Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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Fremde bei ihm; so als sei nichts geschehen. Er hatte die Arme längst wieder verschränkt. Sein kühler Blick flog hinauf zu Cassedy.

      Mit ungläubigen Augen blickte Silk Cassedy auf den Mann am Boden und dann auf den »Schulmeister«. Schließlich brüllte er: »Ronny! Den Rest besorgst du!«

      Ronny Vaugham setzte sich in Bewegung. Alles an ihm erinnerte an einen gereizten Stier. Er war zweifellos ein bärenstarker Bursche, und wie er da so auf den schlanken Fremden zuging, schmolzen auch die letzten Hoffnungen derer, die sich von dem ebenso unerwarteten wie mutigen Eingreifen des Fremden eine Wendung erhofft hatten.

      Ted Lupkins, der Schreiber, hatte den Fremden genau beobachtet. »Er ist ein Schießer«, flüsterte er tonlos vor sich hin. »Er hat die kalten Augen eines Revolvermannes! Ich weiß es genau…«

      Jonny Bloom, der Schmied, stieß ihn an. »Halt doch das Maul«, knurrte er. »Cassedy vergreift sich sonst auch noch an uns!«

      »Er ist ein Schießer…, ich weiß es genau. Seine Augen…«

      Ronny kam dem Fremden immer näher.

      Da brüllte Lupkins los: »Schieß doch, Mann! Schieß!«

      Der Schrei trug ihm einen Stoß Jimmy Loons ein. »Verrückt geworden, Amigo?«

      In diesem Augenblick stand Ronny Vaugham vor seinem Gegner. Viel schneller als man es ihm zugetraut hätte, duckte er sich und holte mit der geballten Rechten zum Schlag aus.

      Aber noch schneller zuckte ein pfeifender Handkantenschlag unter Ronnys Arm hindurch, traf den schweren Mann am Hals, warf ihn zurück und zwang ihn in die Knie.

      Ronny stieß einen gurgelnden Schrei aus, raffte sich wieder auf, stolperte vorwärts. Beidhändig schlagend drang er auf den Fremden ein.

      Der parierte einen Schlag, unterlief den nächsten und riß die linke Faust unter das Kinn des Banditen.

      Ronny Vaugham knickte wie eine Gliederpuppe in sich zusammen. Still legte er sich neben Tub Crooner in den Straßenstaub.

      Da sprang Cassedy von dem Karren und stürmte vorwärts. Mitten im Lauf hielt er inne und starrte in die Mündung des schweren Buntline Colts, den der Fremde plötzlich in der linken Faust hielt.

      In Cassedys Gesicht kämpften Wut und Erschrecken miteinander. Er stemmte die Hände in die Hüften, zog die buschigen Brauen in die Höhe und öffnete langsam die Lippen zu einem breiten Lachen. »Was hast du vor, Brother?«

      »Das wirst du sofort erfahren«, versetzte der Fremde in seiner bedächtigen Art. Im nächsten Augenblick blitzte sein Colt auf.

      Zwei Yards über dem Kopf des Sheriffs riß der Strick auseinander.

      Aus einem Dutzend Kehlen kam ein einstimmiger Ruf der Verwunderung.

      In die nachfolgende Stille hinein sagte Jimmy Loon: »Goddam, er hat nicht mal gezielt…«

      »Eben!« brüllte Lad Bryan. »Es war purer Zufall!«

      »Klar!« rief Cassedy. »Laßt euch nicht bluffen, Männer! Das war ein Sonntagsschuß!«

      »Natürlich«, entgegnete der Fremde. Dann jonglierte er den Colt in die rechte Hand, griff mit der Linken in die Westentasche, nahm einen Silberdollar heraus und schleuderte ihn hoch über den Galgenbaum. Als der Dollar seinen höchsten Flugpunkt erreicht hatte und für einen Augenblick in der Luft zu stehen schien, riß der Mann den Colt mit der Rechten in Brusthöhe und schoß.

      Die große Münze sauste in den grauen Himmel und sah so winzig aus wie ein Centstück.

      Weit hinter dem Baum fiel sie auf den Boden.

      Bill Kennedy rannte los und brachte den Dollar zurück. Er reichte ihn seinem Boß.

      Silk Cassedy warf nur einen Blick darauf, dann warf er ihn dem Fremden zu, der ihn geschickt mit der Linken auffing und in seine Weste gleiten ließ.

