Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G. K. Grasse
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Die Legende vom Hermunduren
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347036130
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Frage wirkte zögerlich und das Nicken des Hostus bestätigte seine Erinnerung.

      Mit einem Mal war ihm klar, was Proculus zum Verhängnis wurde…

      In seiner Gier wählte Proculus einen der besten Trierarch für die Corbita und missachtete die Bande der Freundschaft zwischen Servius und diesem Mann, der einst auch seine Söhne ausbildete.

      Servius begriff, dass sich wirkliche, familiäre Zuneigung genauso wenig kaufen ließ, wie wahre Freundschaft! Er musste schmunzeln und dies war für ihn, in der entstandenen Situation, schon fast wie ein schallendes Lachen.

      Er nahm den verdutzten Hostus in die Arme, drückte ihn kräftig und flüsterte ihm zu „Wenn dieser Streich gelingt, hast du ein neues zu Hause, mein Junge! Beobachte den Kerl, doch lass ihn in Ruhe gewähren… Jetzt sind wir im Vorteil!“

      Damals löschte er alle Lichter und schob Hostus dann ins Freie.

      Zwei Tage später hörte er, im Portus Romae weilend, von der Ankunft seines ehemaligen Schiffes und suchte dieses auf.

      Er hielt sich fernab der Corbita auf und glaubte sich unbeobachtet. Es war schon schmerzhaft, den Bruder von Bord seines Eigentums gehen zu sehen und wog er in diesem Moment zwischen seinen Brüdern ab, neigte sich die Wage seiner Zuneigung deutlich dem Jüngeren zu.

      Servius war so in seine Gedanken versunken, dass er den sich langsam nähernden Mann nicht bemerkte und aufschreckte, als sich dessen schwere Hand auf seine Schulter senkte.

      „Herr, bitte bleib sitzen und sieh dich auch nicht um. Proculus hat überall seine Spitzel und ich habe kein Verlangen nach der Spitze eines Dolches… Bestimmt hast du meine Stimme schon erkannt, Herr… Gib mir etwas Zeit, von dir zu weichen… Dann gehe in dein Zuhause und ich werde dir folgen… Dort wo du einst lebtest, fand ich dich nicht und so wartete ich beim Portus…“

      „Ja, ich erkenne deine Stimme Numa Durio, mein treuer Segelmeister.“ flüsterte Servius. Der Angesprochenen verzog sich und Servius Versatius wartete, wie ihm geraten worden war. Dann schlenderte er an seiner Corbita vorbei, verließ den Portus und schritt in Richtung des Forums von Ostia.

      Um den Ort seiner Wahl zu erreichen, musste er über den Tiberis. Ein Boot brachte ihn zum anderen Ufer. Auf dem Forum zögerte er, doch seinen Segelmeister konnte er nicht erblicken. Also umrundete er das Forum, bevor er den Weg zu seiner ärmlichen Hütte einschlug.

      Doch in diesem Moment verwehrte ihm die Gestalt und Stimme des Segelmeisters die Fortsetzung seiner Schritte.

      „Herr, ich grüße dich. Verzeih, wenn ein Teil meiner Höflichkeit verborgen bleibt. Ich bin zu sehr erschüttert, von deinem Anblick. Keiner von uns wusste bisher, von den Vorgängen, denen du Tribut zolltest. Auch musste ich dich etwas warten lassen, wollte ich doch sehen, wer dir folgte… “

      „Es ist gut, einen ehrlichen Mann zu hören… Ich habe Verständnis für deine Überraschung und danke dir für dein Kommen…“

      „Dann bin ich wohl nicht der Erste?“

      „Nein, eigentlich bist du der Dritte…“

      „Der Letzte also doch…“ knirschte die etwas eigenartig klingende Stimme neben Servius. Diese Stimme, tief und rauchig klingend, war Numas unverkennbares Zeichen.

      Numa war nicht ganz so alt wie er selbst und dennoch verband sie beide eine langjährige Freundschaft, die in mancher Schlägerei in den Kneipen ferner Häfen geschmiedet wurde. Numa war groß wie er selbst, aber wesentlich breiter und seine Fäuste konnten eine Tischplatte mit nur einem Schlag zum Bersten bringen. Traf die Faust an einen Kopf, war es zumeist mit dem Beißen und Kauen vorbei…

      Numa besaß noch zwei andere Vorteile. Er war auf eine gewisse Art klüger als nahezu alle übrigen Matrosen und Rojer. Außerdem war er im Grunde ein gütiger und zufriedener Mensch.

      „Du musst nicht traurig sein…“ versuchte er den Großen zu besänftigen.

