Beinahe bittend sah sie ihn dabei an. Felix schmunzelte.
Florian bog mit dem Traktor auf den Hof ein. Der alte Knecht war erstaunt, den Herrn Thorwald so bald wiederzusehen, sagte aber nichts weiter sondern begrüßte Felix nur.
»Ich komm gerade vom Feld«, berichtete Florian. »So, wie’s ausschaut, müßten wir bald Dünger aufbringen. Allerdings ist keiner mehr da. Soll ich welchen bestellen?«
Felix fuhr sich über die Stirn. Das war genau das, was ihm vorhin durch den Kopf gegangen war. An tausend Dinge mußte man denken, wenn man einen Bauernhof bewirtschaftete, und er hatte nicht die geringste Ahnung.
»Naja, wenn das Zeug gebraucht wird, dann sollten Sie das schon tun, Herr Burgthaler«, sagte er schließlich.
Der alte Knecht nickte.
»Dann kümmer’ ich mich gleich darum«, meinte er. »Aber sagen S’ ruhig Florian zu mir. Das hat der alte Bauer auch immer getan.«
»Warten Sie mal, Florian«, rief Felix, bevor der Knecht ins Haus verschwand. »Was ist denn das für ein Dünger?«
Florian drehte sich um und zuckte die Schulter.
»Dünger eben«, antwortete er, erstaunt über die Frage.
»Naja, ich meine, ist es etwas Künstliches?«
Der Knecht rieb sich nachdenklich das Kinn. Immer noch nicht wußte er, was der neue Herr eigentlich von ihm wissen wollte.
»Der Herr Thorwald möcht’ wissen, ob es sich um Kunstdünger handelt«, sprang Maria ihm zu Hilfe.
Sie wandte sich an Felix.
»Ja, es ist chemisch hergestellt. Also net gerad’ geeignet für einen Bio-Hof.«
»Das genau war mein Gedanke«, antwortete der Bauer. »Womit wird sonst noch gedüngt?«
Daß Florian mehr als verwundert war, sah man seinem Gesichtsausdruck an.
»Na, mit Gülle und Mist natürlich«, antwortete er endlich. »Aber ich versteh’ net…«
»Der Herr Thorwald und ich überlegen, ob man in Zukunft net auf chemische Düngemittel verzichten kann«, erklärte Maria. »Schließlich ist’s ja gesünder.«
Florian Burgthaler verstand die Welt nicht mehr.
»Ja, soll ich denn nun Dünger bestellen oder net?«
»Warten Sie noch damit«, sagte der Hoferbe. »Und nennen Sie mich nicht Herr Thorwald. Ich heiße Felix.«
»Mir soll’s recht sein«, nickte der Knecht und schlurfte ins Haus.
Maria und Felix sahen sich lachend an.
»Der arme Florian«, sagte die Magd. »Er versteht überhaupt nicht, was los ist.«
Sie blickte ihm tief in die Augen.
»Soll das heißen, du hast dir meine Idee durch den Kopf gehen lassen?« fragte sie. »Kannst’ dich mit dem Gedanken an einen ökologischen Landbau anfreunden?«
Felix erwiderte ihren Blick.
»Im Grunde schon«, erwiderte er nach einigem Nachdenken. »Aber du mußt verstehen, daß ich das jetzt nicht sofort entscheiden kann. Ich muß wirklich in Ruhe darüber nachdenken, was ich machen will. Drüben in Amerika, da habe ich meine Arbeit, ein Haus. Wenn ich mich ent-schließe, für immer hierzubleiben, gebe ich sehr viel auf. Vor allem einen Beruf, in dem ich sehr viel Geld verdiene. Mehr, als mir dieser Bauernhof jemals einbringen könnte…«
Maria sah, daß es hinter seiner Stirn arbeitete.
»Das verstehe ich natürlich«, nickte sie. »Aber wie du dich auch immer entscheidest, Felix, du sollst wissen, daß ich dich liebe wie noch keinen and’ren Mann auf der Welt.«
Er küßte sie zärtlich.
»Ich weiß, Maria«, antwortete er. »Und das ist es ja auch, was diese Entscheidung so schwer macht.«
*
Es war schon sehr spät, als Felix im Pfarrhaus eintraf. Sophie Tapperts Angebot, ihm ein Abendessen zu bereiten, lehnte er dankend ab.
