Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G. K. Grasse
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Die Legende vom Hermunduren
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347036130
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Bruders. Diesem rannte er vom ersten Tag des alleinigen Laufens nach, ihm stimmte er immer zu und für ihn log er und wenn es nötig war, betrog er auch.

      Das hinderte die Mutter, ihm ihre Wärme zu bezeugen. Er spürte es und dankte ihr immer, wenn es dann, in den recht drastischen Augenblicken galt, dem Zorn des Vaters zu begegnen. Dann war die Mutter an seiner Seite. Sonst spürte er sie wenig.

      Deshalb fiel ihm der Abschied aus dem Elternhaus nicht schwer, als er seine Zeit der Lehre antrat. Servius war sich bewusst, ein harter, aber gerechter Mann werden zu wollen und er wurde es. Er war auch hart gegen sich selbst.

      Zum Einen zwang ihn der Dienst auf den Schiffen fremder Trierarchus dazu. Dort lernte er Unterordnung und Respekt. Sein Aufstieg begann beim Schiffsjungen und endete vorerst als Gubernator. Er war Rojer, Matrose und Segelmeister, Gehilfe des Gubernator und endete als Gubernator. Erst zu diesem Zeitpunkt kehrte er heim.

      Er war Mitte Zwanzig und wusste mit sich nichts anzufangen.

      Noch besaß der Vater kein eigenes Schiff, also ging er auf anderen Schiffen auf Fahrt. Irgendwann, in diesen Tagen, stieß er auf die Frau, die einmal die Mutter seiner Jungen werden sollte…

      Dann nahm ihn der Vater eines Tages bei der Hand und schleppte ihn zum Portus Romae. Er zeigte ihm eine ärmliche Corbita, deren beste Tage längst vorüber waren. Gemeinsam gingen sie an Bord und besichtigten diese schwimmende Nussschale. Der Vater zeigte ihm mit Stolz seinen neuen Besitz und als sich Servius über das Alter und die Baufälligkeit abfällig äußerte, lernte er seinen Vater von einer neuen Seite kennen.

      Es war nicht Zorn, was aus dem Vater sprach, sondern nur ein leises Bedauern. Es ging ihm mehr ins Herz und in seinen Verstand, als er jemals zugeben würde.

      An diesem Tag erfuhr er, wie sein Vater das Erbe von dessen Vater übernahm und wie groß dieses war. Die Zahl der Münzen, die sein Vater einst erbte, gab er selbst jeden Monat für Wein und Öl aus.

      Der Handel des Großvaters begann, nach dem dieser aus der Legion ausschied, nur langsam zu wachsen. Dennoch nahm sein Vater den Besitz an und mühte sich von diesem Tag an selbst ab.

      Servius begriff an diesem einen Tag, dass sein Vater ein Recht auf seinen Stolz haben durfte, auch wenn es sehr mutig erschien, mit dieser Corbita das Mare Mediterraneum zu befahren.

      Seine Liebe zu dieser Nussschale begann nur langsam zu wachsen, so wie seine Söhne… Bald liebte er das kleine Schiff, so wie seine Söhne.

      Die Trennung von den Söhnen fiel ihm schwer, als sie, im entsprechenden Altersabstand, in die Lehre zu einem anderen Trierarch gingen.

      Eines hatte er am Leid seines älteren Bruder begriffen. Mussten die ersten Jahre einer Lehre seiner Söhne auch in der Fremde beginnen, damit ein neu heranwachsender Trierarch die Härten dieses Lebens begreifen konnte, sollte der Abschluss dann aber auf dem eigenen Schiff und unter der Führung seiner eigenen Erfahrungen vollzogen werden.

      Weil seine beiden Söhne im Alter drei Jahre Abstand aufwiesen, holte er den Älteren zu sich, als der Jüngere beim gleichen Trierarch zu lernen begann. Im Nachhinein war er glücklich über diesen Entschluss.

      Seine Söhne verfügten über ein fast gleiches Maß an Können und Charakter. Was auch sollte dabei herauskommen, wenn beide seine Söhne waren und ihr Können bei gleichen Lehrern errangen?

      Dann kam der Tag, wo sein Vater ihm die neue Corbita, fast doppelt so groß wie die Nussschale, übergab. Er ging von Bord der kleineren Corbita und überließ seinem älteren Sohn das in Ehren ergraute Gefährt.

      Nur drei Jahre später verließ der ältere Sohn die Nussschale, um sie dem jüngeren Bruder zu überlassen. Sein Vater ließ sich eine weitere Corbita bauen und dort durfte dann sein älterer Sohn fortsetzen…

      Servius Versatius war stolz und glücklich. Sein Reichtum nahm zu, denn jede Fahrt, auch die der Söhne, brachte ihm Gewinn.

