Die Hunde liefen neben dem Auto her und sprangen an den Fenstern hoch. Macy schrie Marcy an, die wie hypnotisiert einen zähnefletschenden Schäferhund vor ihrem Fenster anstarrte und nicht in der Lage war, sich um das Gaspedal zu kümmern.
»Gib endlich Gas, Marcy!«, schrie Macy sie an und versuchte, sie aus ihrer Starre zu reißen. Ein Teil von Marcy nahm sie endlich wahr und trat das Gaspedal durch, während Macy vom Beifahrersitz aus lenkte. Das Hunderudel jagte hinter ihnen her, gab aber bald auf. Es gab eine Menge Beute, die deutlich einfacher zu erlegen war.
»Fahr langsamer!«, rief Macy. Marcy nahm etwas den Fuß vom Gas. Sie waren dankbar, dass keine größeren Hindernisse auf der Straße waren. Bald kam ein Stoppschild auf sie zu.
»Bei Mom sah das immer so einfach aus«, meinte Marcy, während sie wieder die Bremsen betätigte und das Auto fünfzehn Fuß vor dem Schild zum Stehen brachte. Dieses Mal zog es sie beim Bremsen nur ein wenig nach vorn.
»Du musst nur üben«, sagte Macy. »Fahr einfach noch ein wenig geradeaus, und dann biegen wir auf die Hauptstraße ab.«
»Sag mir nicht, was ich tun soll!«, schnappte Marcy zurück. »Versuch du doch zum ersten Mal in deinem Leben zu fahren, während wilde Hunde hinter dir her sind. Ich habe dir das Leben gerettet! Du solltest mir dankbar sein, statt mir das Leben schwer zu machen.«
»Ich mache dir nicht das Leben schwer. Ich will nur helfen!«, gab Macy laut zurück.
Unmittelbar vor dem Stoppschild nahm Marcy den Fuß vom Gas und trat auf die Bremse, diesmal wieder mit voller Wucht. Beide wurden abrupt nach vorn geschleudert und dann wieder zurück in ihre Sitze gerissen.
»Marcy! Nicht so hart bremsen!«
»Tut mir leid!«, rief Marcy, die das Autofahren inzwischen deutlich frustrierte.
Sie nahm den Fuß von der Bremse, und der Pontiac Grand Am glitt wieder langsam vorwärts. Diesmal wandte Marcy ihre neu erlernte Technik an, nur ein wenig auf die Bremse zu treten. An der Kreuzung beugten sich die Mädchen nach vorn und drehten ihre blonden Locken im Gleichklang erst nach links und dann nach rechts, wie sie es so oft bei ihren Eltern gesehen hatten. Kein einziges anderes Auto war unterwegs, also steuerte Marcy den Grand Am geradeaus über die Kreuzung. Die Linien auf der Fahrbahn ignorierte sie. Sie war froh, das Auto überhaupt auf der Straße halten zu können, und in der Mitte zu fahren schien ihr die beste Variante. Je näher sie der Stadt kamen, desto mehr mussten sie mit anderen Autos rechnen. Sollte ihnen ein Fahrzeug entgegenkommen, war immer noch genug Zeit, auszuweichen, dachte sie bei sich.
Macy schaute besorgt nach hinten. Es waren keine Hunde mehr zu sehen. Sie drehte sich wieder nach vorne und erinnerte sich, dass sie bis zum Highway ein paar Meilen geradeaus vor sich hatten. Vor ihnen tauchte die erste Ampelkreuzung auf, vor der einige Autos aufgereiht standen, obwohl die Ampel auf Grün geschaltet war.
Marcy fuhr langsamer, als sich die Fahrspur teilte. Eine führte geradeaus, die andere nach rechts. Sie hielt an, um die Situation besser einschätzen zu können. Hinter einem grauen SUV reihten sie sich in die Schlange ein. Sie hatten dieses Szenario in der Vergangenheit viele Male miterlebt. Nach eine Weile dachten beide Mädchen, dass sich das Auto vor ihnen inzwischen in Bewegung gesetzt haben sollte. Aber es bewegte sich kein Stück.
»Drück auf die Hupe«, schlug Macy vor.
Marcy untersuchte das Lenkrad. Schließlich fand sie das Symbol für die Hupe und drückte darauf. Das aufdringliche Geräusch zerschnitt die nachmittägliche Ruhe um sie herum. Hastig flatterten einige aufgeschreckte Vögel entlang der Straße davon.
Als das Hupen in der Weite des Horizonts verklungen war, schob Macy den Schalthebel auf R. Daraufhin betätigte Marcy das Gaspedal, worauf sie mehrere Autolängen zurückrollten. Mit gefühlvollem Druck auf das Bremspedal, damit sie nicht wieder wie Puppen durch die Gegend geschleudert wurden, brachte Marcy das Auto zum Stehen. Macy schaltete wieder auf D. Marcy kurbelte das Lenkrad nach links und gab gleichzeitig ein wenig Gas, um an dem stehenden Auto vorbeizufahren.
