Die Amulettmagier. Natascha Honegger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Natascha Honegger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783960741930
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mit der kränklichen Vega von Bord und verabschiedeten sich dann vom Kapitän.

      „Eine so aufregende Fahrt habe ich schon seit Jahren nicht mehr erlebt“, schwärmte der muskulöse Mann mit leuchtenden Augen, während er ihnen half, das Gepäck von Deck zu tragen. „Solltet ihr jemals wieder eine Überfahrt brauchen, findet ihr mich alle fünf bis sechs Tage hier oder in Karpensas.“

      Massimo führte die kleine Gruppe langsam durch den Hafen, vorbei an lärmenden Menschenmengen und Bergen von Kisten. „Wir haben ein eigenes kleines Boot, doch es ist sicherer, eine lange Strecke wie die von Karpensas nach Sentak auf einem größeren Schiff zurückzulegen.“ Massimo keuchte unter der Last Vegas, die er gemeinsam mit Jerino stützte. „So machen wir das meistens. Nur in Ausnahmesituationen benutzen wir unsere Milenia auch für längere Strecken.“

      „Sicherer?“, fragte Isa voller Ironie in der Stimme und dachte an die meuternden Matrosen zurück.

      „Nun ja, sofern die angeheuerten Männer zur ehrenhaften Sorte gehören“, korrigierte sich Massimo mit düsterem Gesicht. „Wie dem auch sei, unser Boot eignet sich grundsätzlich vor allem für kleinere Distanzen innerhalb der Stadt. Sogar Vega macht das Fahren in den Kanälen nichts aus. Stimmt doch, oder meine Liebe?“, fragte er seine Frau.

      Diese nickte schwach. Sie war immer noch ganz grün im Gesicht.

      Massimo lächelte und wies dann mit seinem Kinn geradeaus.

      „Seht! Dort steht sie auch schon, unsere Milenia!“ Dort, wo er hingewiesen hatte, lag ein geräumiges, mit goldenen Mustern verziertes und einem roten Baldachin überspanntes Boot vor Anker und schaukelte leicht im Wind.

      Jerino, der neben dem Mädchen stand, pfiff leise durch die Zähne und flüsterte ihm zu: „Weißt du, wie teuer so ein Boot ist?“

      Isalia schüttelte den Kopf. „Teuer, nehme ich an.“

      „Es kostet in etwa doppelt so viel, wie ein Kapitän innerhalb eines Jahres verdient!“

      Isa wusste zwar nicht, wie hoch das Einkommen eines solchen war, doch er gehörte bestimmt zu den Menschen, die gut leben konnten. Die Aleanders mussten also wirklich sehr reich sein.

      Die Milenia trieb einen großen Kanal entlang, vorbei an anderen prächtigen Booten. Das Ufer säumten riesige Häuser, eines prachtvoller als das andere. Auch an größeren Plätzen kamen sie vorüber, auf denen sich viele Leute und noch mehr Möwen tummelten.

      Massimo lenkte das Boot selbst, während Vega es sich auf einer roten Couch gemütlich gemacht hatte. Die grünliche Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen, auch wenn sie immer noch nicht so ganz die alte war. Wenigstens schien sie wieder in Ansätzen lächeln zu können, denn als Isa einmal zu ihr blickte, zuckten ihre Mundwinkel leicht nach oben und sie meinte: „Ja, ich weiß, dass ich schrecklich aussehe.“

      Nach einiger Zeit legte die Milenia an einem privaten marmornen Steg an. In den Stein war das Familienwappen der Aleanders gemeißelt worden, das Isa sowohl auf dem Boot als auch schon früher auf der Kutsche und als Siegel gesehen hatte.

      Dahinter stand, von dichten Hecken geschützt, ein riesiger Palast. Die Tür- und Fensterrahmen waren vergoldet, und die Wände wie in der übrigen Stadt aus weißem Marmor. Das Gebäude musste wohl um die hundert Zimmer haben und war umgeben von einer riesigen Parkanlage voller Blumen und Apfelbäume.

      „So, Kinder, wir sind zu Hause!“, kommentierte Massimo und half seiner Frau mit einer Hand von Bord. „Dies hier ist unsere bescheidene Behausung.“

      „Wow!“, murmelten Isa und Jerino gleichzeitig und konnten einfach nicht anders, als die Villa der Aleanders mit offenen Mündern anzuschauen.

