Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G. K. Grasse
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Die Legende vom Hermunduren
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347036130
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folgende Gespräch könnte sehr lange dauern und dabei zu sitzen war weit angenehmer. Zumal er auf den guten Falerner Wein wartete, an den er sich sehr gern erinnerte.

      „Du bist recht schweigsam, Legionär…, hat dich etwas verärgert?“

      „Nein, Herr! Die Reise war deshalb gut, weil ich einen guten Begleiter besaß… “

      „Wo ist Tremorinus?“ Lartius, der Kopf der Adler der Evocati, klang überrascht.

      „Herr, dort wo er sein sollte… in Mogontiacum!“

      „Wer war dann dein Begleiter?“

      „Ein Freund, Herr!“

      „… und er verließ dich erst vor unserem Tor…“

      Belletor lächelte. Sollte ihm der Adler eine solche Dummheit zutrauen? Sicher wohl nicht und dennoch, diese Frage zu unterlassen, wäre Leichtsinn. Deshalb schüttelte er langsam seinen Kopf.

      „Ich weiß, so dumm bist du nicht!“ Auch der Aquila lächelte.

      „Können wir zum Schluss noch einmal auf meinen Begleiter zurückkommen, Herr?“

      „Ja doch…“ Der Aquila, dessen römischer Name Lartius lautete, wirkte etwas ungeduldig. „Wie geht es unserem Tribun?“

      „Dem geht es Bestens, der wird ständig älter, aber auch reifer und legt langsam sogar seine Prahlerei ab. Als ich ihn zum letzten Mal in voller Fahrt erlebte, kamen wir gerade in Mogontiacum an…“ Schemenhaft glitt die Aufschneiderei seines Gefährten in Tanicus Taverne durch seine Erinnerung.

      „Dann scheint es bei euch wohl heiß herzugehen?“

      „Das kann leicht so bezeichnet werden…“ Belletors Erinnerungen schweiften erneut ab. Er sammelte sich und ergänzte: „Herr, ich weiß nicht, was du bisher über so einige Vorfälle in Mogontiacum gehört hast, deshalb fehlt mir der richtige Anfang…“

      „Dann gehe ruhig davon aus, dass du der einzige Bote von dort bist…“ erwiderte Lartius und lächelte erneut.

      „Herr, so richtig kann ich das kaum glauben…“ wagte Belletor einzuwerfen. „Immerhin lebst du fast Tür an Tür mit dem Kaiser Roms und ich kann mir kaum vorstellen, dass unser aller Widerpart am Rhenus sich noch nicht bei Kaiser Nero gemeldet hätte, um sich über unseren Legat zu beschweren…“ Belletor sah, wie der Aquila aufhorchte.

      „… und wenn dem so wäre? Glaubst du unser Göttlicher ruft mich wegen einer Kleinigkeit, die in irgend einer Legion vorfällt?“

      Entweder Belletor täuschte sich oder der Kopf der Adler wirkte irritiert. „Herr, ist der beabsichtigte Mord an einem Legat solch eine Kleinigkeit?“

      Bisher glaubte Lartius nur an eine kleine Plänkelei mit seinem Evocati, obwohl er schon vermuten durfte, dass dessen plötzliches Auftauchen einen wichtigen Grund besaß. Aber einen Mord an einem Legat…

      Andererseits stimmte es, sein letzter Besuch beim göttlichen Nero lag schon über einen Monat zurück. Das war zwar kein zu langer Zeitraum, dennoch verwunderte er sich über die recht plötzlich bekannt gewordene Reise nach Griechenland. Merkwürdigerweise erfuhr er erst davon, als alles bereits entschieden und somit zu spät war, auf bedenkliche Entwicklungen verweisen zu können… Seine Bitte um eine Audienz wurde seinerzeit entschieden zurückgewiesen.

      Lartius sinnierte über die Zusammenhänge nach. Wusste der Kaiser vielleicht gar nichts von der Zuspitzung in Mogontiacum? So wie auch er selbst, erst jetzt aus Belletors Worten, von diesen vernahm? Wenn der Kaiser davon Kenntnis hätte, dann wäre er doch sicher gerufen worden?

      Plötzlich begriff Lartius eine unterschwellig auf ihn und das Imperium zurollende Gefahr. Der Kaiser wusste nichts! Der Kaiser trieb sich in Griechenland herum um Siege in Wettkämpfen zu erringen… Hier aber würden alle möglichen Würmer aus ihren Löchern kriechen und wenn dann in Mogontiacum ein kleiner Stein ins Rollen kam, konnte sich dieser hier in Rom zu einer Lawine erweitern… Wusste der Senat vielleicht gar mehr als er oder sein Kaiser?