»Ich habe schon auf dem Hof gegessen.«
Er lächelte.
»Tut mir leid. Vielleicht hätte ich anrufen sollen.«
»Schon in Ordnung.« Sebastian schüttelte den Kopf und deutete auf das Sofa im Wohnzimmer. »Aber setzen S’ sich doch und erzählen ein bissel, was Sie auf dem Hof gemacht haben.«
»Oh, da gab es schon einiges«, lachte Felix und berichtete vom Obstpflücken.
Der Bergpfarrer sah ihn nachdenklich an, während er den Worten des jungen Mannes lauschte. Insbesondere fiel ihm auf, daß Felix sehr häufig den Namen der jungen Magd erwähnte.
Sollte da etwas geschehen sein, womit überhaupt niemand gerechnet hatte?
Sebastian würde es recht sein. Wenn der frischgebackene Bauer sich in seine hübsche Magd verliebte, dann stand einem Erhalt des Hochberghofes wohl nichts mehr im Wege. Überwand Liebe doch alle Hindernisse, die sich ihr entgegenstellten.
Allerdings vermied der Bergpfarrer, in dieser Hinsicht konkrete Fragen zu stellen. Wenn er mit seiner Annahme recht hatte, dann war die Verbindung dieser beiden jungen Menschen ein zartes Pflänzchen, das erst noch wachsen und gedeihen mußte.
Aber immerhin! Sebastian glaubte, ein wenig zuversichtlicher in die Zukunft blicken zu können, was den Bauernhof anging.
»Ich hatte übrigens heute Besuch«, unterbrach Felix seine Gedanken. »Von einem Herrn Ramsauer. Sagt Ihnen der Name etwas?«
Allein die Erwähnung des Namens ließ bei Pfarrer Trenker sämtliche Alarmglocken schrillen. Natürlich kannte er den mit allen Wassern gewaschenen Bauunternehmer, und wenn er an die Begegnung am Morgen im Café dachte, dann ahnte er bereits, was Josef Ramsauer von Felix Thorwald gewollt hatte.
»Ja, er hat mir tatsächlich ein Angebot gemacht«, bestätigte der junge Mann den Verdacht des guten Hirten von St. Johann. »Er möchte dort ein Hotel bauen.«
Sebastian nickte. Plötzlich verstand er auch, warum Markus Bruckner sich am Nachmittag während der Gemeinderatssitzung so sehr für eine neue Straße stark gemacht hatte. Eine Straße, die durch den Ainringer Wald führen sollte und deren Anfang in der Nähe des Hochberghofes lag.
Zufall?
Vermutlich nicht. Aber diese Suppe würde er, der Bergpfarrer, dem Bürgermeister schon versalzen. Zwar hatte dessen Fraktion die Mehrheit im Gemeinderat, aber die war hauchdünn, und es wäre nicht das erste Mal, daß es Sebastian gelungen wäre, eines der Ratsmitglieder durch vernünftige Argumente zum Abschwenken von der Fraktionsdisziplin zu bewegen.
»Haben S’ dem Herrn Ramsauer schon einen positiven Bescheid gegeben?« fragte er.
»Nein, natürlich nicht. Dazu kam das Angebot viel zu überraschend. Ich habe mir Bedenkzeit ausgebeten.«
Sebastian atmete erleichtert auf.
Jetzt setzte er seine ganze Hoffnung auf zwei Dinge.
Zum einen wollte er Felix Thorwald morgen die Schönheiten seiner Heimat zeigen, die ja auch die Heimat von dessen Mutter war.
Zum anderen setzte er auf die Liebe zwischen Felix und Maria.
»Wir sollten heut’ abend recht früh schlafen gehen«, schlug er vor. »Morgen geht’s noch vorm Sonnenaufgang los.«
»Damit bin ich einverstanden«, antwortet der junge Mann. »Heute war es ohnehin ereignisreich genug. Man wird schließlich nicht jeden Tag Bauer.«
Als er in seinem Bett im Gästezimmer des Pfarrhauses lag, starrte er an die Decke und dachte: Und genau das bin ich auch nicht, ein Bauer!
Steve