      „Eines muss man ihnen lassen“, flüsterte der junge Dieb dem Waisenmädchen zu. „Sie haben nicht nur Geld, sie haben auch wirklich Stil.“

      Vega und Massimo wurden von etlichen Angestellten empfangen. Eine junge braunhaarige Frau ging sofort auf Vega zu, die immer noch ganz leicht unsicher auf den Beinen wirkte, und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

      „Nicht schon wieder!“, rief Vega aus und drehte sich zu ihrem Mann um. „Massimo, Valeria hat Alessandros Zimmer in Brand gesetzt, weil er ihr einen Kübel Farbe über das neue Seidenkleid geschüttet hat. Man kann die beiden doch einfach nie alleine lassen!“ Sie wandte sich wieder der Dienerin zu: „War es denn nicht möglich, diesen Streit zu unterbinden?“

      Die Angesprochene machte einen Knicks: „Ich bitte um Vergebung, aber sie wollten nicht auf mich hören, Mylady.“

      „Schon gut. Wo sind die beiden jetzt?“

      „Im Empfangszimmer, Mylady.“

      Massimo und seine Frau warfen sich einen undeutbaren Blick zu und eilten dann in Richtung Haus. Die beiden Kinder und die Diener folgten ihnen.

      Die Villa von innen zu sehen, hätte Isa beinahe die Sprache verschlagen. Es war noch gewaltiger und schöner als alles, was sich das Mädchen jemals in seinen Träumen ausgemalt hatte. Nur schon der Eingangsbereich war riesig: Die Wände waren alle aus weißem Marmor, Blumen erfüllten den Raum mit einem angenehm sommerlichen Duft und in der Mitte stand ein plätschernder Brunnen.

      Neben diesem, umgeben von Rosensträuchern in kunstvollen Vasen, warteten ein Junge und ein Mädchen.

      Der Junge, Alessandro, trug sein schwarzes Haar seitlich gescheitelt und hatte grün leuchtende Augen, die sich sofort verächtlich auf die fremden Kinder richteten. Isa fragte sich, was er sich alles in die Haare geschmiert hatte … nun ja, wenn sie ehrlich war, wollte sie das lieber gar nicht wissen. Ganz im Allgemeinen zeugte alles an ihm von Arroganz und Eitelkeit, von seiner Haltung über den eben schon erwähnten Blick bis hin zu seiner Kleidung.

      „Ziemlich unsympathisch!“, befand Isa. Aber vielleicht täuschte der erste Eindruck.

      Das Mädchen, das neben ihm stand, musste Valeria sein. Es hatte ebenfalls schwarzes Haar, das man in einen langen, kunstvollen Zopf geflochten hatte. Es war außergewöhnlich hübsch, auch wenn seine roten Augen etwas Furchteinflößendes und Irritierendes an sich hatten.

      Alessandro und Valeria standen demonstrativ in einigem Abstand und mit dem Rücken zueinander, was deutlich zeigte, dass sie sich nicht leiden konnten. Erst als Valeria ihre Eltern sah, legte sich ein glückliches Lächeln auf ihr Gesicht und sie schien sich zu entspannen.

      „Ihr seid zurück!“, jauchzte sie und fiel ihrer Mutter stürmisch um den Hals. „Das ist so wundervoll!“

      „Hallo, mein Schatz!“ Vega drückte ihre Tochter fest an sich, dann drehte sie sich zu Isa und Jerino um. „Valeria“, verkündete sie mit feierlicher Stimme, „ich möchte dir Isalia und Jerino vorstellen. Isalia und Jerino, das ist Valeria.“

      „Isa, einfach nur Isa“, murmelte die Wettermagierin leise, doch laut genug, dass es das Feuermädchen gerade noch hören konnte.

      Ein wenig skeptisch blickte dieses die beiden Neuankömmlinge an, schenkte ihnen dann jedoch ein höfliches Lächeln. „Es freut mich, euch kennenzulernen“, hauchte sie.

      Alessandro war da anders. Zuerst schüttelte er seiner Mutter und dann seinem Vater steif die Hand. Die beiden Neuen schien er gar nicht erst wahrzunehmen.

      Erst als Vega ihn fragte, ob er die beiden nicht auch begrüßen wolle, nickte er ihnen kurz zu. Der Spott in seinen Augen war nicht zu übersehen.

      Valeria wurde aufgetragen, Isa ihr neues Zimmer zu zeigen. Jerino sollte sich von Alessandro einweisen lassen. Isa war amüsiert darüber, als sie sah, wie wenig dies dem eingebildeten Jungen gefiel. Nur Jerino tat ihr leid. Doch er würde schon mit ihm fertig werden.

      Was Valeria darüber dachte, ihr das Zimmer zu zeigen, konnte Isa nicht erraten. Ihre roten Augen verwirrten sie und machten es schwer, ihren Charakter oder ihre Denkweise zu erahnen. Isa folgte dem Mädchen über eine der marmornen Treppen in den zweiten Stock hinauf und weiter in den Westflügel des Gebäudes.

      „Euer