Seine Hand sollte die Waffe nicht mehr erreichen. Er fühlte unglaubliche Eruptionen aus Schmerz an multiplen Stellen seines Körpers und war sich nur noch schemenhaft einer Figur bewusst, die sich nun quer über die Front des Rovers bewegte, während sie dabei unablässig auf den Wagen feuerte.
Sein Kopf wurde ruckartig nach hinten auf die linke Seite geworfen, und ein zerfetzter Körper auf der Rückbank hinter dem Fahrer trat in sein Blickfeld. Er versuchte, ihn anzusprechen, konnte die passenden Worte aber nicht mehr formen. Dunkle, rote Gischt klatschte auf das Fenster an der Seite des Bodyguards, und ein feiner, roter Sprühregen breitete sich im rückwärtigen Bereich des Gepäckraums aus. Das sollte das Letzte sein, was Radovan je zu sehen bekam.
Aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz war es dem Fahrer, Jorji, gelungen, den schier endlosen Kugelhagel zu überleben. Er war mehrfach getroffen worden, wusste aber, dass er keine lebensbedrohlichen Wunden davon getragen hatte. Als das Fahrzeug von den ersten Kugeln getroffen worden war, hatte sich Jorji auf die rechte Seite gedreht und so flach wie möglich auf die Mittelkonsole gepresst, in der Absicht, seinen Angreifern auf diese Weise das kleinstmögliche Ziel zu bieten. Dies war nicht das erste Mal, dass er in einem Gefährt angegriffen wurde und aufgrund dieser früheren Erfahrungen war er etwas länger am Leben geblieben als der Rest der Range Rover Passagiere.
Zahlreiche Kugeln durchschlugen immer noch die Rückseite seines Sitzes, und zerrissen die obere, linke Seite seines Körpers, obwohl sie nur geringfügig Schaden anrichteten, aber trotzdem Muskeln und Sehnen von der linken Hüfte aufwärts bis zur Schulter zerfetzten. Der auf seiner gesamten, linken Körperhälfte angerichtete Schaden an der Muskulatur ließ ihn regungslos über der Mittelkonsole ausharren, wobei sein Gesicht fast schon in Radovans Schoß begraben lag. Egal wie sehr er sich auch bemühte, es gelang ihm einfach nicht, sich aufzusetzen; ein weiterer Grund, warum er noch am Leben war.
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Marko ließ sich am Range Rover in der Nähe des linken Vorderrads auf den nassen Kiesboden fallen, und rollte auf seine linke Seite, wodurch ihm ein besserer Zugriff auf die Hüfttasche mit der zweiten Munitionstrommel ermöglicht wurde. Der erhitzte Lauf der Waffe zischte bedrohlich, während der Regen darauf prasselte. Hunderte von Gedanken und Wahrscheinlichkeiten rasten jetzt durch seinen Verstand, wurden unmittelbar priorisiert und zu seinem Nutzen weiterverarbeitet. Die Trance reduzierte unnütze Ablenkungen, wie Emotionen, Angst und Hast, und verstärkte stattdessen seinen Fokus auf die zum Überleben erforderlichen Fähigkeiten.
Waffe nachladen, stand ganz oben auf seiner Prioritätenliste. Das Gewehr war zwar noch nicht leer, aber er wusste, dass fünfundsiebzig Kugeln bei seiner angewandten Feuerrate nicht ausreichend waren. Sein Geist funkte noch einen weiteren Gedankenblitz, Fahrer noch am Leben, und er verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. Er hatte jeden der Autoinsassen mit langen Feuersalven beschossen, während er gegen den Uhrzeigersinn den Wagen umrundet hatte. Nachdem er den Söldner auf der rechten Rückbank und Radovan anvisiert hatte, hatte er durch die hintere rechte Scheibe einen langen Feuerstoß auf den Fahrer abgegeben. Marko wusste, dass die Kugeln den Sitz durchdrungen und ihr Ziel gefunden hatten, aber der Tod des Fahrers war nicht gewiss, das war ihm klar.
Er löste das Magazin und warf es aus dem Weg. Dann holte er das zweite Magazin aus der Tasche und steckte es in das leichte Maschinengewehr. Marko begab sich in die Hocke, hielt sich weit unter dem Fenster und feuerte einen anhaltenden Stoß durch die Mitte der vorderen Fahrertür.