      „Bin ich nicht, denn ich bringe dir etwas, worauf du kaum kommen würdest…“ brummte der Segelmeister.

      „Du machst mich neugierig… Der Erste von euch brachte mir Hoffnung und ich bin mir sicher, dass er uns jetzt beobachtet und für meinen Schutz sorgt… Der Zweite brachte mir einen gefüllten Beutel…“

      „Du meinst Hostus, Herr, und Herenus?“

      Servius nickte nur und sie verstanden einander auch ohne Worte.

      „Was bringst du?“

      „Nicht mehr und nicht weniger als die Zuneigung der Männer deiner alten Mannschaft… Ich weiß zwar nicht, ob es alle von denen zurück bis Ostia schafften, ob der Eine oder Andere vielleicht auch schwimmen oder in einem anderen Hafen abheuern musste… Aber bevor ich von Bord ging, waren wir uns einig.“

      „Dann erzähle auch du mir, was sich zutrug. Kenne ich alle eure Berichte, weiß ich mich besser gegen diesen niederträchtigen Bruder zu wehren.“

      Also berichtete auch Numa Durio. Als er endete, besaß Servius nur noch eine einzige Frage.

      „Wer, Numa, war dein letzter Trierarch?“

      Der Name bestätigte die ganze Wahrheit und jetzt wusste Servius seinen Hass und seine Zuneigung endgültig neu zu ordnen.

      Was in den nächsten Tagen geschah, führte für ihn und Proculus zu einer einschneidenden Veränderung.

      Der von Novius Herenus gesuchte und gefundene Anwalt erschien bei ihm, hörte seine Absicht, vernahm die Zeugen, auch Männer der Mannschaft der Corbita und beantragte die erneute Aufnahme der damaligen Klage.

      Das Urteil seiner Vernichtung wurde als ungültig erklärt. Zornige Duumviri, die sich von Proculus getäuscht sahen, nahmen die Suche nach dem Täter des unglücklich verschiedenen Anwalts auf und fanden den Mann, der dann auch noch zugab, dass Proculus ihn zur Tat gedrängt hatte.

      Servius Versatius bekam nicht nur die ihm vom jüngeren Bruder vermachte Menge des Bernsteins, er erhielt auch seine Schiffe zurück und einen Schadenanteil, den Proculus zu begleichen verpflichtet war.

      Am Ende war Proculus Besitz auf eine Winzigkeit zusammen geschmolzen, um den sich die beiden Söhne stritten. Proculus wurde für den in Auftrag gegebenen Mord und seine zahlreichen Verfehlungen als Geschäftsmann, den von ihm begangenen Betrug und die Lügen, zur Sklaverei verurteilt.

      Diese Verurteilung und dessen Verkauf außerhalb Roms nahm noch einen Aspekt an, der Servius letztlich zwar betrübte, dann aber in eine Hochstimmung versetzte. Proculus verschwand als Sklave in einem der Silberbergwerke in der Nähe von Carthago Nova. Er wurde schneller dorthin verbracht, als Servius erwartet hätte.

      Die Strafe und auch der Ort der Verbüßung waren einerseits für die Familie der Versatius ein massiver Schaden, der den Ruf seines Vaters fast vollkommen auslöschte. Wer wollte sich schon an Proculus Versatius erinnern, waren doch mit diesem Namen, auch die einstigen Verdienste seines Vaters verbunden…

      Doch Servius Versatius, dem Trierarch, standen wieder alle Türen offen. Das Bemerkenswerte dabei war die Tatsache, dass seine Enteignung damals in nur wenigen Tagen vollzogen wurde, während seine Rehabilitierung länger als einen Monat dauerte. Trotzdem bewies der Vorgang, wie schnell Rom bei einer Enteignung und auch bei einer Korrektur gemachter Fehler vorgehen konnte…

      Jetzt saßen seine beiden Söhne, noch immer in der ärmlichen Hütte, vor ihm am Tisch und er setzte sie von allen Vorgängen in Kenntnis.

      Hatte er bisher entschieden geschwiegen, brodelte nun die ganze Wahrheit aus ihm heraus. Die Söhne hörten und staunten. Dieser Tag verging und auch der größte Teil des Nachfolgenden, bis der Vater sein Leid, sein Unglück, seine Zuversicht und Hoffnung auf die Söhne übertragen hatte.

      Zuerst saßen diese schweigend und ungläubig vor ihm, dann jedoch entspannten sie sich. Sie hatten Fragen, viele Fragen und als alle eine Antwort gefunden hatten, gelangte der Vater an das Ende seiner Worte.

      Sertor und Volero Versatius, die Söhne des Servius,