      Auf dem Marktplatz herrschte betretene Stille.

      Mit belegter Stimme fragte Silk den Fremden: »Wer… wer sind Sie?«

      Der Mann nahm eine dünne schwarze Zigarre aus der linken oberen Westentasche, brannte sie an und ließ sie von einem Mundwinkel in den anderen wandern. »Das geht dich eigentlich herzlich wenig an; ich will es dir trotzdem sagen: Ich heiße Wyatt Earp.«

      Cassedy legte den Kopf zur Seite. »Wyatt Earp?«

      »Yeah.«

      »He, Boß!« rief Lad Bryan. »Den kenne ich! Er ist Constabler in Lamar!«

      Silk rieb seine klobigen Hände ineinander. »Hm, ich weiß. Ich kenne ihn jetzt auch.«

      »Laß ihn in Ruhe!« rief Bill hastig dazwischen. »Der Kerl ist gefährlicher als eine Horde Sioux!«

      Silk lachte plötzlich dröhnend auf. Es war eine unangenehm harte Lache, die nicht enden wollte.

      »Wyatt Earp ist er? Dieser dünne Kerl will Wyatt Earp sein!«

      Plötzlich wurde das Gesicht des Banditen starr. »Männer, er hat Tub und Ronny niedergeschlagen. Pustet ihn aus!«

      Jimmy und Jonny Tucker griffen nach ihren Revolvern.

      »Stop, Gents!« Wyatt Earp hatte den Colt wieder in der Linken. »Der Spaß ist zu Ende!«

      »Er hat nur noch drei Schuß!« bellte Silk.

      Wyatt warf ihm einen eisigen Blick zu. »Drei Schuß, die drei von euch umwerfen werden. Ich verspreche dir, Cassedy, daß du dabei sein wirst!«

      Der Riese hatte die Hände steif über seinen Hüften hängen, nur drei Inches von den schweren Pistolen entfernt, die an beiden Seiten seines Waffengurtes hingen.

      Es war eine knisternde halbe Minute, die da über den Marktplatz kroch.

      Sieben Rowdies standen einem einzigen Mann gegenüber. Tub und Ronny hatten sich nach dem Dollarschuß auch hochgerappelt.

      Während Silk feuerrot vor ohnmächtigem Zorn wurde, blieb das Gesicht des Constablers ruhig. Kalt hielten seine Augen den Banditen in Schach.

      Da warf Cassedy den Kopf zu den anderen herum. »Er hat doch keine Chance, Boys! Wir haben sieben Schießeisen!«

      »Und drei von euch sterben…«, gab der Constabler zu bedenken.

      Er stand etwa sieben Yards vor der City Hall.

      Tub und Ronny hielten kaum drei Yards vor ihm.

      Drei weitere Yards zurück stand Silk.

      Neben ihm Lad.

      Dahinter hielten Jimmy Loon, Jonny Tucker und Bill Kennedy bei den drei herbeigeschleppten Zeugen.

      Der Sheriff stand noch mit gefesselten Gliedern auf dem Karren. Dahinter standen ein paar Neugierige.

      Hinter den Vorhängen der Fenster lugten nun zahlreiche Augenpaare auf den Platz.

      Und da unten stand Wyatt Earp allein. Aber die Eiseskälte, die der Mann ausstrahlte, hielt Cassedy und seine Crew noch hin.

      Wie lange noch?

      Neben der City Hall war das Haus des Brunnenbauers Sutherland. Direkt neben der Tür war eine Schießscharte. Unbemerkt von allen schob sich jetzt der Lauf einer Winchester nach draußen.

      Einer hatte es doch gemerkt: Wyatt Earp. Mit einem raschen Seitenblick hatte er die Hilfe erfaßt.

      »Drei Schuß und zwei saubere Kugeln aus einer neuen Winchester, Cassedy!« sagte er, indem er mit einer Ellbogenbewegung auf das Gewehr deutete.

      Cassedy sah es jetzt auch. Er erbleichte. Eine volle Minute verrann. Eine von jenen, wie sie im Leben Wyatt Earps noch hundertmal wiederkommen sollten.

      Da endlich drehte der lange Cassedy sich um und winkte seinen Leuten.

      Langsam schlenderten die Banditen auf die Mainstreet zu.

      »Cassedy!«