhof statt, auf dem sein Großvater schon vor Jahren Grabstellen gekauft hatte. Quinn erinnerte sich, wie morbide und irgendwie gruselig er es gefunden hatte, als seine Mutter ihm am Telefon davon erzählt hatte.

      Nun stand er hier unter den dunklen Wolken und wollte so schnell wie möglich hier weg und zurück zum Haus, wo ein Empfang für die Gäste der Trauerfeier stattfinden würde. Er wollte keinen Small Talk mit den Hunderten Freunden und Bekannten seines Großvaters führen, aber das war immer noch besser, als eine Kiste anzusehen, in der die überlebensgroße Persönlichkeit von Hector Valenzuela unmöglich Platz haben konnte. Quinn nahm die Hand seiner Mutter, als der Priester zu sprechen begann, und drückte sie. Er war sich nicht sicher, ob er sie damit beruhigen wollte oder sich selbst.

      Bald ist es vorbei…

      Quinn schwankte zwischen dem Gefühl der Benommenheit und des Entsetzens, während er sich die Reden anhörte und anschließend zusah, wie sein Großvater in der Erde verschwand. Dann wurde er zu dem Wagen geführt, seine Mutter stieg hinter ihm ein, danach war es tatsächlich vorbei. Er hatte im Laufe der Jahre nicht viel Zeit mit seiner Familie verbracht, und diese Tatsache machte es nicht einfacher. Vielleicht wurde es dadurch sogar schlimmer. Er fühlte sich, als hätte er etwas verpasst, als hätte er die falschen Entscheidungen getroffen. Es fühlte sich an, als wäre es zu spät.

      »Brenda sagte, dass sie das Büfett schon fertig vorbereitet hat, bevor sie zum Friedhof gekommen ist«, sagte Marisol zu ihm. »Alles sollte bereit sein.«

      Quinn wusste, dass seine Mutter und Brenda die Einzelheiten wieder und wieder durchgegangen waren – wahrscheinlich größtenteils, um Marisol zu beschäftigen. Er zog an ihrer Hand, bis sie sich zu ihm lehnte und den Kopf auf seine Schulter legte. Dann küsste er ihre Stirn und sagte: »Alles wird gut, Mama.«

      »Ich liebe dich, mein Schatz«, flüsterte sie.

      »Ich liebe dich auch.«

      Vier Tage später war Quinn immer noch zu Hause. Seit er etwa fünfzehn Jahre alt gewesen und wegen Windpocken vom Internat nach Hause geschickt worden war, war er nicht mehr so lange in Seattle gewesen. Seltsamerweise hatte er kein einziges Mal den Wunsch gehabt abzureisen, obwohl Dane und Hunter ihn in den letzten Tagen mehrfach angerufen hatten. Es hatte ihm Spaß gemacht, einfach Zeit mit seiner Mutter zu verbringen – vielleicht war dies eine der Gelegenheiten, zu denen erst etwas Schlimmes passieren musste, damit man erkannte, was einem fehlte. Aber nun fühlte es sich richtig an, zu Hause zu sein. Es fühlte sich an wie Zuhause. Das war ungewohnt für Quinn.

      »Ich dachte, ich mache uns Nudeln mit Pesto und Erbsen zum Abendessen«, sagte Marisol.

      Quinn schaute von seinem Handy auf, wo er Dane gerade mit einer kurzen Nachricht geantwortet hatte. Brenda, die Haushälterin, kochte hin und wieder, aber Quinn wusste noch genau, wie sehr das Kochen seine Mom beruhigte, wenn sie aufgebracht war. Es schien ihr besser zu gehen als noch vor ein paar Tagen. Sie trug eine Jeans und einen modisch geschnittenen, leichten Pullover. Ihr dunkles Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden. Die dunklen Ringe unter ihren Augen waren verschwunden und sie wirkte kaum einen Tag älter als fünfunddreißig. Die meisten Leute hielten sie für Geschwister statt für Mutter und Sohn. Quinn stand auf und streckte sich.

      »Brauchst du Hilfe?«, fragte er. Er hatte ein paar Wochen lang eine Affäre mit einem Chefkoch gehabt, als er in Paris gewesen war. Vielleicht hatte das auf ihn abgefärbt… obwohl sie nicht sonderlich oft gekocht hatten.

      Marisol lächelte schief, als wüsste sie, woran er gedacht hatte, und legte Quinn die Hand an die Wange. »Das schaffe ich schon, denke ich.« Es war das erste ehrliche Lächeln, das er von ihr gesehen hatte, seit er angekommen war.

      Quinn legte die Hand auf die seiner Mutter. »Dann leiste ich dir Gesellschaft.«

      »Klingt perfekt.«

      Marisol kochte und sie unterhielten sich. Quinn trank mehrere Tassen Tee und bemerkte kaum, wie die Zeit verging. Das Abendessen verlief gemütlich und ungezwungen – er selbst, Mom, Brenda und die restlichen Hausangestellten saßen am Küchentisch und aßen Nudeln, Salat und Knoblauchbrot. Überraschenderweise war es einer der schönsten Abende, die er seit Langem erlebt hatte. Quinn wusste nicht, was er davon halten sollte, deshalb beschloss er, nicht allzu genau darüber nachzudenken.

      Der nächste Morgen war allerdings kein Spaß. Überhaupt nicht. Quinn trug ein Hemd und ein Jackett, aber keine Krawatte, denn dadurch fühlte er sich immer, als würde er ersticken. Er hatte gedacht, dass sie die formellen Angelegenheiten und die unangenehmen Momente hinter sich hatten, in denen ihm mitten im Gespräch mit seiner Mutter einfiel, dass Grandpa tatsächlich nicht mehr da war. Doch sie hatten es noch nicht hinter sich. Und sein Großvater war wirklich und wahrhaftig nicht mehr da. Das wurde seiner Meinung nach durch nichts deutlicher als durch das, was nun bevorstand.

      Die Testamentseröffnung.

      Das Geld war Quinn egal, auch wenn er vermutete, dass er sein ganzes Leben davon profitieren würde. Er