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Jorji empfand die Stille wie eine Ewigkeit und er wusste, dass die ihm noch verbliebene Lebensspanne nun in Sekunden gemessen werden konnte, es sei denn, er ging in die Offensive. Er hob den Kopf so weit aus Radovans mit Blut vollgesogenem Schoß, dass er das zwischen Radovans Bein und der Tür eingeklemmte Sturmgewehr sehen konnte. Jorji wusste, dass dies seine einzige Hoffnung war. Seine eigene Waffe, eine halb automatische Pistole in einem versteckten Holster, war eingequetscht unter seiner rechten Achsel, und er konnte sich nicht weit genug aufrichten, um sie zu befreien. Nicht dass es einen besonderen Unterschied gemacht hätte. Jorji war Linkshänder und eine Kugel hatte seinen linken Ellbogen zertrümmert, sodass der Arm für ihn momentan sowieso nutzlos war. Er bäumte sich auf, gerade ausreichend, um den rechten Arm freizubekommen, und schaffte es tatsächlich, die Hand an das Gewehr zu legen, als mehrere Kugeln die Fahrertür aufrissen und seine Hoffnung auf ein mögliches Weiterleben jäh beendeten.
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Mit dem Maschinengewehr im Anschlag lief er vorwärts, blickte in das Innere des SUVs und sah den auf Radovans Schoß lehnenden Fahrer. Der Mann war praktisch zerfetzt, aber sein Tod war immer noch ungewiss. Mithilfe der Zielerfassung platzierte er den roten Punkt genau auf den Hinterkopf des Mannes. Ein wenig Druck auf den Abzug, und sämtliche Zweifel über etwaige Überlebende aus Radovans Sicherheitsteam wären ausgeräumt.
Er zog sich zurück zum Haus und ließ die gesamte Szenerie kurz auf sich wirken. Das Gemetzel vermittelte den Eindruck eines gut durchdachten Angriffs, und es war unwahrscheinlich, das dahinter jemand die Tat eines Einzelnen vermuten würde. Das Fahrzeug war von allen Seiten von Kugeln durchlöchert worden, und der Großteil des Sicherheitsglases lag zertrümmert auf dem dichten Schotterboden. Er hatte beinahe aus jedem Winkel auf den Wagen geschossen, und überall lagen Patronenhülsen herum.
Zwei Crewmitglieder des hinteren SUVs lagen tot aufeinander, und er beschloss augenblicklich, einen von ihnen in den Kofferraum des Luxus-Mercedes in der Garage zu verfrachten. Später würde er den Wagen dann in einem der Seen in der Nähe Belgrads versenken. Die Abwesenheit eines Juniormitglieds aus Radovans Sicherheitstruppe würde Hadzic bestimmt vermuten lassen, dass es sich hierbei um einen Insider-Job gehandelt haben musste, und falls sich jemand dazu entschließen sollte, einen genaueren Blick auf den Tatort zu werfen, würde er außer den drei Toten keine weiteren Beweise mehr auf dem ausgewaschenen Boden finden.
Marko entschied sich gegen eine erneute Beobachtung des Hauses und begab sich stattdessen in Richtung Tür. Er wollte keine Zeit mehr verlieren, falls Pavles Bodyguards bereits alarmiert worden waren.
Der Schalldämpfer hatte wie beschrieben gute Arbeit geleistet und sichergestellt, dass das Mündungsfeuer der Waffe auch über den strömenden Regen hinaus von niemandem bemerkt worden war. Aber mit den Range Rover verhielt es sich anders. Er war unzufrieden mit dem entstandenen Geräuschpegel, als die Kugeln das schwere Fahrgestell des SUVs durchschlagen hatten. Für ihn hatte es sich angehört wie kleinere, zeitgleich auftretende Blechschäden. Er musste sich deshalb unbedingt beeilen.
Er legte die rechte Hand um den Türknopf und versuchte, ihn zu drehen, aber er ließ sich nicht bewegen. Ohne zu zögern, griff er in seine Hüfttasche, zog einen Gegenstand hervor, welcher Ähnlichkeit mit einer Plastiksprengladung aufwies, und klemmte diesen zwischen Knauf und Türrahmen. Danach holte er aus einer der Westentaschen ein kleines Gerät mit Kunststoffgehäuse hervor, und schob es oberhalb der zuerst angebrachten Ladung an der Tür aufwärts. Zwei Fuß über dem Türknauf flackerte die LED-Leuchte des Geräts kurz in einem grünen Licht. Er platzierte einen weiteren Sprengsatz am Rahmen der Tür, und auch hier signalisierte das Gerät grünes Licht. Marko fixierte jede der selbst gebastelten Einheiten zusätzlich mit einem kleinen Keilstift und presste sich dann hastig flach an die Wand der Hütte.
In schneller Abfolge zündeten die Ladungen und brannten für fünf Sekunden mit großer Intensität. Die Thermitladungen verursachten kaum Geräusche, erzeugten aber dafür umso mehr Rauch auf beiden Seiten der Tür. Er drückte vorsichtig gegen die schwere Eichentür, die nun ohne Widerstand nach innen aufging, jetzt, da die Schlösser weggeschmolzen waren. Er hielt kurz den Atem an und trat in die Hütte. Die ätzende Rauchwolke erschwerte ihm die Sicht und brannte augenblicklich in seinen Augen, aber er erkannte trotzdem, dass er sich auf einem schmalen Absatz befand. Mehrere Stufen führten durch einen