Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G. K. Grasse
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Die Legende vom Hermunduren
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347036130
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kannten den Schmerz, zumal dieser eher unbedeutend ausfiel…

      Lartius begrüßte die Männer.

      „Evocati, ihr kennt mich nicht, aber ich euch! Ihr alle dient mir, denn ich bin der Kopf der Adler! Seht euch ruhig gegenseitig an, denn ihr werdet alle an einem sehr schwierigen, sehr gefährlichen und sehr neuen Auftrag arbeiten. Ich gebe euch den Auftrag, ich der Aquila!“

      Lartius gab den Männern Zeit, sich mit der Lage abzufinden.

      In dem er sich selbst als ‚Aquila’ bezeichnete, tauchte er in der Anonymität unter. Was sollte die Männer ein Name interessieren? Und wenn es dennoch ein Name sein musste, warum dann nicht dieser, der letztlich nur eben ‚Adler bedeutete. Sollten sie ihn Adler nennen, denn er war doch der Adler!

      „Ich will euch sagen, was ihr voneinander wissen müsst und was euch nicht zu interessieren hat! Gleichfalls sage ich euch, wer wem Befehle erteilt.“ Wieder wartete er einen Augenblick.

      „Jeder von euch kennt seinen Partner, dort wisst ihr alles übereinander. Hier kennt ihr nur eure Vornamen und nur mit diesen sprecht ihr einander an! Der Mann dem ihr gehorchen werdet, ist Belletor.“ Der Genannte gab ein Zeichen, so dass dieser zu erkennen war.

      „Ihr wisst, warum das so ist! Vor euch liegt eine lange Reise nach Germanien, nach Mogontiacum. Ihr werdet die Reise zum Ziel getrennt aufnehmen. Jedes Paar erhält einen anderen Weg. Diese Wege sind immer einzuhalten, damit wir euch, falls ihr einmal aufgebracht worden seid, finden können…“

      „Der Mann, dessen Befehle ihr ausführt, ist der Evocati Belletor! Er wird bei Notwendigkeit, unter diesem Namen, innerhalb der Legio XXII Primigenia gefunden! Euer Ziel der ersten Reise ist eine Taverne an der Straße nach Mogontiacum. Folgt der Straße am Fluss Rhenus und in der Nähe des Vicus Weisenau stoßt ihr auf ‚Tanicus Taverne’. Ihr reitet zwangsläufig daran vorüber. Ein Schild mit diesem Namen klärt jeden Gast auf… Das Gasthaus ist neu, der Wirt ein früherer Centurio. Er ist, nach Belletors Schilderung, ein guter und ehrlicher Mann. Dieser Tanicus kennt Evocati, aber nicht die Adler. Begegnet ihm ehrerbietig, doch offenbart nicht euren Auftrag und wer ihr seid. Gebt ihr einen Namen an, dann stimmt der Vorname und alle weitern Namen sind falsch!“

      Lartius wartete, bis die Männer diese Anweisungen verdaut hatten.

      „Ihr erkennt euch untereinander an den Narben, die ihr an den Fingern davon tragen werdet. Verzeiht meine Hinterlist. Belletor, halt jedem einmal deine Pranke vor die Nase, damit ein jeder die kleine Narbe erkennt. Männer mit solcher Narbe verdienen Vertrauen. Davon gibt es hier im Adlerhorst, mit mir nur vier. In Mogontiacum kommt noch ein Mann dazu, der noch über Belletor steht! Seinen Namen braucht ihr nicht wissen! Belletor kennt den Mann, das genügt!“ Lartius wartete auf Einwände oder Fragen. Die Männer aber blieben still.

      „Ihr alle seid eigentlich nur Boten wichtiger und sehr vertraulicher Nachrichten. Ihr erhaltet versiegelte Dokumente, die ihr sicher befördert. Belletor, tritt doch einmal nach Nebenan. Dort liegen einige Sättel, die deinem gleichen. Hole dir einen!“

      Belletor tat wie geheißen und knallte den Sattel vor den Evocati auf den Tisch.

      „Zeige den Männern, wo du die Nachricht verbirgst!“

      Belletor zückte einen seiner Dolche und schnitt die Nähte der Hörner auf. Plötzlich lagen kleine hölzerne Gefäße auf dem Tisch. Lartius, der diese zuvor in der Hand hielt, schob Belletor eines zu.

      Der Evocati verstand und fügte das Gefäß in das freigelegte Horn.

      „Geht und holt euch die übrigen Sättel!“ Es entstand etwas Unruhe, die sich aber schnell wieder legte. Diese Evocati waren erfahren und auch diszipliniert.

