Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740952006
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wollte es ihm nicht gelingen.

      *

      »Himmelherrgott noch einmal! Was läuft’s denn umeinand’ wie ein Huhn, das keinen Kopf mehr hat?« schimpfte Florian Burgthaler.

      Er saß in der Küche des Bauernhauses und wartete auf das Mittagessen. Maria, sonst die Pünktlichkeit in Person, hatte es noch nicht geschafft, etwas auf den Tisch zu bringen.

      »Entschuldige«, bat sie. »Ich weiß auch net, was heut’ mit mir los ist.«

      Aber damit sagte sie nicht ganz die Wahrheit. Seit Felix Thorwald gestern den Hof besucht hatte, war ihr Leben nicht mehr so wie früher. Die halbe Nacht hatte die Magd nicht geschlafen, und als der Wecker klingelte, hatte sie das Gefühl, eben erst ins Bett gegangen zu sein.

      Florian schaute indes mißmutiger denn je. Schon mit dem Frühstück hatte es nicht geklappt. Viel zu spät hatte Maria es fertig gehabt, so daß der Knecht sich kurzerhand ein belegtes Brot machte und es unterwegs aß, auf der Fahrt mit dem Traktor zum Feld hinaus.

      »Was ist denn bloß los mit dir?« forschte er nach. »So kenn’ ich dich ja gar net.«

      Er hob schnuppernd die Nase. Auf dem Küchenherd stand ein Topf, in dem Kartoffeln kochten.

      »Riechst nix?«

      Maria wirbelte herum. Aus dem Kartoffeltopf stieg eine graue Rauchwolke auf, und es roch angebrannt. Blitzschnell riß sie ein Geschirrtuch vom Haken und nahm den Topf vom Feuer.

      »Auch das noch!«

      Sie war verzweifelt. Es schien, als wolle dieser Tag ihr zeigen, daß sie am besten im Bett geblieben wäre.

      Die hübsche Magd stellte den schmorenden Topf in das Spülbecken und ließ kaltes Wasser darüber laufen. Vorsichtig öffnete sie den Deckel und nahm die oberste Schicht ab.

      Dem Himmel sei Dank, wenigstens die hatte sie retten können.

      »Willst’ mir net verraten, warum du so durcheinander bist?« fragte Florian, als sie wenig später beim Essen saßen. »Ist’s wegen dem neuen Bauern?«

      »Hast recht«, nickte sie, ohne den wahren Grund zu nennen, warum ihr heute absolut nichts gelingen wollte. »Der Herr Thorwald scheint den Hof net behalten zu wollen.«

      »Na und?« meinte der Knecht zu ihrer Verblüffung. »Dir kann’s doch egal sein. Du find’st ja überall eine neue Arbeitsstelle.«

      Maria sah ihn verwundert an.

      »Und was ist mit dir? Willst’ dich in deinem Alter noch auf die Suche nach einem Bauern machen, der dich nimmt?«

      Florian zuckte die Schultern.

      »Weißt’, Maria, da mach’ ich mir keine Gedanken«, erwiderte er. »Wenn’s ganz arg kommt, dann hör’ ich auf mit der Arbeit. Das Rentenalter hab’ ich ja erreicht. Vielleicht such’ ich mir ein kleines Häusl und genieß meinen Lebensabend.«

      »Na, das hast’ dir ja wirklich schon was überlegt. Und ich hab’ geglaubt, du würdest vor Kummer und Sorgen net in Schlaf kommen.«

      Daß der alte Knecht so abgeklärt über seine Situation nachgedacht hatte, erstaunte sie wirklich. Aber um so besser, wenn Florian schon jetzt wußte, wie es mit ihm weitergehen sollte.

      Sie hingegen wollte den Gedanken an einen Abschied vom Hochberghof am liebsten ganz verdrängen. Was konnte man nicht alles daraus machen! Wenn sie doch nur einmal Gelegenheit hätte, mit Felix Thorwald zu reden und ihm darzulegen, wie sie darüber dachte.

      Schon Franz Bachmann hatte auf den Einsatz von künstlichen Düngemitteln verzichtet, die Felder waren nach ökologischen und umweltverträglichen Gesichtspunkten beackert worden, und wenn man auch nicht unbedingt von einem Bio-Bauernhof reden konnte, so waren doch alle Voraussetzungen gegeben, aus dem Hochberghof einen solchen zu machen. Immer mehr Menschen stiegen auf gesunde Naturkost um, der beste Beweis dafür war doch, daß beinahe jedes größere Lebensmittelunternehmen eine eigene Bio-Marke im Angebot hatte. Hinzu kam, daß die Leute gerne auf einem Bauernhof einkauften, der solche Waren anbot.

