Gerade bei Versorgungszusagen in Form der Leistungszusage (defined benefit), wie sie in der Vergangenheit häufig waren,59 bereitet der horizontale Vergleich Schwierigkeiten. Denn hinsichtlich Dienstzeit bis zur Fälligkeit, Höhe der Leistung und Leistungsvoraussetzungen (Invalidität, Tod) können letztlich nur (versicherungsmathematische) Annahmen getroffen, auf dieser Basis dann eine fiktive Versicherungsprämie ermittelt und zum Vergleich herangezogen werden.60 Bei den in der Praxis inzwischen üblichen beitragsorientierten Zusagen61 (defined contribution) kann hingegen auf den Pensionsaufwand abgestellt werden.62 Die Empfehlung der Ziff. 4.2.3 Abs. 3 DCGK, „das jeweils angestrebte Versorgungsniveau – auch nach der Dauer der Vorstandszugehörigkeit – fest[zu]legen und den daraus abgeleiteten jährlichen sowie den langfristigen Aufwand für das Unternehmen [zu] berücksichtigen“, scheint dagegen noch auf Leistungszusagen gemünzt; empfohlen wird in der Literatur gleichwohl, im Falle der beitragsorientierten Zusage eine Abweichung von Ziff. 4.2.3 Abs. 3 DCGK zu prüfen und ggf. auch vorsichtshalber zu erklären.63
ee) Weitere Kriterien der Angemessenheit
25
Die in § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG benannten Parameter sind nicht als abschließend zu verstehen,64 vielmehr sind nach allgemeiner Ansicht zudem die individuellen Fähigkeiten, Kenntnisse und Qualifikationen einzubeziehen sowie der auf diesen beruhende „Marktwert“ des Vorstandsmitglieds und die Verhandlungssituation.65 Nach richtiger Ansicht sind dagegen Familienstand und Alter bei der AG nicht für die Vergütungsentscheidung heranzuziehen.66
c) Angemessenheit von Abfindungszahlungen
26
Auch Abfindungen sind am Angemessenheitsgebot zu messen.67 Das AktG sieht indes weder eine relative noch eine absolute Begrenzung für Abfindungen vor. Gem. Ziff. 4.2.3 Abs. 4 DCGK soll jedoch bereits bei Abschluss des Dienstvertrages sichergestellt werden, dass Abfindungen im Falle vorzeitiger Beendigung der Vorstandstätigkeit auf zwei Jahresvergütungen einschließlich Nebenleistungen begrenzt werden sowie auf die für die Restlaufzeit des Anstellungsvertrages noch zu zahlende Vergütung (Cap). Zu berechnen ist das Cap auf Grundlage der Gesamtvergütung des abgelaufenen Geschäftsjahres, gegebenenfalls jedoch unter Einbeziehung der voraussichtlichen Gesamtvergütung für das laufende Geschäftsjahr. Bei börsennotierten Gesellschaften wäre mithin direkt im Dienstvertrag ein entsprechendes Cap für den Fall der vorzeitigen Beendigung zu vereinbaren und zugleich (hinreichend transparent) die Berechnungsgrundlage anzugeben. Beides gestaltet sich in der Praxis schwierig und bietet zudem keine Garantie, nicht doch über Cap abfinden zu müssen, um zur Auflösung der Vertragsbindung zu kommen, wo keine Kündigungsmöglichkeit besteht. Entsprechend ergab sich im Jahr 2015 hinsichtlich des Caps auch lediglich eine Befolgungsquote von 79,2 %.68 Risiken hinsichtlich des Streits über die Abfindungshöhe können jedoch praktisch durch sog. Koppelungsklauseln reduziert werden, die, etwa für den Fall des Widerrufs der Bestellung aus wichtigem Grund (§ 84 Abs. 3 Satz 1 AktG, nicht § 626 BGB), die automatische Beendigung des Dienstvertrages mit einer Auslauffrist vorsehen (auflösende Bedingung), üblicherweise verknüpft mit der Zahlung einer begrenzten Abfindung.69
27
Abfindungszahlungen „erfolgen“ gem. Ziff. 4.2.3 Abs. 4 DCGK nicht, wenn das Vorstandsmitglied aus einem von ihm zu vertretenden wichtigen Grund (§ 626 BGB) ausscheidet.
28
Dienstvertragsklauseln, die dem Vorstandsmitglied für den Fall eines Kontrollwechsels ein Sonderkündigungsrecht mit Abfindungsanspruch gewähren (Change of Control-Klauseln), müssen in der Abfindungskomponente ebenfalls dem Angemessenheitsgrundsatz des § 87 Abs. 1 Satz 1 AktG entsprechen.70 Überdies ist § 33 WpÜG zu prüfen (Verhinderungswirkung des Sonderkündigungsrechts).71 Das AktG enthält weder ein absolutes noch ein relatives Cap für die Abfindungskomponente der Change of Control-Klausel.
29
Gem. Ziff. 4.2.3 Abs. 5 DCGK sollen Zusagen von Leistungen bei vorzeitiger Vertragsbeendigung anlässlich eines Kontrollwechsels hingegen 150 % des Caps für Abfindungen gem. Ziff. 4.2.3 Abs. 4 DCGK (vgl. hierzu Rn. 26) nicht übersteigen.
2. Anwendbarkeit des Angemessenheitsgebots bei Leistungen Dritter
30
Fraglich ist, inwieweit der Aufsichtsrat Drittvergütung im Hinblick auf ihre Angemessenheit zu prüfen bzw. in die Angemessenheitsprüfung einzubeziehen hat. Virulent wird die Frage etwa bei Drittanstellungen des Vorstands im Konzern unter Zahlung der dienstvertraglichen Vergütung durch den Dritten, die jedenfalls nach h.L. zulässig sind,72 aber auch bei Einbeziehung in Vergütungssysteme der Muttergesellschaft
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.