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Beispiel: Vertragliche Verweisung auf die hessischen Metalltarifverträge in einem außerhalb des Bezirks Hessen gelegenen Betrieb eines (hessischen) Unternehmens.24
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Zur Charakterisierung der Verweisungsklauseln auf einen Tarifvertrag hat sich eine Unterteilung eingebürgert, die jedoch nicht abschließend ist, sondern lediglich eine „Hilfestellung“ bei der Auslegung und Anwendung darstellt. Danach lassen sich folgende Formen unterscheiden:
– Mit der statischen Verweisungsklausel wird der Inhalt eines ganz bestimmten Tarifvertrags in einer konkreten, d.h. zu einem bestimmten Zeitpunkt geltenden Fassung zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses gemacht.
– Mit der kleinen dynamischen Verweisungsklausel nehmen die Parteien Bezug auf einen Tarifvertrag/ein Tarifwerk in seiner jeweiligen Fassung; die vereinbarten Arbeitsbedingungen folgen dabei den tariflichen Änderungen.
– Mit der großen Verweisungsklausel (auch „Tarifwechselklausel“ genannt) binden die Parteien ihr Arbeitsverhältnis an diejenigen Tarifverträge, an die der Arbeitgeber jeweils selbst gebunden ist.25
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Zu beachten ist dabei, dass die einzelvertragliche („kleine“) dynamische Verweisung auf den jeweiligen Tarifvertrag und seine Vergütungsordnung nicht immer einschränkungslos ist. Eine Sonderform dieser Verweisung ist die sog. „Gleichstellungsabrede“. Mit ihr wird vereinbart, dass die Dynamik der Verweisung, also die Heranziehung des jeweils geltenden Tarifvertrags unter der auflösenden Bedingung steht, dass der Arbeitgeber auch seinerseits normativ jeweils an den Tarifvertrag gebunden ist. An einer solchen Vereinbarung kann insofern ein Interesse des Arbeitgebers bestehen, als sie dazu führt, dass bei einem Wegfall seiner eigenen Tarifgebundenheit (sei es durch Verbandsaustritt, durch Wechsel in die OT-Mitgliedschaft oder durch den Übergang des Betriebs auf einen nicht tarifgebundenen Erwerber, § 613a Abs. 1 BGB) die Dynamik der Verweisung abreißt und von diesem Zeitpunkt die in Bezug genommene Vergütungsordnung nur noch statisch anzuwenden ist. Damit wäre ein Gleichlauf von normativ geltenden und vertraglich in Bezug genommenen Tarifbestimmungen gewährleistet. Eine solche auflösende Bedingung muss aber in der Verweisungsklausel hinreichend deutlich und ausdrücklich vereinbart sein, um die beabsichtigte Rechtsfolge herbeizuführen.26 Die früher von der Rechtsprechung des BAG vertretene Auffassung, eine solche auflösende Bedingung sei bei tarifgebundenen Arbeitgebern stets als vereinbart anzusehen, hat das BAG aufgegeben und lediglich für vor dem 1.1.2002 vereinbarte sog. „Alt-Verträge“ einen entsprechenden Vertrauensschutz gewährt.27
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Eine solche wirksame vertragliche Verweisung tritt bei gleichzeitiger normativer Geltung eines (Vergütungs-)Tarifvertrags neben diese. Wird auf den einschlägigen Tarifvertrag verwiesen, ergeben sich aus diesem doppelten Rechtsgrund keine Besonderheiten. Verweist der Arbeitsvertrag auf einen anderen als den normativ geltenden Tarifvertrag, ist im Arbeitsverhältnis die günstigere Regelung anzuwenden (§ 4 Abs. 3 TVG). Der dabei durchzuführende Günstigkeitsvergleich ist nicht an einzelnen Bestimmungen, sondern unter Heranziehung der sog. „Sachgruppen“ zu vollziehen. Bei dem Vergleich von Vergütungssystemen ist dies oftmals nicht einfach. Ist eine günstigere Regelung nicht auszumachen, ist nach dem Gesetzeswortlaut das normativ geltende System verbindlich.28
c) Die Benennung einer Entgeltgruppe im Arbeitsvertrag
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Nicht selten wird im Arbeitsvertrag eine konkrete Vergütungsgruppe einer Entgeltordnung genannt, ggf. verbunden mit einem konkreten Geldbetrag.
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Beispiel: „Der Arbeitnehmer erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe 7 BETV“, oder kürzer: „Entgelt: BETV EG 7“.
