Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: G. K. Grasse
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия: Die Legende vom Hermunduren
Жанр произведения: Контркультура
Год издания: 0
isbn: 9783347036130
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      Jeder Anwalt, den Servius anfragte, lehnte mit merkwürdigen Gründen ab und als er darüber nachdachte, gelangte er zu dem Schluss, dass der Anwalt, der ihn vertreten wollte, von seinem Bruder zerschmettert worden wäre. Proculus verstand es meisterhaft das Spinnennetz von Verpflichtungen und Beistand so zu knüpfen, dass dieses, nach dem Tod des Vaters, jeder Belastung standhielt.

      Das Merkwürdige in den nachfolgenden Tagen war der Umstand, dass plötzlich der Anwalt des Bruders verstarb. Erst erkrankte dieser, dann starb der Mann und das Wort ‚Gift machte die Runde…

      Sofort tauchte sein Bruder auf und beschuldigte ihn der Tat. Er brachte auch zu diesem Anlass gleich die Duumviri und deren Schergen mit. Diese wagten dann aber nicht, nach einer kurzen Handgreiflichkeit, ihn mitzunehmen. Zweifellos war es ein glücklicher Umstand, dass sich plötzlich Männer fanden, die seine Unschuld bezeugten und sich auch noch darüber hinaus gegen die Schergen wehrten. Die Aussagen der Zeugen waren zu eindeutig, als dass sein Bruder hätte die Anschuldigung aufrecht erhalten können.

      Servius Versatius fühlte sich vom eigenen Bruder betrogen und verzweifelte. Die Söhne heuerten auf fremden Schiffen an und der Bruder besetzte seine durch Raub und Täuschung erlangten Schiffe mit anderen Trierarchus.

      Doch genau in diesem Augenblick schien sich alles ins Gegenteil zu verkehren. Zuerst geschah nichts, außer dass er, mit seinem Weib, eine ärmliche Hütte am Rande von Ostia bezog.

      In der Mitte des Monats Mai tauchte ein scheinbar Fremder bei ihm auf, den er längst vergessen hatte. Der Mann war ein Matrose und einst sein erster Schiffsjunge auf der Nussschale gewesen.

      Dessen Bericht war von Merkwürdigkeiten durchdrungen, die ihn zweifeln ließen und dennoch, bedachte er den Beginn und das Ende der Reise seines früheren Schiffsjungen, eine Wahrheit zu verkünden schienen.

      Hostus Frontalis, wie der Schiffsjunge hieß, neigte weder zur Lüge noch zur Täuschung. Wenn, wie dieser berichtete, er die Vorgänge um seine Brüder selbst beobachtet hatte, dann vom Trierarch der Corbita aufgefordert wurde, das Schiff zu verlassen und ihn aufzusuchen, sollten auch die Angaben zu den anderen, vom Trierarch auf die Reise geschickten Männern, stimmen.

      Blieben diese aus, konnte es mehrere Gründe geben. Er war sich nicht sicher, dass auch die beiden anderen beauftragten Männer der Corbita das Ziel erreichen würden… Kam jedoch nur noch einer der Beiden bei ihm an und stimmte dessen Bericht mit dem von Frontalis überein, sollte er dem Gehörten Glauben schenken.

      Es vergingen zwei Tage, bis ein weiterer Gast an seine Hütte klopfte.

      Der Secretarius seines früheren Schiffes stand vor ihm und bat um Einlass. Geduldig hörte er der Schilderung zu, verglich und entschloss sich, nun den Männern zu glauben.

      Nur der berichteten Ladung aus Bernstein und der Verpflichtung des Bruders zur Übergabe traute er nicht. Wie sollte er an diesen Besitz gelangen, wenn Proculus die Übergabe verweigerte? Zur Beauftragung eines Anwalts fehlten ihm die Mittel. Sein früherer Secretarius aber wusste Rat.

      „Herr…“ sagte ihm der Mann, „… ich suchte, nach meiner doch recht schnellen Verabschiedung von der Corbita, deinen jüngeren Bruder noch in Cabillonum auf. Es war ein recht interessantes Gespräch, was wir führten und zum Schluss gab der Mann mir noch diesen Beutel.“ Novius Herenus zog einen Beutel aus seinem Gewand und stellte ihn auf den Tisch.

      Servius Überraschung war grenzenlos. Vorsichtig öffnete er den Beutel und erblickte fast zwanzig Denare. Das schon allein war ein beträchtlicher Schatz. Sein ungläubiger Blick verwirrte Herenus.

