Vorhang zu!. André Storm. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: André Storm
Издательство: Bookwire
Серия: Ben Pruss
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954415298
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paar Worte mit ihm gewechselt. Er war einer von den Zauberern, die auf Anhieb sympathisch wirken und vor Zauberkollegen unproblematisch offen mit ihren Geheimnissen umgehen.

      »Das ist er«, bestätigte Pedro Möller und ergänzte: »Was sagen Sie zu meinem Plan?«

      »Also ehrlich … Der Gedanke behagt mir nicht besonders.« Die Antwort kam zurückhaltender, als ihm zu Mute war. Er hatte sich wieder so weit gefangen, dass sich ein schrill ausgestoßenes »What the fuck?« angemessener in seinen Ohren angehört hätte. Trotzdem fuhr er in gemessenem Ton fort: »Ich hab doch gar keine Ahnung davon.« In seinem Kopf ploppte ein erschreckendes Bild auf, auf dem er die Hände durch fremdes, rotpockiges Rückenfett knetete und der schwabbelige Kerl auf der Liege dabei genussvoll ächzte und stöhnte.

      »Ach, papperlapapp«, Pedro Möller winkte ab. »Brauchen Sie doch gar nicht. Ehrlich. Wenn einer kommt, dann walken Sie den ein bisschen durch und fertig. Latexhandschuhe und alles Mögliche an Ölzeugs besorge ich. Sie haben doch bestimmt schon ab und zu einem hübschen Mädchen die Schultern massiert, oder?« Er schnalzte anzüglich mit der Zunge und kniff dabei ein Auge zu. Zum Glück war die Frage nur rhetorisch gemeint, denn Bens ehrliche Antwort darauf hätte »Äh, nein« lauten müssen. Pedro Möller fuhr fort: »Ist doch egal, wenn die denken, dass Sie eine Niete dabei sind. Aber das glaube ich nicht mal. Das kriegen Sie hin. Improvisieren Sie eben.« Er nickte und klatschte einmal in die Hände, als wollte er signalisieren, dass die Sache damit unwiderruflich beschlossen sei. »Und noch eins.« Jetzt hob er wichtig einen Zeigefinger und setzte erneut den anzüglichen Blick auf. Dann beugte er sich über die Tischplatte, so nah wie möglich an Ben heran und flüsterte: »Wir haben bei uns Frauenüberschuss. Und das sind nicht die Schäbigsten. Das kann ich Ihnen sagen!«

      Ben atmete schnaubend aus und ließ sich zurück in seinen Stuhl fallen. Pedro Möller tat es ihm gleich und gab ihm Gelegenheit, die Sache zu überdenken. Als Masseur würde er unweigerlich dicht am Geschehen sein. Und auch das Bild in Bens Kopf hatte nach Pedro Möllers enthusiastischem Plädoyer den größten Schrecken verloren. Und er erinnerte sich an die wenigen Male, als er massiert wurde. Einmal war es eine Sechsersitzung bei der Krankengymnastik gewesen, und einmal hatte er sich nach einem Auftritt im Saunapark Wischlingen eine Lomi-Lomi-Massage gegönnt. Das Rumkneten sollte er wohl hinbekommen, auch wenn es danach aller Voraussicht nach niemandem besser gehen würde.

      »Machen wir«, sagte er schließlich und streckte Pedro Möller die Hand entgegen, der augenblicklich einschlug und mit seinem übertrieben festen Händedruck beinahe dafür sorgte, dass Ben gleich an Ort und Stelle einen Physiotherapeuten nötig hatte.

      »Den ersten Termin bei Ihnen, nehme ich«, sagte Pedro Möller bestimmt, und Ben blickte ihn entgeistert an.

      »Spaaaaaaß«, schickte er prustend hinterher, nachdem er Bens Schrecken eine Sekunde ausgekostet hatte. Dann sagte er in gesetztem Ton: »Heute haben wir einen unserer Ensembleabende. Das ist sowas wie ein Betriebsfest. Das machen wir einmal in der Mitte jeder Saison und am Ende. Da kommen alle Mitarbeiter, nicht nur die Künstler. Da könnte ich Sie mit den Kollegen bekannt machen, und jeder hat Sie mal gesehen. Wie ist das überhaupt? Haben Sie denn gerade noch andere Fälle?«

      »Gerade den letzten mit Außeneinsatz abgeschlossen.« Ben wies mit der Hand in Richtung Flur, um an seinen Assistenten Kai Siebert zu erinnern. »Ansonsten gibt es momentan nur eine Menge Recherchearbeit, und die kann ich vom Laptop und Handy erledigen. Kein Problem.« Die Lügen gingen ihm leicht über die Lippen, wie er feststellte. Erstens hatte er gar keinen Laptop, und sein Handy war ein uralter Knochen aus den Pionierzeiten der Mobiltelefonie. Er tröstete sich mit dem Gedanken, dass es zu den wichtigsten Leistungen eines guten Zauberers und sicher auch eines Möchtegern-Detektivs gehörte, die Wahrheit hier und da etwas zu dehnen. Und er tat das ja für einen guten Zweck.

