Spiel, Satz & Herz. M.J. O'Shea. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: M.J. O'Shea
Издательство: Bookwire
Серия: BELOVED
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958238336
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wird es wirklich seltsam sein.«

      Sie hatten eine andere Welt vor sich, eine ohne Hector Valenzuela, der ihrer aller Leben steuerte. Porter hatte keine Ahnung, was sie tun sollten.

      Auf dem Weg zum Krankenhaus schwiegen sie. Perry schaltete das Radio an, drehte aber die Lautstärke herunter. Vermutlich war es gut, dass es mitten in der Nacht war und dass sie sich entgegen dem Berufsverkehr in die Innenstadt von Seattle bewegten, denn sonst würde es ewig dauern, bis sie bei Marisol ankämen.

      »Was wird mit Sparta passieren?«, fragte Perry.

      Porter schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.« Es war schrecklich, sich die Firma ohne ihren Patriarchen vorzustellen, aber das war nun die Realität. Sparta war ein zu großes Imperium, um einfach… zum Stillstand zu kommen, weil die verbliebenen Aufsichtsratsmitglieder trauerten. »Ich schätze, Marisol wird entscheiden, wie es weitergeht.«

      Hector hatte die Firma von seinem Vater übernommen und der wiederum von dessen Vater, der sie gegründet hatte. Sparta Athletics war unter Hectors Führung enorm gewachsen und machte nun Adidas und Nike Konkurrenz. Selbst mit der Unterstützung des alternden Besitzers war es für Porter und sein Team eine große Aufgabe gewesen, alles am Laufen zu halten.

      »Darum werden wir uns kümmern, wenn es an der Zeit ist«, sagte Perry.

      Porter nahm ihre Hand. »Danke, dass du mitgekommen bist, Schwesterherz. Du musst ganz erschöpft sein.«

      »Ich komme schon klar.« Sie hob seine Hand und küsste sie. »Mach dir um mich keine Sorgen.«

      Marisol war mit den Nerven am Ende, wie es zu erwarten gewesen war. Sie brach in den Armen von Porter und Perry schluchzend zusammen. Marisol – die selbstsichere, perfekte Marisol – sah aus, als hinge sie am seidenen Faden. Sie musste raus aus der kalten, unpersönlichen Notaufnahme.

      »Bringen wir dich nach Hause. Bist du selbst hergefahren?«, fragte Porter.

      »Nein. Ich bin im Krankenwagen mitgefahren.« Sie schaute ihn mit großen, feuchten Augen an. »Was soll ich denn jetzt tun?«

      Das wusste Porter auch nicht.

      »Wir kontaktieren morgen einen Bestattungsunternehmer und treffen alle Vorkehrungen«, sagte Perry leise. Sie klang ruhig und tröstend. Porter fragte sich, ob das an ihrer Ausbildung lag, denn sie musste ebenfalls erschüttert sein. Er würde nicht zulassen, dass Marisol sich allein um alle Einzelheiten kümmern musste. Sie hatten genug Angestellte, die leicht aushelfen oder sich gleich um alles kümmern konnten. Porter rieb ihre Schulter und Perry lächelte sanft. »Im Moment ist sowieso alles geschlossen. Vielleicht solltest du mit zu uns kommen und ein wenig schlafen. Ich mache dir einen Tee. Um den Rest können wir uns in ein paar Stunden auch noch kümmern.«

      Marisol nickte.

      Perry legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie hinaus, wo sie dem Parkwächter der Notaufnahme hastig ihre Schlüssel gegeben hatten.

      Die Fahrt zurück nach Hause verlief ebenfalls schweigend. Perry saß bei Marisol auf dem Rücksitz – Porter fragte sich, ob sie sich Sorgen machte, dass Marisol in einen Schockzustand verfiel. Sie rieb über ihren Rücken und Marisols Kopf lag an Perrys Schulter. Porter behielt sie im Auge, während er sich gleichzeitig auf die Straße konzentrierte. Er hatte Angst um Marisol. Ihr Vater war beinahe ihre ganze Welt gewesen und das große Haus würde nun leer sein, abgesehen von ihr und ein paar Angestellten.

      Porter wusste nicht, wie er ihr helfen konnte, aber er vermutete, dass sie es überstehen würden, wenn sie einen Schritt nach dem anderen machten. Zuerst würden sie sich um die dringlichsten Angelegenheiten kümmern und später um den Rest ihrer Leben.

      Der Himmel begann gerade, die für die Zeit kurz vor dem Sonnenaufgang in Seattle typische pink-graue Farbe anzunehmen, als sie Porters Hausboot auf dem Lake Washington erreichten. Perry setzte sich mit Marisol auf die Couch und er ging in die Küche, um Tee zu machen. Das tat er größtenteils, um sich zu beschäftigen. Er hatte das schon so oft getan, dass er es auch im Schlaf konnte.