      Ökologischer Landbau und Selbstvermarktung – das war nach Marias Meinung eine Chance, aus dem maroden Bauernhof wieder ein gesundes Unternehmen zu machen.

      Aber wenn sie an das dachte, was Felix Thorwald gestern gesagt hatte, dann verließ sie gleich der Mut, ihre Idee mit ihm zu besprechen. Es war ja ganz offensichtlich, daß er nicht daran interessiert war, den Hof zu behalten.

      Und doch wäre es so schön gewesen.

      Besonders, wenn… wenn sie sich vorstellte, daß aus ihm und ihr ein Paar geworden wäre.

      Himmel, wie liebte sie diesen Mann!

      Noch nie hatte sie einen anderen so begehrt wie Felix Thorwald. Neben ihm verblaßte jeder Bursche, der ihr auf dem Tanzabend im ›Löwen‹ den Hof machte.

      Aber das alles war nur ein Wunschtraum, der sich nie erfüllen würde.

      Florian hatte seine Mahlzeit beendet und war wieder auf das Feld hinausgefahren. Marie räumte seufzend den Tisch ab. Eher zufällig blickte sie während des Abwasches aus dem Fenster und sah ein Auto auf den Hof fahren.

      Im selben Moment schien ihr Herzschlag auszusetzen, als sie Felix Thorwald aussteigen sah.

      *

      Was ihn dazu getrieben hatte, noch einmal zum Hof hinaufzufahren, konnte er nicht sagen. Irgendwie hatte er das Gefühl, sich dort noch einmal umsehen zu müssen. Am Morgen waren Felix und Pfarrer Trenker zum Nachlaßgericht in die Kreisstadt gefahren. Nachdem dort die notwendigen Formalitäten erledigt waren, setzten sie sich in ein Café. Sie fanden einen freien Tisch in einer Nische. Der Geistliche beglückwünschte den Hoferben.

      »Sagen S’, Felix, könnten S’ sich wirklich net vorstellen, in den Hochberghof zu investieren?« fragte er. »Ich mein’ – so marode er auch ausschaut, mit ein bissel Geschick und einigen tüchtigen Händen ließe sich schon was daraus machen.

      Und die fleißigen Händ’ wären ja schon da… Auch wenn der Florian bereits die Sechzig überschritten hat, einen bess’ren Knecht finden S’ net so leicht.«

      Der junge Mann atmete tief durch. Mit seiner Frage hatte der Seelsorger eine bereits geöffnete Tür aufgestoßen. Das erste, was Felix am Morgen, als er aufgewacht war, durch den Kopf ging, war die Frage, wie es nun weitergehen soll.

      Ein merkwürdiges Gefühl überkam ihn. Auch wenn man es nicht unbedingt Sehnsucht nach der Heimat nennen konnte, so war da doch etwas wie Verbundenheit mit dem Hof, der rechtmäßig seiner Mutter gehört hätte und der nun in seinem Besitz war.

      Ob sie es gutheißen würde, wenn er sein Erbe wieder veräußerte?

      Noch einmal dachte er an den verstorbenen Halbbruder seiner Mutter. Sicher hätte er sich auch gewünscht, daß der Hof im Familienbesitz bleibt. Sonst hätte er kaum diesen rührenden und

      reuevollen Brief geschrieben.

      Felix verspürte das Verlangen, das Grab des Verstorbenen zu besuchen, und Sebastian war gerne bereit gewesen, ihn dorthin zu führen. Als sie jetzt in dem Café saßen, da rief Felix sich den Augenblick in Erinnerung.

      Ein schlichtes Holzkreuz schmückte Franz Bachmanns letzte Ruhestätte.

      »Die Maria kommt einmal die Woche her und pflegt es«, hatte der Geistliche erklärt.

      Der junge Mann sah auf den Blumenschmuck und dachte an das Grab der Eltern auf dem kleinen Friedhof bei Leutstetten.

      Wenn sie sich doch nur hätten versöhnen können, Mutter und Onkel Franz.

      »Wissen S’, ich frag’ net ganz uneigennützig«, unterbrach der Bergpfarrer seine Gedanken.

      Felix sah auf. Die nette Bedienung hatte Kaffee gebracht und sich wieder entfernt. Sebastian Trenker schmunzelte, als er den fragenden Blick seines Gegen-übers sah.

      »Ich liebe meine Heimat«, sagte