BLACK FLAGGED ALPHA. Steven Konkoly. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Steven Konkoly
Издательство: Bookwire
Серия: Black Flagged
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958352476
Скачать книгу
erhaltene Fußspuren, voneinander abweichende Zeugenaussagen, und ein Bündel an ballistischen Auswertungen, die nichts enthielten, worauf die Ermittler durch das Gesehene nicht bereits von selber gekommen wären. Man hatte die Opfer entweder mit einem Messer getötet, ihnen aus nächster Nähe mit einer Pistole ins Gesicht geschossen, oder ihnen aus größerer Entfernung eine Kugel aus einem Scharfschützengewehr in den Kopf gejagt. Es war ein Leichtes, die mit der Pistole und dem Scharfschützengewehr vorgenommenen Tötungen voneinander zu unterscheiden: Die Munition aus der Pistole ließ den Kopf noch intakt.

      »Wir haben einen Scheiß«, sagte er nun an Spezialagent Mendoza gewandt, der soeben mit einem Stapel Papier in den Raum getreten war.

      »Wir haben immerhin einen der Schützen«, entgegnete dieser und stellte sich vor die Monitore zu Sharpe.

      »Und bis jetzt hat der einen Dreck gesagt. Wir wissen nicht einmal, um wen es sich handelt, und seinen Wagen konnten wir bis jetzt auch nicht finden. Wir wissen nur, dass der Typ ein eindrucksvolles Händchen für ein Scharfschützengewehr der Marke Remington mit Zielfernrohr bewiesen hat. Und ich bezweifle, dass fortgeschrittene Verhörtechniken bei ihm das Geringste bewirken werden.«

      »Haben Sie denn die Anforderungen weiter gereicht?«, fragte Mendoza in einem schwachen Tonfall, der erkennen ließ, dass er die Antwort darauf bereits kannte.

      »Das einzufordern, geschätzter Kollege, ist für jemanden in meiner Gehaltsstufe immer ein riskantes Unterfangen. Carlisle ist unser bester Verhörspezialist. Er wird die Befragung durchführen, ohne dabei irgendwelche Gesetze zu missachten. Danach wird eine andere Person entscheiden müssen, wie es weiter geht. Ich habe die Absicht, Carlisle und Olson die Befugnis für einen möglichen Deal zu erteilen. Ausgehend von mangelndem Beweismaterial, das wir an den übrigen Tatorten sicherstellen konnten, bin ich sogar geneigt zu behaupten, dass er nicht mit diesem Aufenthalt an der Seitenlinie gerechnet hat. Vielleicht wird er bei der Erwähnung eines Deals etwas zugänglicher.«

      »Das ist so ziemlich das Einzige, womit wir zum jetzigen Zeitpunkt trumpfen können«, pflichtete ihm Mendoza bei, wobei er einen Stapel Blätter auf Sharpes improvisierten Arbeitstisch legte. Sharpe nickte in Richtung des Stapels. »Noch mehr Anforderungsformulare für weiteres Personal?«

      »Jep. Diese hier sollten aber die Letzten sein. Der Großteil der im Gebäude Beschäftigten, arbeitet mittlerweile schon für uns«, gab Mendoza zur Antwort und hoffte, ein Lachen aus ihm hervorkitzeln zu können, oder zumindest den Ansatz eines Grinsens.

      »Diese Agenten wird man uns sofort wieder entziehen, wenn es uns nicht gelingen sollte, mehr zutage zu fördern als Phantomfußabdrücke und verwaschene Zeugenaussagen. Ich muss dringend von meinem Büro aus einige Anrufe tätigen.« Sharpe griff nach dem Papierstapel. Die Gespräche würden mit den Agenten stattfinden, die an jedem einzelnen Tatort die Leitung der Ermittlungen innehatten, und er würde ihrer mündlich abgelieferten Reporte auf das Wesentlichste konzentriert in seinem finalen Telefongespräch an seine unmittelbare Vorgesetzte innerhalb der Terror Financing Operations Section, Associate Director Sandra Delgado weitergeben. Er stellte sich gerade vor, wie Agent Delgado nach dem Ende ihres Gesprächs ihrerseits den Executive Assistant Director, Fred Carroll benachrichtigen würde, der im Allgemeinen die Verantwortung für die FBI Counterterrorism Division trug. Weiter und weiter würden die Telefonate gehen und die Drähte heiß glühen und sich in der Befehlskette immer weiter nach oben spiralisieren, so lange, bis Sharpe die Prozedur von Neuem beginnen würde. Das war ebenfalls Teil seines Jobs als Chef der Task-Force HYDRA.

      Kapitel 8

       09:38 Uhr, Cape Elisabeth, Maine

      

      Special Agent Justin Edwards stand einige Fuß abseits von Mohammad Ghanis Leichnam und genoss die Multi-Millionen-Dollar Aussicht auf den Atlantischen Ozean. Ein schier endloses Band aus diamantenem Funkeln, stellenweise unterbrochen von einem deplatziert wirkenden Krabbenboot und einer spärlich bewohnten Insel inmitten von Portlands Schifffahrtskanal. Er bemühte gerade seinen Geist, um sich vorzustellen, wie sich die Aussicht wohl von der Insel aus präsentieren mochte, als eine kühle, von Salz geschwängerte Brise aufkam und seine perfekt sitzende Frisur zu ruinieren drohte. Special Agent Margaret D'Angelo gab eine kurze Zusammenfassung dessen wieder, was die örtlichen Polizeibehörden bisher ermittelt hatten, aber er hörte kaum hin.

