Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G. K. Grasse
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Die Legende vom Hermunduren
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347036130
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widmete er sich ausschließlich dem Secretarius und diktierte diesem den Bericht an den Kaiser in Griechenland. Mit einigen Hinweisen zu Duplikaten aller drei Schreiben, entließ er den Mann.

      Lartius war zufrieden. Sein erlangtes Wissen zu den Ereignissen in Mogontiacum ging weit über die berichteten Zustände hinaus. Er wusste aber auch, dass er eine Position einnahm, die ihm zum Verhängnis werden konnte, würde sich Nero, bei dessen Sprunghaftigkeit, dem Wohle der Brüder Scribonius zuneigen. Das Risiko ging er ein, hielt er doch eine derartige Wendung für unwahrscheinlich.

      Würde der Kaiser seinen Gedankengängen folgen, müsste die Ablösung der Brüder Scribonius unmittelbar bevorstehen. Der Kaiser brauchte treue und zuverlässige neue Feldherren in Germanien. Einer der dafür in Frage kam, war Verginius Rufus. Also könnte er dem Legat, für eine von diesem früher ihm gegenüber erbrachte Gunst, einen Dienst erweisen. Wozu das einmal nutzen konnte, brauchte er gegenwärtig nicht zu bedenken…

      Lartius dachte auch darüber nach, wen er noch gefährden könnte und gelangte zu dem Schluss, dass es niemand Anderen treffen dürfte.

      Einen Augenblick bedachte er noch, dass der Legat Fabius Valens in den Bemühungen der Gallier genannt worden war. Sollte er diesem Legat einen Vorteil bei der Nachfolge des Statthalters in Niedergermanien verschaffen? Seine Überlegung wies diese Möglichkeit ab.

      Würden die Brüder abgelöst und Valens zum Statthalter berufen werden, könnte dieser die Vorherrschaft über die Legionen am Rhenus erlangen. Dies erschien ihm eher als ungünstig, wenn er die Bemühungen der Gallier berücksichtigte.

      Besser wäre dann in Niedergermanien wohl ein Statthalter, der neben Verginius Rufus verblasste und von den merkwürdigen Angeboten der Gallier keine Kenntnis besaß.

      Bliebe einzig noch die Frage, ob Nero, bezüglich der Gallier und ihren Absichten, etwas unternehmen würde… Sicher würde Nero einen derartigen Versuch der Verleitung zum Verrat beantworten. Was lag in diesem Falle nahe?

      Lartius gelangte zu der Schlussfolgerung, dass es wohl auch den Statthalter der Provinz Gallia Lugdunensis treffen würde, denn der erwähnte Stamm der Haeduer, zu dem dieser Vergobret gehörte, siedelte in dieser Provinz. Andererseits bestimmte der Senat über einen neuen Statthalter. Er hatte den Vergobret der Haeduer mit Absicht im Schreiben genannt. Der Kaiser sollte wissen, wer an der Spitze der Gallier für Unruhe sorgte.

      Lartius fühlte sich mit den veranlassten Schritten auf dem richtigen Weg. Jetzt musste er nur noch in Germanien für Ruhe sorgen und wenn dies so nicht gelang, einen solchen Fluss von Nachrichten ermöglichen, dass sowohl sein Kaiser, sein Senat, an den er in diesem Zusammenhang auch noch dachte, und er selbst über ausreichend Wissen zu den Ereignissen verfügten.

      Er brauchte neue Netze von Spionen und auch eine andere Herangehensweise. Bisher war es oft so, dass er Männer lieferte, die eine Tat ausführten oder auch verhinderten. Nur Beobachten und Berichten kam sehr selten vor. Dafür bedurfte es spezieller Fähigkeiten, eines großen Maß an Geduld und auch Findigkeit dabei, Andere für sich spionieren zu lassen.

      Lartius wusste, warum er für diese Aufgabe Evocati der dritten Klaue anforderte. Die übrigen beide Paare waren nur Boten. Deren Qualifikation konnte deshalb niedriger angesetzt werden. Sie mussten weder Morden, noch selbst Beobachten. Ihnen gedachte er zu, sämtliche in Germanien anfallenden Nachrichten auf schnellstem und sichersten Weg nach Rom zu befördern.

      Für diese Zwecke hätte er auch den Cursus Publicus einsetzen können. Die Schnelligkeit der Beförderung wäre sicher noch größer. Andererseits traute er den Anforderungen der Sicherheit viel weniger. Wie schnell und leicht konnten wichtige Nachrichten verloren gehen? Noch weit gefährlicher wäre es, gelangten in dieser Art beförderte Nachrichten in die falschen Hände… Nein, er bevorzugte einen eigenen und zumal sehr sicheren Weg durch eigene Evocati.

      Er hatte Novius Fadus, die erste Klaue seiner Adler rufen lassen und ihm die Aufgabe gestellt, zwei weitere Paare der Evocati auszuwählen und ihm zuzuführen. Eine Erklärung zur Aufgabe sowie der Zeitpunkt und Ort der Einweisung wurden genannt und Fadus veranlasst, dass er sich nach neuen Evocati umsehen sollte.

