Dr. Daniel Staffel 9 – Arztroman. Marie Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740951320
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wünschte, ich könnte Ihnen darauf eine Antwort geben«, meinte er. Er schwieg einen Moment. »Das einzige, was ich sicher weiß, ist, daß Sie sich zu Ihren Gefühlen bekennen müssen. Sie dürfen nicht aus Rücksicht oder Mitleid bei einem Mann bleiben, den Sie nicht mehr lieben. Kai würde es im umgekehrten Fall sicher auch nicht tun. Eine solche Trennung ist immer schmerzlich – meistens sogar für beide, weil Erinnerungen an glückliche Tage wach werden.« Wieder schwieg er kurz. »Allerdings sollten Sie Kai in diesem Fall vielleicht nicht zusätzlich verletzen, indem Sie ihm jetzt noch die Wahrheit sagen… besonders nicht die Wahrheit über Ihre Empfindungen in seiner Nähe. Die Tatsache, daß Sie sich in einen anderen Mann verliebt haben, wiegt für ihn sicher schwer genug.«

      Die junge Frau nickte, nahm den Block wieder an sich und schrieb: Gleich heute, wenn er mich besucht, werde ich ihm die Wahrheit gestehen – die Wahrheit über meine Liebe zu Ivo.

      »Tun Sie es erst, wenn ich auch hier bin«, riet Dr. Daniel ihr und folgte dabei einer plötzlichen Eingebung. »Niemand weiß, wie Herr Horstmann auf diese Eröffnung reagieren wird, deshalb wäre ich gern dabei in Ihrer Nähe.«

      In Ordnung, Herr Doktor, schrieb Nikola auf den Block.

      *

      Der Verdacht, der Dr. Daniel während des Gesprächs mit Nikola erfaßt hatte, ließ ihn nicht mehr los, obwohl er sich selbst immer wieder sagte, daß es Irrsinn sei, an so etwas auch nur zu denken. Trotzdem wartete er in der Eingangshalle auf Kai.

      Der junge Mann war nicht sonderlich erfreut, als er sah, wie der Arzt auf ihn zukam.

      »Wollen Sie mir sagen, daß Sie Nikola morgen wieder nicht entlassen werden?« fragte er in gewohnt unhöflichem Ton.

      »Nein, Herr Horstmann, darum geht es nicht«, entgegnete Dr. Daniel. »Fräulein Forster wird morgen entlassen, allerdings sollten wir doch sichergehen, ob Sie sich bei ihr nicht vielleicht angesteckt haben. Ich weiß nicht, wieviel Sie über Chlamydien-Infektionen wissen…« Er ließ den Satz bedeutungsvoll offen.

      »Überhaupt nichts«, entgegnete Kai sehr von oben herab, ohne zu ahnen, daß das genau

      die Antwort war, die sich Dr. Daniel erhofft hatte. »Schließlich bin ich nicht der Arzt, sondern Sie.«

      »Wie gesagt, Ihre Verlobte litt an einer Chlamydien-Infektion, die durch jeglicher Art von intimem Kontakt, also auch schon durch Küsse übertragen wird«, behauptete Dr. Daniel und verzieh sich dabei die kleine Notlüge. Er mußte jetzt einfach wissen, ob Kai infiziert war oder nicht.

      »Und das fällt Ihnen heute erst ein?« hielt Kai ihm unwillig vor.

      »Ja, Herr Horstmann, das tut mir leid«, entschuldigte sich Dr. Daniel. »In letzter Zeit hatte ich sowohl in der Praxis als auch in der Klinik sehr viel um die Ohren.«

      »Na schön, und wer nimmt diese Untersuchung vor?« erkundigte sich Kai in einem Ton, als würde er Dr. Daniel mit seinem Einverständnis einen persönlichen Gefallen tun.

      »Dr. Scheibler, der Chefarzt dieser Klinik«, antwortete Dr. Daniel und begleitete Kai in die Chirurgie hinüber, wo sie von Dr. Scheibler schon erwartet wurden.

      Dr. Daniel wartete, bis der Chefarzt fertig war und Kai Horstmann sich auf den Weg zur Gynäkologie gemacht hatte.

      »Wann haben Sie das Ergebnis, Gerrit?« wollte er dann wissen.

      Dr. Scheibler grinste. »Sie haben’s aber eilig, Robert.«

      »Ich will ehrlich sein – in diesem Fall hätte ich das Ergebnis am liebsten gestern schon gehabt«, räumte Dr. Daniel ein.

      »Ich bin gut im Labor, aber so gut nun auch wieder nicht«, meinte Dr. Scheibler schmunzelnd, dann wurde er ernst. »Ich werde mich beeilen, Robert.«

      »Danke, Gerrit, dafür haben Sie bei mir etwas gut.«

      Dr. Daniel nickte ihm verabschiedend zu, dann machte er sich auf den Weg zur Gynäkologie, um Nikola bei ihrem Gespräch mit Kai als seelische Stütze zu dienen, aber auch, um im Notfall eingreifen zu können, obwohl er im Grunde sicher war, daß das gar nicht nötig sein würde.