      »Bleibt nur noch die Frage nach der Bezahlung. Ich hoffe, wir werden uns einig. Ich dachte mir, ich engagiere Sie erst mal für maximal zwei Wochen«, sagte Pedro Möller.

      »Ja. Ja, richtig.« Ben überlegte und spürte den Herzschlag unter seinem karierten Hemd. Es behagte ihm nie, einen Preis zu nennen, selbst bei seinen Engagements. Und meistens ärgerte er sich im Nachhinein, wenn er seine Arbeit wieder mal zu billig verkauft hatte. Bei der Zauberei merkte man das daran, dass die Kunden am Telefon entspannt ausatmeten und postwendend zusagten. Man hörte ihr gewinnendes Lächeln förmlich durch den Hörer. Manchmal hatten sie dann sogar noch den Schneid zu fragen, ob das »wirklich so in Ordnung« sei. »Mein Tagessatz liegt bei 150 Euro«, sagte er entschlossener, als er sich fühlte.

      Pedro Möllers Augen leuchteten auf. Er lächelte übers ganze Gesicht und streckte begeistert seine Hand aus. »Ist das auch wirklich so in Ordnung?«

      »Plus Spesen!«, setzte Ben mit eingefrorenem Lächeln hinterher, als er Pedro Möllers Hand griff und sich Mühe gab, diese möglichst zu Brei zu quetschen.

      Dass dieser Preis viel, viel, viel zu günstig war, sollte sich schon wenige Stunden später im Zack-Varieté herausstellen.

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      »150 Euro? Alter, Magnum hat schon 200 Dollar als Tageshonorar genommen – und das war 1980.« Kai Siebert saß auf Bens Couch im Wohnzimmer und lachte seinen Freund aus. Eine Flasche Bier in der Hand. Die Reisetasche und die erste bereits geleerte Flasche standen neben ihm auf dem Boden. »Du hättest locker 400 oder 500 nehmen können. Ich meine, schließlich denkt der, du wüsstest, wovon du redest.« Wieder lachte er los. »Und zur Tarnung als Masseur?« Sein Kichern wurde schriller, und er schlug sich mit der flachen Hand mehrfach auf den Oberschenkel, dass es laut klatschte. »Wo hast du dich da wieder reinquatschen lassen?«

      »Also bei den Künstlern gibt es weit mehr Frauen«, rechtfertigte Ben sich. »Und das sind nicht die schäbigsten, glaub mal. Alles Artistinnen und so und junges Gemüse bei den Servicekräften.« Er saß Kai gegenüber auf dem Sessel. Die Beine gemütlich auf einem gepolsterten Hocker abgelegt. Couch, Sessel und Hocker waren wild durcheinander gewürfelt. Die Couch, bezogen mit grauem, mittlerweile glänzend geriebenem Velours, gehörte vormals seinen Eltern, er hatte sie auf dem Dach seines Ford Fiesta vom Sperrmüll gerettet. Sessel und Hocker hatte er in der Schnäppchenabteilung bei Ikea entdeckt. Sessel weiß, Hocker blau – im Laden war ihm das wie ein ausgeklügeltes Wohnkonzept vorgekommen. In seinem Wohnzimmer stellte es dann eher eine Beleidigung für die Augen dar. Doch davon gab es ohnehin eine ganze Menge in seiner Wohnung. Die meisten Möbel hatte er irgendwo gebraucht erstanden. Es war ihm nicht wichtig, eine perfekt durchgestylte Wohnung zu haben. Besuch gesellte sich so gut wie nie zu ihm, und wenn sich seine Eltern mal, was selten genug vorkam, zum Kaffee bei ihm einluden, um sich über seinen Lebensstil aufzuregen, beglückte ihn das Chaos in seiner Wohnung umso mehr.

      Kai hatte nach Bens schlagfertigem Argument nachdenklich die Stirn krausgezogen und schien die Angelegenheit vor diesem bedeutungsvollen Hintergrund noch einmal abzuwägen. »Mehr Frauen als Männer?«, murmelte er.

      »Viel mehr.«

      »Artistinnen und so, oder? Und junges Gemüse bei den Servicekräften.«

      »Alle perfekt durchtrainiert und fast keine über dreißig.«

      Kai verschraubte die Augen, dann sagte er: »Und ich bin doch dein Assistent, oder? Hast du selbst gesagt.«

      »Ha, vergiss es«, sagte Ben lachend. »Wenn ich da jemanden durchkneten muss, dann mach ich das schön alleine!«

      »Ja, mach du mal«, sagte Kai und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Aber mal was anderes. Du hast doch überhaupt gar keinen Schimmer von Detektivarbeit. Höchstens vielleicht von deinen TKKG-Kassetten.«

      »Drei Fragezeichen«, gab Ben schnippisch zurück. »Als Zauberer hab ich doch sowieso ein detektivisches Gespür … Und außerdem kann jeder Depp sich Detektiv nennen. Meinst du, die haben immer Ahnung. Man muss ja mal was Neues ausprobieren. Und wenn nichts dabei rumkommt, dann schreibe ich eben einen Bericht, dass ich nichts rausfinden konnte und ein bisschen Bla Bla – und die Kohle kassiere ich trotzdem. So!« Er atmete zischend ein und fuhr dann fort: »Sorry, hab bis jetzt nur von mir