Tag X. V. S. Gerling. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: V. S. Gerling
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783956691447
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      »Woher kommt eigentlich all das Geld?«, fragte er beiläufig.

      Dietrichs Blick bekam etwas Lauerndes. »Warum wollen Sie das wissen?«

      »Weil ich gerne weiß, mit wem ich es zu tun habe«, entgegnete Castrop.

      »Mit mir. Das muss reichen.«

      »Und wenn es das nicht tut?«

      Dietrich entfaltete in aller Ruhe die vor ihm liegende Serviette. »Wissen Sie, Major Castrop, Sie sind ein nicht unwesentlicher Baustein in unserem Vorhaben. Wichtig, aber dennoch nicht unentbehrlich. Ebenso wenig wie ich. Das überrascht Sie? Kommen Sie, keiner von uns ist unersetzbar. Bei dem einen oder anderen mag es etwas schwieriger sein, adäquaten Ersatz zu finden, aber es ist möglich. Unmöglich jedoch ist es, die zu ersetzen, die über das Vermögen verfügen, das ein Vorhaben wie unseres finanziert. Und genau diese Leute bleiben liebend gerne unter sich. Bewahren ihre kostbare Anonymität.«

      »Verständlich«, gab Castrop zu.

      Dietrich strahlte ihn an. »Ja, nicht wahr? Wollen wir nun essen?«

      »Sie haben noch keinen Blick in die Karte geworfen.«

      »Ich esse hier immer das Kalb. Ist das beste in der Stadt.«

      »Dann schließe ich mich Ihrer Wahl einfach mal an«, sagte Castrop.

      »Sehr gute Entscheidung«, meinte Dietrich, dem entgangen war, dass er gerade einen Fehler gemacht hatte. Castrop hingegen hatte ihn registriert.

      14

      »Ich bin übrigens hier im Raum …«

      Nicolas Eichborn

      Schranz war ziemlich fertig, als er vom Tod des Verteidigungsministers erfuhr. Immerhin hatte er ihn ja von der Liste der Personen gestrichen, die besondere Schutzmaßnahmen bekommen sollten.

      »Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht«, sagte er, als wir ihn in Kernis Büro trafen.

      »Du musstest aufgrund der Indizien davon ausgehen, dass er involviert war«, sagte ich. »Hätten wir recht behalten und ihn informiert, wer weiß, was dann passiert wäre.«

      Er sah mich an und lächelte schwach. »Du hast gut reden …«

      Kernberger wandte sich an Helen und mich. »Wir haben euch zu mir gebeten, weil Rainer eine Einladung bekommen hat.«

      »Ein Date?«, wollte ich wissen.

      Schranz rollte mit den Augen. »Nein, Nicolas, kein Date. Die Programmleitung von Gisbert Kuhlmanns Talkshow will mich als Gast.«

      »Oha«, sagte ich. »Jetzt wird’s lustig.«

      »Wir finden, Rainer sollte hingehen«, meinte Kerni.

      Ich nickte. »Unbedingt.«

      Schranz sah mich mit hochgezogenen Brauen an. »Warum sagst du das?«

      »Na, weil wir so unserem Gegner Auge in Auge gegenüberstehen. Und er weiß nicht, dass wir wissen, dass er ein Böser ist.«

      »Äh … ja, so ähnlich sehen wir das auch«, sagte Kerni. »Nur haben wir es anders formuliert.«

      »Wie denn?«, erkundigte ich mich.

      »Anders halt.«

      »Ich lerne gerne dazu«, meinte ich und hörte neben mir Helen röcheln.

      Ich sah sie an. »Alles in Ordnung mit dir?«

      Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. »Alles gut.«

      Ich blickte zu Schranz. »Und? Gehst du hin?«

      »Ja. Aber ich möchte, dass du dich unters Publikum mischst.«

      »Soweit ich weiß, sind die Plätze auf Monate ausgebucht«, gab ich zu bedenken.

      »Wir haben eine Karte für dich«, sagte Kerni.

      »Aber nicht, dass die so erfahren, dass wir zusammengehören«, wandte ich ein.