      Unwillig blickte Kai zurück, als Dr. Daniel den Raum betrat.

      »Was wollen Sie denn nun schon wieder?« herrschte er den Arzt an, doch bevor Dr. Daniel antworten konnte, legte Nikola eine Hand auf Kais Arm und lenkte so seine Aufmerksamkeit auf sich.

      »Ich muß mit dir sprechen, Kai«, bedeutete sie ihm. »Es geht um unsere Verlobung.« Ganz kurz ließ sie die Hände sinken, dann fuhr sie fort: »Es tut mir leid, aber ich habe mich in einen anderen Mann verliebt.«

      Kais Gesicht verfinsterte sich. »In diesen Ivo, habe ich recht?«

      Die junge Frau nickte.

      »Es tut mir leid«, beteuerte sie noch einmal. »Ich wollte das nicht. Ich habe mich dagegen gewehrt, aber meine Liebe zu ihm war stärker.«

      Kai stand auf, warf Dr. Daniel einen kurzen Blick zu und stellte sich dann so, daß der Arzt seine Hände nicht sehen konnte, obwohl er ohnehin wußte, daß Dr. Daniel die Zeichensprache ohnehin nicht verstehen würde.

      »Das wird dir noch leid tun«, prophezeite er Nikola. »Ich lasse mich nicht so einfach abservieren.«

      »Kai.« Ihre Hände formten seinen Namen, doch er sah es gar nicht mehr, weil er sich umdrehte und das Zimmer verließ, ohne Dr. Daniel oder Nikola noch eines Blickes zu würdigen.

      »Hat er Ihnen gedroht?« wollte Dr. Daniel wissen, weil ihm Nikolas verstörter Gesichtsausdruck natürlich nicht entgangen war.

      Mit bebenden Händen griff sie nach Block und Stift und schrieb auf, was Kais Hände ihr bedeutet hatten. Dr. Daniel las, dann lächelte er Nikola beruhigend an.

      »Das war sicher nur der Schock«, meinte er. »Schließlich kam die Lösung des Verlöbnisses für ihn ja wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Vermutlich mußte er so reagieren, um mit dieser Enttäuschung fertigzuwerden.«

      Ja, vielleicht, schrieb Nikola, dann bat sie Dr. Daniel: Lassen Sie mich bitte ein bißchen allein.

      »Natürlich«, stimmte der Arzt sofort zu. »Wenn Sie etwas brauchen, dann klingeln Sie einfach.«

      Er verließ den Raum und traf draußen auf Dr. Scheibler.

      »Suchen Sie mich?« wollte Dr. Daniel wissen.

      »Auch, aber nicht nur«, entgegnete der Chefarzt. »Wissen Sie, wo Herr Horstmann ist? Er sollte sich dringend behandeln lassen.«

      Unwillkürlich hielt Dr. Daniel den Atem an. »Er hat also tatsächlich eine Chlamydien-Infektion?«

      »Ja, vermutlich hat er sich bei seiner Verlobten angesteckt.«

      Doch Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Nikola Forster ist seit gut zwei Wochen hier in der Klinik, und auch während der vierzehn Tage zuvor hatte sie und ihr Verlobter keinen intimen Kontakt mehr. Zu Herrn Horstmann habe ich über die Ansteckung zwar etwas anderes gesagt, aber wir beide wissen genau, daß man sich nur über Geschlechtsverkehr anstecken kann.«

      Dr. Scheibler nickte. »Und warum haben Sie ihm etwas anderes gesagt?«

      Dr. Daniel kam nicht mehr dazu, diese Frage zu beantworten, denn in diesem Moment wurde er ans Telefon gerufen.

      »Ich habe ihn!« klang Ivos Stimme an Dr. Daniels Ohr, kaum daß er seinen Namen genannt hatte.

      »Wen haben Sie?« wollte der Arzt wissen.

      »Kai Horstmann«, antwortete Ivo. »Oder besser gesagt, Philipp Tephal, und zumindest dieser ist bei der Polizei wohlbekannt. Zwei Jugendstrafen wegen Kaufhausdiebstahls und sexueller Nötigung, mit zweiundzwanzig wurde er wegen Vergewaltigung und schwerer Körperverletzung verurteilt, doch er konnte aus dem Gefängnis flüchten und starb noch am gleichen Tag bei einem schweren Autounfall. Der Wagen war gestohlen, die Leiche bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, doch anhand einiger unversehrt gebliebener Kleidungsstücke und seiner Papiere, die sich in der Innentasche des Jacketts befanden, wurde