Als sie den SUV passierten, verlangsamte Marcy ihre Fahrt. Der Fahrer hing reglos über dem Lenkrad. Obwohl die Mädchen sein Gesicht nicht sehen konnten, wussten beide, was geschehen war. Jetzt holte sie die Realität wieder ein.
»Ich hoffe, Dad geht es gut«, sagte Macy, die bislang nicht einmal daran gedacht hatte, dass auch er dem Virus zum Opfer gefallen sein könnte.
Sie fuhren weiter auf die Auffahrt zum Highway zu, auf der mehrere Wagen im Weg standen. Als Marcy sich mit dem Auto zwischen ihnen hindurchschlängelte, schrammte sie mit einem furchtbar kreischenden Geräusch an einem riesigen Chevrolet Suburban entlang. Das Kreischen von Metall auf Metall dauerte an, während sich der Wagen durch die enge Lücke zwischen dem Suburban und der Leitplanke hindurchquetschte.
Immer weiter steuerte Marcy den Grand Am an den stehenden Autos vorbei. Langsam hatte sie den Dreh raus. Macy saß hoch aufgerichtet auf dem Beifahrersitz und lotste sie durch den Blechdschungel, bis die anderen Autos so dicht standen, dass kein Platz mehr zwischen ihnen war.
Marcy, die nicht mehr wusste, in welche Richtung sie fahren sollte, stellte den Motor ab. Nachdem Macy die Umgebung nach streunenden Hunden abgesucht hatte, ließ sie ihr Fenster herunter. Sie zwängte sich durch die schmale Öffnung und stellte sich in den Fensterrahmen, um besser sehen zu können, was vor ihnen lag. Mit ungläubigen Augen ließ sie sich zurück auf den Beifahrersitz fallen und schloss das Fenster.
»Was ist los? Was ist da draußen?«, fragte Marcy.
»Die Straße ist komplett blockiert. Wir stecken fest, Marcy. Ab jetzt müssen wir laufen.«
»Auf keinen Fall! Was ist mit den Hunden?«, fragte Marcy. Wie konnte ihre Schwester dies so schnell vergessen?
»Genau das meine ich doch. Wir können nicht hier im Auto bleiben. Da vorne ist eine Straßensperre mit großen Betonklötzen und Polizeiautos mit Blaulicht. Mit dem Wagen kommen wir nicht weiter«, sagte Macy.
Stumm saßen sie da und versuchten, das Dilemma zu lösen. Sie verspürten kein besonderes Bedürfnis, die Sicherheit und Vertrautheit ihres Gefährts aufzugeben.
»Ich denke, wir sollten unsere Sachen nehmen, das Auto stehen lassen und zur Straßensperre laufen. Wir klettern drüber und suchen uns auf der anderen Seite einen neuen Wagen. Dort ist die Straße frei«, sagte Macy.
Marcy blieb der Mund offen stehen. »Wir können doch kein Auto stehlen! Bist du verrückt? Dafür stecken sie uns ins Gefängnis. Die Polizei ist gleich da drüben. Vielleicht können sie uns zu Dad fahren?«
»Marcy, das wird so nicht funktionieren. Sieh dich um. Aber wir lassen eine Notiz zurück, damit der Besitzer weiß, dass wir uns das Auto nur ausleihen. Das ist ein Notfall, und wie du gesagt hast, müssen wir jetzt neue Regeln aufstellen. Der Besitzer des Autos wird das verstehen. Wahrscheinlich ist er sowieso schon tot. Um genau zu sein, haben wir keinen lebenden Menschen mehr gesehen, seit dieser Mann letzte Nacht vor den Hunden davongerannt ist, habe ich recht? Das ist schon in Ordnung. Dad kann es erklären, falls die Polizei kommt. Und falls wir jemandem begegnen, bitten wir ihn, uns zu Dad zu bringen, ja?«
Nach einer Weile, in der sie still darüber nachdachte, stimmte Marcy zu. »Mir fällt auch nichts Besseres ein, also los geht's. Je früher wir bei Dad sind, desto besser.«
Während die Zwillinge ihr Hab und Gut zusammensammelten, sagte Marcy: »Wir brauchen etwas, um uns zu verteidigen, falls wieder Hunde auftauchen.«
Sie sahen sich im Auto nach potenziellen Waffen um und förderten einen Eiskratzer, der auf dem Boden vor dem Rücksitz gelegen hatte, und Macys Lineal aus Metall zutage. Das Lineal hatte sie seit einiger Zeit vermisst. Wahrscheinlich war es ihr aus dem Rucksack gefallen.
Dann ließ Macy erneut ihr Fenster herunter, kletterte wieder in den Fensterrahmen und versuchte, den einfachsten Fluchtweg durch die