      Irgendwann in dieser Zeit bemerkte er erst kleinere Spannungen zwischen dem älteren Bruder und dem Vater. Proculus beschwerte sich bei ihm und er versuchte zu vermitteln. Dies aber brachte den Vater auf. Er erinnerte sich noch gut an des Vaters Warnung, die er aber verlachte.

      „Höre Servius, dein älterer Bruder ist nicht so klug, wie ich mir wünsche. Er neigt zu unbedachten und risikoreichen Geschäften und wenn ich nicht hin und wieder eingreife, wirtschaftet er uns in den Ruin. Seine Klagen, er kommt doch zu dir um zu klagen, sind grundlos. Hüte dich vor deinem Bruder. Du hast zwei gute Söhne, die sich als Trierarch prächtig schlagen. Er aber nur zwei Taugenichtse, die unser Geld verprassen wollen…“

      Damals stimmte er dem Vater nur in den zwei letzteren Warnungen, die Söhne betreffend, zu. Was den älteren Bruder anbetraf, glaubte er der Warnung nicht.

      Die Mutter erkrankte und starb bald darauf. In der Zeit der Trauer drängte der ältere Bruder den Vater aus dem Geschäft.

      Zuerst schien sich nichts zu verändern. Dann blieben ihre Schiffe öfter länger im Hafen. Den Bruder zur Rede gestellt, hörte er immer nur, dass Andere die Schuld trugen.

      Der Vater verkümmerte langsam. Das Alter zerrte an ihm. Er schien aufzugeben.

      Servius selbst war kein Händler. Die Schiffe, inzwischen sein Eigentum, zwangen ihn, wollte er sie behalten, zu Entscheidungen. Also begann er, sich selbst Ladungen zu beschaffen und zu transportieren. Seine inzwischen bedrohliche Lage entspannte sich. Die Söhne und er verfügten über ausreichend Aufträge, fuhren oft im Konvoi und er glaubte schon, sich befreit zu haben.

      Doch dann kam das bittere Ende. Sein Vater starb.

      Kurz darauf forderte der ältere Bruder die Übernahme von Waren und deren Transport nach Carthago Nova. Er habe einen Silbertransport von dort nach Rom und brauche die zwei größeren Corbita.

      Servius lehnte ab.

      Seine Söhne waren in den Gewässern zwischen den Inseln der Griechen und Kreta unterwegs. Wie sollte er diese dort erreichen? Gewiss würde noch ein Monat vergehen, bevor beide erneut in Ostia anlegen konnten. Er selbst könnte in drei Tagen segeln, versicherte er.

      Der Bruder tobte und beschimpfte ihn. Es war ein sehr heftiger Streit, in dem auch er mit dem Älteren nicht glimpflich verfuhr und so steigerten sich beide in eine Auseinandersetzung, die kaum auf eine gemeinsame Zukunft hindeutete.

      Die Warnung des Vaters war ein genauso strittiger Gegenstand, wie der Vorwurf des Bruders an Servius, zu dessen angeblicher Unfähigkeit und seinen Verrat an Vaters Tradition.

      Servius war hinsichtlich der Kraft und der Klugheit dem Älteren ebenbürtig, so zumindest empfand er. Der Bruder dachte wohl nicht so…

      Dann tauchte dieser verfluchte Rechtsverdreher auf, forderte Einsicht in Dokumente, die sein Erbe betrafen und verschwand, ohne jede Bemerkung. Den Besuch dieses Mannes vergaß er zu schnell.

      Nur wenige Wochen später erhielt er die Aufforderung, in Rom vor Gericht zu erscheinen. Er wunderte sich, glaubte aber nicht ernsthaft an eine Gefahr.

      Der Bruder verklagte ihn, einen Teil dessen Erbes an sich gerissen zu haben und forderte die Rückgabe dieses Besitzes und jeglichen Gewinns aus der Handelstätigkeit, wie auch seine Schiffe.

      Das entscheidende aber war, dass der Bruder ihn derart überrumpelte, dass noch am gleichen Tag das Urteil verkündet wurde. Ihm blieb nicht einmal die Zeit, seine Urkunden vorzulegen und somit jedes Unheil abwenden zu können.

      Innerhalb einer Woche war er seinen gesamten Besitz los. Der Bruder und seine Schergen nahmen ihm sein Eigentum und als seine Schiffe einliefen, wurden diese schon vor dem Hafen von Proculus aufgebracht und der an Bord befindliche Gewinn sowie die Waren beschlagnahmt.

      Als mitteloser Mann war er sehr schnell auch nahezu rechtlos geworden. Zur Vertretung seiner Klage brauchte er einen versierten Anwalt. Doch genau diesen Mann zu finden, gelang ihm nicht. Wie auch, ohne den Besitz nur einer einzigen Münze…

      In dieser Lage erkannte er, dass sein älterer Bruder nicht wegen ihres Streites aus Zorn handelte, sondern längst schon eine