      Lartius war entschlossen, den Kurierdienst zwischen Mogontiacum und Rom einzurichten. Ihm schwebte vor, dass zwei Paare sich abwechseln sollten. Während das Eine auf dem Weg nach Rom und zurück unterwegs war, stand für alle Fälle ein zweites Paar zur Verfügung. Sicher ergab sich, in Abhängigkeit der Dringlichkeit zu befördernder Nachrichten, ein gewisser Rhythmus.

      Novius Fadus würde ihm die richtigen Männer bringen. Eine Nachricht sollte keinesfalls länger als vierzehn Tage unterwegs sein und Belletor brachte ihn auf die Idee, die Botschaften in den Hörnern eines Sattels befördern zu lassen…

      Deshalb beauftragte er einen seiner Adler mit der sofortigen Beschaffung neuer Hörnersättel.

      Bisher war es den Adlern der Evocati verwehrt, größere Kontakte untereinander zuzulassen. Jeder Evocati kannte seinen Vorgesetzten und seine Aufgabe. Die Richtigkeit dieses Verfahrens bestätigten bisher erzielte Erfolge. Das Evocati bis zum Kopf der Organisation vordrangen, war eher eine Ausnahme. Eigentlich war er der Erste, dem diese Ehre zuteil wurde.

      Lartius war, zumindest in einigen Teilen der Organisation, zu Veränderungen veranlasst. Dies hing auch mit der anderen Art mancher Aufträge zusammen. Örtliche Spione zu dingen, war bisher keine Gewohnheit. Eine ständige Nachrichtenkette zu stellen, erschien, bis zu den Ereignissen in und um Mogontiacum, kein Erfordernis. Er erkannte, das die Schwierigkeit mancher Aufträge auch ein anderes Vorgehen erzwangen. Lartius passte sich an.

      Wollte er eigentlich besonders wichtige Evocati durch sein Eichenblatt ehren und sich ihm verpflichten, wurde jetzt aus dieser Idee ein Zeichen der Zusammengehörigkeit. Es war nicht so, dass er die grundsätzliche Vorgehensweise veränderte, er schuf nur eine größere, einer Aufgabe zugeordnete Gruppierung.

      Die beiden folgenden Tage im Adlerhorst waren durch eine gewisse Unruhe beeinträchtigt. Männer kamen und gingen.

      Erst verabschiedete Lartius die nach Griechenland reisenden Evocati.

      Trebius Pollio war ein erfahrener Mann und insofern eine gute Wahl, weil Kaiser Nero ihn kannte. Der Adler machte ihm und seinem Begleiter Tullus Veturius die Gefahr, in die sie sich begaben, deutlich. Seinen Worten, sich von Niemand, gleich wer es sei, aufhalten zu lassen und unbedingt so schnell wie möglich zum Kaiser zu gelangen, verdeutlichte den beiden Boten die Dringlichkeit. Mit ganz anderen Worten beschwor er dann die Männer, die Botschaft nur Nero selbst zu übergeben, nicht irgend einem Secretarius und auch nicht Epaphroditos, dem ersten Secretarius des Kaisers. Keinesfalls aber durfte die Botschaft dem Präfekt der Prätorianer, Tigellinus, bekannt werden! Dann schickte er die Evocati auf die Reise.

      Am Morgen des Folgetages trafen, fast zur gleichen Zeit, die übrigen Evocati ein. Auch Belletor betrat erneut den Adlerhorst.

      Aquila Denter ließ die Ankommenden in unterschiedliche Aufenthaltsräume führen, die in diesem Gebäude reichlich zur Verfügung standen, und den Kopf der Adler benachrichtigen.

      Lartius rief eine seiner Bediensteten und erteilte ihr den Auftrag zur Wundversorgung. Anschließend suchte er die ausgewählten Evocati auf, ließ diese sich nach einem jeweils nur kurzem, unbedeutendem Gespräch die Ketten mit dem Eichenblatt umlegen und forderte anschließend zum nochmaligen, sofortigen Abnehmen auf.

      Es geschah, was kommen musste. An strikte Ausführung von Befehlen gewöhnt, schaffte es dennoch keiner der Männer, die Kette erneut zu öffnen oder gar vom Hals zu reißen.

      Dafür schnitten sich sechs Männer in den jeweils rechten Zeigefinger ihrer Hand. Das alle die gleiche Verletzung davontrugen, lag auch daran, dass Legionäre grundsätzlich mit der rechten Hand ihren Gladius zogen. Also griffen alle auch einheitlich mit dieser Hand zur Kette, schoben, in Verkennung der Widerborstigkeit und Schärfe des Metalls, den Zeigefinger darunter und schnitten sich, je nach aufgewendeter Kraft, tief in den Finger.

      Die Wunden begutachtend, grinste Lartius die Überraschten an, rief das Weib zur Wundversorgung und brachte die so geprüften und überlisteten Männer in den vom Aquila