      „Herr, es ist wirklich von deinem Bruder! Ich soll dir sagen, dass er dir Glück wünscht und falls du mehr seiner Unterstützung benötigst, sollst du ihm einen Boten senden… Dann nannte er mir noch einen Geldwechsler in Ostia, von dem du noch mehr Denare bekommen könntest… Er aber glaubt, dass seine Empfehlung eines guten Anwalts, der dich auf jeden Fall vertreten wird, dir mehr Nutzen bringt… Ich kenne den Anwalt und wenn du einverstanden bist, werde ich diesen aufsuchen und ihm deinen und deines jüngeren Bruders Wunsch übermitteln. Dein Bruder ist sich sicher, dass der Anwalt dir in sehr kurzer Zeit die Hilfe bringt, mit der du niemals hättest rechnen können… “

      Servius Versatius war ein beherrschter Mann. Ihn konnte das plötzlich eintretende Unglück nicht sofort niederwerfen und warum sollte ihn dann die Aussicht auf Erfolg zu Hoffnungen verleiten…

      Er erklärte seine Überraschung, seine Freude und nahm den Beutel und des Bruders Angebot an. Herenus würde den Anwalt aufsuchen und diesen innerhalb der nächsten drei Tage angeschleppt bringen, so versprach dieser.

      Servius war misstrauisch, doch der Secretarius zerstreute dessen Bedenken. „Herr, dein Bruder versicherte mir, dass der Anwalt zu dir geflogen käme… Dieser wäre ihm einmal etwas schuldig und zum Anderen wohl auch an der zukünftigen Verbindung, sowie an deines Bruders Wohlwollen interessiert…“

      Servius nickte versonnen und erhob sich dann. Er dankte seinem neuen Freund und verabschiedete diesen mit der Aufforderung zur Rückkehr mit dem Anwalt.

      Servius zog sich zurück. Bisher hatte er sein Weib aus allen Gesprächen ausgeschlossen und hielt dies, nach reiflicher Überlegung, aufrecht.

      Eine sehr oberflächliche Erklärung über neue mögliche Freunde sollte ausreichen, die Neugier der Frau zu bedämpfen. Obwohl er sie liebte, wusste er auch über ihre kleinen Schwächen Bescheid, zu der vor allem Neugier und Geschwätzigkeit zählten…

      Nun lebte er noch nicht so lange in dieser kümmerlichen Hütte, als das sein Weib ebensolche, gleich ihr neugierige Weiber hätte treffen können… Deshalb verwunderte ihn das Klopfen an der Tür, zumal dieses sehr leise und vorsichtig erklang.

      Als er die Tür öffnete, stand kein Gast davor. Also trat er vor, öffnete die Tür weit und im gleichen Augenblick huschte ein Schatten an ihm vorbei. Er folgte dem Eindringling und weil die Tür dabei zuschlug, wandte sich der Fremde um. Hostus stand vor ihm.

      „Herr, verzeih mein Eindringen… nur schien mir, das fremde Augen mich besser nicht sehen sollten…“

      „Was meinst du, mein Junge?“ Servius konnte sich noch nicht so richtig daran gewöhnen, dass aus dem einstigen Burschen ein kräftiger und nicht so ganz unerfahrener Matrose geworden war.

      „Um deine Hütte schleicht ein mir zweifelhafter Bursche herum… Ich habe ihn entdeckt, als ich dein Haus verließ. Erst folgte er mir. Weil ich das bemerkte, zeigte ich ihm eine falsche Bleibe und folgte dann ihm. Jetzt rennt er möglicherweise deinem letzten Gast nach, könnte aber auch in den Büschen hocken oder auch ein zweiter Mann beobachtet dich weiter… Mir schien, dass du davon wissen solltest…“

      Natürlich, Hostus hatte recht! Er sollte seinem älteren Bruder gehörig misstrauen und vor allem jetzt, da sich eine Besserung seiner Lage andeutete.

      In seinen Gedanken versinkend, begriff Servius endlich den Unterschied zwischen seinen Brüdern. Der Jüngere, ihm die Hand der Hilfe reichend, war zwar weit entfernt und dennoch nah bei ihm.

      Wenn er auch vielleicht noch nicht an dessen brüderliche Liebe glauben mochte, blieb da noch die familiäre Treue.

      Der Ältere aber beschloss nicht nur seinen Untergang, er setzte diesen auch in die Tat um. War es erst der schmierige Anwalt, dann das Gerichtsurteil, in der Folge seine finanzielle und gesellschaftliche Vernichtung, die Übernahme all seines Besitzes, tauchten doch dann auch noch die Schergen auf und bezichtigten ihn der Vergiftung des schmierigen Anwalts. Warum sollte dieser Bruder ihn dann nicht auch noch beobachten lassen?

      Hostus stand noch immer verlegen vor ihm.

      In diesem kurzen Augenblick reifte in Servius ein Entschluss.

      Unternahm der von ihm bisher heiß geliebte ältere Bruder alles zur Vernichtung seiner Existenz, dann sollte er auch seine Rache fürchten…

      Er fasste Hostus an der Schulter, starrte ihn an und fragte:

      „Du hast mir bisher den Namen deines letzten Trierarch nicht genannt… Warum wählte er gerade