      »Sorry, aber ich komme einfach nicht von diesem Anblick los«, entschuldigte er sich und sie unterbrach ihre Ausführungen, wobei sich ein Ausdruck von Ungeduld in ihre Mimik geschlichen hatte.

      Edwards riss sich wieder zusammen und seine Aufmerksamkeit galt nun erneut der Agentin aus Portland, die einzige Agentin, welche permanent der lokalen Dienststelle des FBI in Portland zugeteilt war. Er wunderte sich, wem sie wohl ans Bein gepisst hatte, um in so einem Kaff zu landen, obwohl er Gefallen an dem sich ihm offenbarenden Panorama auf das Meer in Maine gefunden hatte. Er könnte sich daran gewöhnen, hier an Cocktails zu nippen, mit dem Atlantik im Rücken, doch er war noch Jahre entfernt von diesem Traum. Er stammte zwar aus einer wohlhabenden Familie, dennoch gab es eine Hürde, die ihm die Erfüllung seines Wunsches erschwerte: Geizige Eltern, die zwar für Meilensteine wie College und juristische Fakultät aufkamen, für eine generelle Nutzung ihres Vermögens durch ihre Kinder allerdings kein Verständnis aufbrachten.

      Er versuchte, D'Angelo näher in Augenschein zu nehmen, fand sie aber ehrlich gesagt uninteressant. Sie besaß die Attraktivität einer verheirateten und sich in den mittleren Jahren befindenden Frau, war aber gewiss nicht sein Typ. Wie die meisten Agentinnen hielt sie ihren Kleidungsstil sehr konservativ und schien weder Mühe noch Geld für ihre Frisur aufzubringen. Sie machte sogar den Eindruck, als ob sie heute früh das Haus verlassen hatte, ohne sich die Haare gemacht zu haben. Sie hatte sie hinten einfach zu einem Ist-mir-scheißegal-Dutt hochgesteckt, dem Markenzeichen für Frauen, die innerlich schon aufgegeben hatten.

      »Bitte fahren Sie fort. Sorry.«

      »Mr. Ghanis Leichnam wurde letzte Nacht gegen halb elf von einem privaten Sicherheitsmitarbeiter gefunden. Ein Techniker aus der Zentrale des Unternehmens in Omaha, Nebraska, hatte ihn dort hinausgeschickt.«

      »Haben Sie irgendetwas Ungewöhnliches beim Mitarbeiter oder dem Unternehmen festgestellt?«

      »Scheint so weit alles in Ordnung zu sein. Das Unternehmen gehört zu den Größten im Land, und der Wächter arbeitet bereits seit zwölf Jahren für den Arbeitgeber. Er befindet sich zurzeit noch auf der Polizeiwache in Cape Elisabeth. Das Unternehmen hat ihn nach einem Anruf von Mr. Ghanis Frau zum Anwesen geschickt, da sie ihren Ehemann in der Nacht nicht erreichen konnte.«

      »Also ist sie offensichtlich nicht hier?«

      »Nein. Sie hält sich bereits seit einigen Wochen in Pakistan auf. Der Rückflug ist für den frühen Juni geplant. Für gewöhnlich reagiert er immer auf ihre Anrufe. Darum war sie sofort beunruhigt, als er sich letzte Nacht nicht gemeldet hat.«

      »Keine Sicherheitskameras?«

      »Wunschdenken«, erwiderte sie.

      Er ging neben der Leiche in die Knie, über die man eine graue Plane mit aufgedruckten, schwarzen Lettern ausgebreitet hatte … CE Police Dept.

      Der verhüllte Leichnam befand sich in wenigen Schritten Entfernung von der Fahrerseite eines ehemals funkelnden Mercedes Cabrio Sedan. Das Verdeck war unten, und nun besprenkelt mit dicken, dunkelroten Flecken, was auf einen aus einer zerfetzten Arterie herausströmenden, breit gefächerten Blutstrahl hindeutete. Auf der Fahrerseite entdeckte Edwards weitere ähnliche Muster, die über den ledernen Bezug der Kopfstütze verteilt waren, und war sich sicher, dass Mr. Ghanis Blut die restliche Innenausstattung des Fahrzeugs ebenfalls ruiniert hatte.

      Eine große Pfütze aus Blut hatte sich auch um die Konturen des Körpers gelegt, und war zu einer ovalen Form erstarrt, die sich in Richtung der kleinen Einfahrt, welche in die Kreisauffahrt überging, erstreckte. Dieser kleine Abschnitt aus Asphalt führte zu vier Garagen, und die Position des Mercedes außerhalb von einem der Stellplätze ließ darauf schließen, dass er absichtlich so geparkt