      Anschließend trug er den Tee für Marisol, Perry und sich selbst zur Couch hinüber und sie saßen da und tranken ihn wortlos. Porter wusste nicht, was er sagen sollte. Im Grunde war er ein Angestellter, aber im Laufe der Jahre waren die Valenzuelas wie eine Familie für ihn geworden. Hector war ihm mehr ein Vater gewesen als sein und Perrys Vater es jemals gewesen war. Es… er fühlte sich wie betäubt. Es war ein schreckliches Gefühl.

      »Ich muss Quinn anrufen«, sagte Marisol schließlich leise.

      Quinn. Marisols nutzloser Sohn, der Partylöwe, der nie etwas mit Sparta zu tun gehabt hatte, außer Unmengen Geld auszugeben, das die Firma ihm bescherte. Porter hatte keine Ahnung, in welchen Teil der Welt er sich momentan verpisst hatte. Porter konnte ihn nicht leiden. Er versuchte, einen neutralen Gesichtsausdruck aufzusetzen. Aus irgendeinem Grund vergötterte Marisol ihren Sohn, aber den würde Porter nie verstehen können. Es ging ihn auch nichts an, welche Beziehung sie mit dem Blödmann hatte. Er wollte nur dafür sorgen, dass sie sich besser fühlte.

      »Sollen Perry und ich in die Küche gehen, damit du in Ruhe mit ihm reden kannst?«, fragte Porter. Er musste an Marisol denken. Sie wollte ihren Sohn an ihrer Seite haben, obwohl er das auch sonst kaum einmal war.

      »Nein, mein Lieber«, sagte Marisol. »Ich gehe selbst in die Küche. Es macht mir nichts aus aufzustehen.«

      Porter und Perry sahen ihr nach, wie sie in die luftige, moderne Küche ging. Er wünschte, er könnte ihr die Aufgabe abnehmen, diesen schrecklichen Anruf machen zu müssen.

      »Denkst du, Quinn wird herkommen?«, fragte Perry leise. Sie hatte den Bengel nie kennengelernt, aber Porter hatte ihr alles über Quinn Valenzuela erzählt und dabei mit seiner Meinung nicht hinterm Berg gehalten.

      »Das hoffe ich doch. Es würde ihr das Herz brechen, wenn nicht.«

      »Was für eine furchtbare Nacht.« Perry seufzte.

      Da konnte Porter ihr nicht widersprechen.

      Marbella, Spanien

      »Die Szene langweilt mich allmählich«, brummte Quinn.

      Er schaute aus dem Schlafzimmerfenster seiner Villa den Hügel hinunter zu den glitzernden Straßenlampen, den beleuchteten Pools und dem dunklen Meer dahinter, aber nichts davon beeindruckte ihn. Er war im Paradies. Er hatte die letzten sechs Jahre damit verbracht, einem Paradies nach dem anderen hinterherzujagen – Skifahren in Aspen und Telluride, exklusive Clubs in Spanien und Griechenland, Shoppen in New York und Paris. Er war müde. Quinn wusste, wie schrecklich das klingen würde, wenn er es laut ausspräche, deshalb tat er es nicht, aber er war… es einfach leid. Alles davon.

      »Vielleicht sollten wir zum Jachthafen gehen. Alexios legt normalerweise um diese Zeit ab. Wir könnten ein paar Monate auf dem Mittelmeer unsere Runden drehen, dann den Sommer in den Hamptons verbringen und im Herbst in die Karibik fliegen.«

      Das würde toll klingen, wenn sie das Gleiche nicht im letzten Jahr gemacht hätten. Und im Jahr davor. Opulenz hin oder her, wie oft konnte man auf einer Jacht durch die Gegend schippern, bevor es langweilig wurde? Die Antwort lautete: weniger oft, als er es bisher getan hatte.

      Quinn drehte sich um und versuchte, ein Lächeln aufzusetzen. Hunter, einer von Quinns beiden besten Freunden, lag im Moment ausgestreckt auf Quinns Bett. Er schien zu überlegen, welche seiner winzigen Badehosen er auswählen sollte, und schon dazu bereit zu sein, in seine Bootsschuhe zu schlüpfen. Hunter hatte die Jachtsaison schon immer geliebt – beide Jacht-Saisons, um ehrlich zu sein. Von einer Milliarden-Dollar-Jacht eines überreichen Typen zur nächsten flanieren, die besten Cocktails schlürfen und in den schrillsten Klatschblättern erwähnt werden.

      Quinn war die Jachtsaison und die Strandressorts leid, das Skifahren in Vail und, na ja, alles davon. Er konnte sich nicht erinnern, wann er sein Leben zum letzten Mal wirklich als aufregend empfunden hatte.

      »Vielleicht sollten wir Alexios anrufen«, schlug er dennoch vor und gähnte.

      Ja, die Jachten