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Hier kann sich ein schwieriges Auslegungsproblem stellen:29 Die Parteien des Arbeitsvertrags können damit vereinbart haben, dass sich die Vergütung des Arbeitnehmers nach den jeweiligen Beträgen richtet, die die Tarifvertragsparteien für die ausdrücklich genannte Vergütungsgruppe festlegen – ohne Rücksicht darauf, ob die Tätigkeit des Klägers die tariflichen Anforderungen der Vergütungsgruppe erfüllt. Hiervon muss jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn es selbst bei unmittelbarer Geltung des Tarifvertrags keine Vergütungsgruppe gegeben hätte, in die der Arbeitnehmer hätte eingruppiert werden können (Beispiel: Lehrer, deren Vergütung tariflich nicht vorgesehen ist/war30) oder wenn bewusst eine Entgeltgruppe aus einem Entgeltsystem vereinbart wird, das nach seinem Geltungsbereich für die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht einschlägig sein kann.31 Aus der Nennung einer Tarifgruppe im Arbeitsvertrag könnte sich aber auch entnehmen lassen, dass die Parteien davon ausgegangen sind, dass die Tätigkeit die Anforderungen des entsprechenden tariflichen Tätigkeitsmerkmals erfüllt und die Bezeichnung insofern eine „Wissenserklärung“ mit deklaratorischem Charakter ist – mit der Folge, dass bei einer Änderung der Tätigkeit auch eine andere Vergütungsgruppe verbindlich werden kann. Dies wird regelmäßig bei einer gleichzeitigen Verweisung auf den Tarifvertrag der Fall sein.32
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Dabei ist zu beachten, dass der Vereinbarung einer höheren als der tarifvertraglichen Vergütung nichts entgegensteht. Handelt es sich dabei um ein systematisches Vorgehen des Arbeitgebers, ist er jedoch insoweit an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, als er aus diesem von ihm selbst geschaffenen „System“ nicht willkürlich einzelne Arbeitnehmer herausnehmen darf (denen er dann lediglich das Tarifentgelt zahlt), sondern es entsprechend seiner eigenen Entscheidung auf alle diejenigen anwenden muss, die vergleichbare Tätigkeiten ausüben.33 Hierauf kann sich ein Arbeitnehmer auch berufen. Diese Konstellation birgt Fallstricke für den Arbeitgeber.
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Beispiel: Ein Arbeitgeber vergütet einen Mitarbeiter – unter Beachtung der „Tarifautomatik“ tarifgerecht – nach Entgeltgruppe 7 der tariflichen Entgeltordnung. Zahlt er anderen (nicht notwendig allen) mit denselben Arbeitsaufgaben betrauten Kollegen Entgelt nach der EG 8 der Entgeltordnung, hat dies zwar keine Auswirkung auf den Tarifanspruch des Mitarbeiters, wenn die Tätigkeit selbst nur die Anforderungen der EG 7 erfüllt. Der Mitarbeiter ist aber nicht gehindert, sich im Prozess dann – außer auf die seiner Meinung nach vorliegende Erfüllung der Tätigkeitsmerkmals-Anforderungen nach EG 8 – hilfsweise auf den Grundsatz der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlung zu berufen, weil seine Kollegen nach dieser Entgeltgruppe bezahlt werden. Will der Arbeitgeber dagegen geltend machen, es handele sich bei ihnen um eine irrtümlich zu hohe Eingruppierung, sollte er es nicht dabei bewenden lassen. Denn unternimmt er danach nicht angemessene Bemühungen um eine Absenkung der Entgeltansprüche der Kollegen, sondern bezahlt diese weiter nach der EG 8, muss er sich vorhalten lassen, dass zumindest ab diesem Zeitpunkt eine bewusste übertarifliche Entlohnung vorgenommen wird.34
d) Die Anwendung des Tarifvertrags durch betriebliche Übung
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Grundsätzlich kann die dynamische Anwendung einer tariflichen Vergütungsordnung zwar auch durch eine betriebliche Übung erfolgen. Von einer solchen ist aber nur dann auszugehen, wenn der Arbeitgeber sich nicht – berechtigt oder irrtümlich – zur Anwendung der betr. Entgeltordnung aus einem anderen Rechtsgrund verpflichtet gesehen hat.35 Die Rechtsprechung des BAG geht ferner davon aus, dass allein eine jeweilige Weitergabe der tariflichen Entgelterhöhungen auch an die Arbeitnehmer, die weder tarifgebunden sind noch eine – ausdrückliche – Verweisungsklausel in ihrem Arbeitsvertrag haben, für die Annahme einer betrieblichen Übung zur Anwendung eines Entgeltsystems im Ganzen nicht ausreicht. In einem solchen Fall bringt der Arbeitgeber durch die gewährte