      „Schneidet alle das jeweils linke größere Horn auf und verstaut die Holzschachteln. Belletor wird euch später zeigen, wie der Sattel vernäht und die Naht unkenntlich gemacht wird. Doch jetzt lasst die Sättel!“

      Er wartete. Als ihm alle wieder ihre Aufmerksamkeit schenkten, setzte er fort. „Es ist immer das linke hintere Horn. Achtet darauf, dass eine neu gezogene Naht den Ort der Botschaft verraten kann…“ Lartius dacht auch an diese Kleinigkeit.

      „Wenn ihr in der Taverne des Tanicus ankommt, lasst euch ein Zimmer geben und wartet dort, bis euch Belletor holt. Er wird euch unterbringen und wird euch alles Notwendige, was ihr vor Ort zu beachten habt, dort zeigen.“ Die Männer nickten und gaben so ihr Verständnis kund.

      „Erteilt euch Belletor einen Befehl und übergibt Dokumente, erwarte ich diese innerhalb von nur vierzehn Tagen hier in Rom, in diesem Adlerhorst. Ihr reitet ein, übergebt euer Pferd und kommt mit dem Sattel zu mir. Einer der Bediensteten wird euch führen.“

      Lartius gab erneut Gelegenheit zum Stellen von Fragen. Als diese ausblieben, stand er auf.

      „Belletor, zeig den Männern, wie der Sattel vernäht wird, Faden und Nadeln findest du nebenan! Dann kommst du mit Ancus und Mamercus zu mir. Die Ledermappen vor euch enthalten die Passwege, die euch zugeordnet sind. Prägt sie euch ein! Jede Nachricht wird immer vom ganzen Paar befördert. Ein letzter Wink von mir…“ Lartius wartete, bis sich alle wieder ihm zuwandten.

      „Ihr könnt mit zwei Pferden die ganze Strecke reiten oder euch auf eurem Hinweg eine Kette aufbauen… Es ist euch überlassen… Vierzehn Tage…“ warf er noch einmal in den Raum und zog sich zurück.

      Unter Belletors Anweisung dauerte es nicht lange, die Sättel zu vernähen.

      Die Nähte in der Angleichung begutachtend, gab er noch den Hinweis Russ oder Asche zu verwenden. Dann forderte er die Männer, die der Adler genannt hatte auf, ihm zu folgen.

      Lartius wartete schon.

      „Setzt euch! Eure Aufgabe ist wesentlich umfangreicher und es erfordert einige Zeit, euch die ganze Sache zu verdeutlichen. Ihr drei reitet gemeinsam. Zu euch wird noch ein Mann stoßen, der nicht zu uns gehört, aber dennoch Belletor von Mogontiacum bis Rom begleitete. Sage uns, was wir zu diesem Mann wissen sollten…“ Er wandte sich an Belletor.

      „Herr, sein Name ist Sextus Sicinius Sexinius! Sexinius reicht aus. Er ist jünger als wir und war einst ein Centurio der Legio XXII Primigenia. Seine Verletzung in einem Kampf war so schwerwiegend, dass ihn selbst beste Freunde für tot hielten. Eine alte germanische Heilerin fand ihn und flickte ihn zusammen. Erschreckt nicht, falls ihr einmal seine Narben seht… Ich habe schon Einiges erlebt, aber so etwas sah ich noch nie lebendig… Dass der Mann noch lebt, grenzt an ein Wunder. Er ist ein ruhiger Gefährte, leicht zu handhaben, nur sollte ihn keiner reizen. Ich weiß, dass er den Tod nicht fürchtet und auch, dass er treu zu einem Freund, sowie zu Rom, steht. Das sollte genügen! Vielleicht noch eine Sache. Er ist mein Freund und darüber hinaus Mitglied einer Gruppe Gleichgesinnter, für die er in den Tod geht, falls dies erforderlich wäre… Dies beinhaltet, dass seine Freunde ihm den gleichen Dienst erweisen werden… “

      Lartius nickte und damit war Sexinius Vorstellung abgeschlossen.

      Der Rest des noch langen Tages diente der Erklärung des Auftrages. Es wurde nicht nur ein sehr langer, sondern auch ein sehr anstrengender Tag für die erwählten Evocati.

       6. Der Kniefall

       66 nach Christus - Sommer (22. September)

       Imperium Romanum – Mogontiacum

      Am wohl letzten sonnigen Sommertag traf der Reitertrupp Irvins an Eponias Taverne ein. Fast zur gleichen Zeit legte, unweit der gleichen Taverne, Boiuvarios Liburne an, so dass sich die Männer, die sich vor Tagen trennten, erneut vereinten.

      „Was, ihr seid eben erst eingetroffen, Irvin?“ forderte Boiuvario den Krieger der Hermunduren heraus. „… und dies, obwohl euer Weg nur halb so lang ist… Bei welcher Schönen bist du eingekehrt?“

      „Von wegen Schöne… Einige Chatten statteten uns in der Nacht einen Besuch ab… Ihnen gefielen wohl unsere Pferde und vielleicht waren sie auch auf unsere Ohren erpicht…“

      „… die sind doch