      Halt, stoppte sich der Aquila selbst und blickte Belletor neugierig an.

      „Wer sollte ermordet werden?“ fragte er vollkommen sachlich.

      „Verginius Rufus war das Ziel!“ Lartius sprang überrascht auf.

      Das war schlimmer als er vermuten durfte. Beherrscht setzte er sich schnell wieder in seinen gewaltigen Arbeitsstuhl.

      „Mir scheint, du solltest der Reihe nach und alles Wesentliche berichten. Fang damit an, wer diese Tat versuchte…“

      „Gut Herr, eigentlich begann alles damit, dass der Statthalter, Scribonius Proculus, unseren Legat, Verginius Rufus, zur Teilnahme am Stapellauf einer neuen Liburne aufforderte und sich dies im Nachhinein als eine Falle herausstellte… “

      Belletors Bericht dauerte Stunden.

      Geduldig hörte der Kopf der Adler der Evocati zu, unterbrach nicht, stellte keine Fragen, goss aber stets vom Wein und Wasser nach, wenn der Inhalt in Belletors Pokal zur Neige ging.

      „Bist du nun fertig?“ Das waren Lartius Worte, als er ein Ende des Berichts zu erkennen glaubte. Belletor nickte.

      Lartius stand auf und zog an einer neben der Tür befindlichen Schnur. Ein Weib erschien.

      „Wir haben Hunger, tische auf!“ befahl Lartius und Belletor gewahrte bald die Bemühungen zweier Weiber, eine reichliche Tafel zu bestücken. Die Weiber nutzten dazu des Aquila Arbeitstisch und es schien, als geschähe dies oft.

      Lartius hatte sich erhoben und war zum Fenster getreten.

      Ein Blick durch dieses sagte Belletor, dass es dort nicht viel zu sehen gab. Also wappnete er sich mit Geduld.

      Der Tisch war gedeckt und der Aquila setzte sich.

      „Greif zu, Freund und ziere dich nicht…“ forderte Lartius ihn auf und Belletor sah keinen Grund, die Köstlichkeiten auf der Tafel zu missachten.

      Zum Bericht schwieg sein Gegenüber.

      Trotzdem Belletor mit den Speisen arg beschäftigt war, entging ihm nicht, dass Lartius langsam, geduldig und sorgfältig wählend, aß. Also nahm er das gleiche Recht für sich in Anspruch. Der Ältere lehnte sich nach einiger Zeit, wohl gesättigt und zufrieden, zurück. Die anschließende Beobachtung ließ Belletor über sich ergehen.

      Erst als der Aquila das Erlahmen in Belletors Bemühungen gewahrte, sprach er ihn wieder an.

      „Warum Legionär beschützte ein Germane den Legat? Hast du beim Alter des Hermunduren nicht etwas untertrieben? Wenn das, was du sagst stimmt, verstehe ich den Grund für seine Handlungen nicht…“

      „Herr, jedes Wort zu diesem Hermunduren Gerwin stimmt. Er ist zu jung für sein Wissen und Begreifen, zu jung für seine Erfahrung im Kampf, beherrscht zu viele Waffen und kann wirklich ohne Waffe töten… Das Schlimmste aber ist, dass er immer im Voraus weiß, was sich ereignen könnte… Ich habe nie erlebt, dass keine seine geäußerten Voraussichten zutraf… “

      „Hat dieser Bursche wirklich erfahrene Triarii ohne Waffen besiegt?“

      „Herr, wenn ich es doch sage…“

      „Bemerkenswert, ungewöhnlich, verblüffend…“ murmelte der Aquila vor sich hin. Dann raffte er sich auf und lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Bemühungen der Kelten um Legionen am Rhenus.

      „Dieser Eporedorix, dieser Vergobret, machte sowohl Verginius Rufus und auch dem Statthalter Angebote?“

      „Legat Fabius Valens soll auch betroffen sein…“ ergänzte Belletor.

      „Ja, ja, ich habe schon verstanden…“ unterbrach ihn der Aquila.

      „Die beiden Brüder Scribonius, Proculus und Rufus, Statthalter in den beiden Germania Exercitus, buhlen um des Senats Gunst und wenn Verginius Rufus nicht so ein Sturkopf wäre, hätte der Kaiser längst zumindest sieben Legionen verloren, ob nun