      Kerni schüttelte den Kopf. »Keine Sorge, wir haben aufgepasst.«

      »Und soll ich etwas tun, oder nur zuhören?«, wollte ich wissen.

      Schranz und Kerni wechselten einen kurzen Blick, was, wie ich aus Erfahrung wusste, kein gutes Zeichen war.

      »Wir möchten, dass du, wenn möglich, Partei für Kuhlmann ergreifst«, sagte Kerni leise.

      Nun wechselten Helen und ich einen Blick.

      »Warum?«, wollte Helen wissen.

      »Es könnte ein Weg sein, Kontakt zu den Leuten aufzunehmen, die an der Verschwörung beteiligt sind.«

      Helen erhob sich halb. »Moment mal, ihr wollt, dass Nicolas einen verdeckten Einsatz durchführt? Und damit kommt ihr erst jetzt?«

       »Diese Option hat sich erst ergeben, als wir von der Einladung erfahren haben«, sagte Schranz.

      »Nicolas ist nicht gerade das, was man als ›unbekannt‹ bezeichnen könnte. Herrgott, sein Bild war in der Zeitung.«

      »Das ist schon Jahre her«, meinte Kerni lahm.

      Ich hob eine Hand. »Ich bin übrigens hier im Raum …«

      Helen war fuchsteufelswild. »Jahre her also, ja? Ihr wisst genau, dass online alles verfügbar ist. Wenn Nicolas das macht, dann erfahren die Typen ruckzuck, dass er ehemaliger BKA-Beamter ist.«

      Kerni nickte. »Sie werden mit Sicherheit Informationen über ihn einholen, das ist uns klar. Aber ebenso klar ist, dass er ehemaliger BKA-Mitarbeiter ist. Deren ganzer Club besteht aus ehemaligen Soldaten und Polizisten. Also wäre das für sie nichts Ungewöhnliches.«

      »Das ist ja ganz toll«, rief Helen aufgebracht. »Und wer garantiert für Nicolas Sicherheit? Wir gehen doch davon aus, dass der Anschlag von Bruno Sander mit dem Ebola-Virus Bestandteil dieser Verschwörung ist. Was, wenn sie rauskriegen, dass es Nicolas war, der ihn verhindert hat? Und zwar nicht als BKA-Beamter?«

      »Wir haben alle Spuren vernichtet, die ihn, beziehungsweise eure Firma, mit dem Anschlag in Verbindung bringen könnten. Es gibt keine schriftlichen Aufzeichnungen darüber. Niemand außer Kernis Mannschaft, dem BKA-Präsidenten und mir weiß, dass ihr uns geholfen habt. Darüber hinaus werden wir Nicolas rund um die Uhr im Auge behalten«, versicherte Schranz. »Er bekommt einen Peilsender.«

      »Großartig. Ich fühle mich gleich viel besser«, versetzte Helen mit triefendem Sarkasmus.

      »Ich mache das«, sagte ich.

      Alle Blicke richteten sich auf mich.

      Aus Helens Augen schossen Funken in meine Richtung. »Die haben ein tödliches Virus eingesetzt, Nicolas. Und sie haben einen Kampfjet abstürzen lassen. Die schrecken vor nichts zurück.«

      »Eben. Genau darum werde ich das tun.«

      »Könnten wir bitte kurz unter vier Augen sprechen?«, sagte Helen und wandte sich zum Gehen.

      Ich stand auf und Helen schob mich regelrecht aus dem Büro.

      Draußen auf dem Flur funkelte sie mich wütend an. »Sag mal, bist du wahnsinnig?«

      Das fragte ich mich allerdings selber auch.

      Aber was blieb uns denn anderes übrig?

      Dies wäre unsere beste und möglicherweise auch einzige Chance herauszufinden, wer dahintersteckte, und ich wollte sie nicht ungenutzt verstreichen lassen.

      Aber es wäre besser, wenn ich Helen davon überzeugen könnte, mich zu unterstützen.

      »Mach du es doch. Oder noch besser: Wir machen es zusammen.«

      Ihr Blick flackerte unsicher. »Wenn das ein Trick sein soll …«

      »Kein Trick. Lass uns gemeinsam versuchen, in deren Organisation