Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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alte Calligan lag mit eingeschlagener Nase in einer Ecke unter seinen durcheinandergeworfenen Stoffballen.

      Die Banditen waren schon weitergezogen. Sie standen vor dem »Grand Hotel«.

      »So, da wollen wir zu Mittag essen, Boys!« keifte Jimmy Loon, ein kleiner, schlitzäugiger Kerl mit sichelkrummen Beinen.

      Niemand trat ihnen entgegen. Der Hotelier und der größte Teil seines Personals waren geflohen. Mister Gennan, der Geschäftsführer, stand drüben hinter dem Fenster in der Saddlery von Tom Brown. Er hatte die Hände im Waffengurt stecken und sog nervös an seiner Zigarette.

      »Damned! Sie hausen wie die Wilden, und niemand unternimmt etwas gegen sie! Wo bloß Lester bleibt?«

      Der Sattler wischte seine mit Lederstaub bedeckten Hände an der grünen Schürze ab und lugte über seine goldgeränderte Brille. »Der Sheriff ist ein alter Mann, Mr. Gennan. Was sollte er gegen die Banditen unternehmen? Wenn er herauskommt, knüpfen sie ihn auf. Das ist doch klar. Cassedy wartet nur darauf, daß Lester sich ihm in den Weg stellt. Es würde dem Alten nicht anders ergehen als seinem Vorgänger Pal Owens.«

      Jimmy Gennan ließ seine Zigarette fallen und zertrat sie. »Geben Sie mir Ihr Gewehr, Brown. Ich schieße Cassedy nieder!«

      Der Sattler stand auf und schüttelte den Kopf. »Von hier? Aus dem Hinterhalt? No, Mr. Gennan. Cassedys Leute würden meinen Laden zertrümmern und mich erschlagen. Das wäre das Verrückteste, was wir anstellen könnten.«

      »Lester!« knurrte Gennan. »Er muß herauskommen!«

      Der Sattler setzte sich wieder an seine Arbeit.

      Inzwischen war Cassedy mit seinen Leuten drüben in die Hotelhalle eingedrungen. Da sie niemanden vorfanden, stürmten sie die Rezeption, schleuderten die Gästebücher durch die Halle und liefen in die Küche.

      Der schrille Schrei einer Mädchenstimme drang bis auf die Straße.

      Da nahm der alte Howard Lester den silbernden Fünfzack, den er schon auf den Tisch gelegt hatte, heftete ihn wieder an seine Brust, zog den Colt aus dem Halfter, lud ihn durch, ließ die Trommel routieren und ging festen Schrittes auf die Straße.

      Vor dem Hoteleingang blieb er stehen und feuerte einen Schuß ab.

      Drinnen verstummte augenblicklich der Lärm.

      »Cassedy, komm heraus!« rief der Sheriff mit unsicherer Stimme.

      Der Riese war sofort an der Tür. Seine Leute schoben sich neben ihn. Breitbeinig stand er da, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und warf einen höhnischen Blick auf den Sheriff.

      »He, Boys, was will der Opa von uns?«

      Die Banditen lachten schallend.

      Lester wurde blutrot im Gesicht. Seine Hände zitterten.

      »Los, Tub, mach’ ihn fertig!« befahl Silk einem vierschrötigen Kerl, über dessen Nasenbein sich eine breite Narbe zog.

      Tub Crooner stakste vorwärts und blieb einen Yard vor dem Sheriff stehen. »Alter, mach’ keinen Ärger, gib deine Kanone her!« rief er heiser.

      Der Sheriff blickte an ihm vorbei auf Cassedy. »Ich ersuche Sie, die Stadt augenblicklich zu verlassen, Cassedy! Ich habe telegraphisch Hilfe aus Dodge City angefordert. Howell ist nur fünfzehn Meilen von der Stadt entfernt…«

      Cassedy kam langsam die Treppe herunter. Mit der Linken schob er Crooner zur Seite, kniff das rechte Auge ein und sagte mit schnarrender Stimme: »Was hast du?«

      »Ich habe Hilfe angefordert«, versetzte der Sheriff heiser.

      Im nächsten Augenblick saß ihm die Faust des Riesen im Gesicht.

      Lester stürzte in den Straßenstaub und stand langsam wieder auf. Ein dünner Blutfaden zog sich aus seiner Nase. Mit einer fahrigen Bewegung griff er nach dem Colt.

      Da schlug der Bandit wieder zu.

      Aus dem Sheriff-Office sprang in diesem Augenblick ein Mann auf die Straße. Er war noch jung, höchstens siebzehn. Er hatte eine Winchester in der Hand.

      »Hände hoch!« brüllte er.

      Silk Cassedy reagierte blitzschnell. Sein Colt bellte auf – und drüben vor dem Sheriff-Office brach der flachsblonde Joe White in die Knie.

      »So sieht das aus, Leute!« rief Cassedy. »Ich werde euch zeigen, wer der Herr von Howell ist. Und so geht es jedem, der sich mir in den Weg stellt! Tub, Bill, Jonny, packt den Sheriff! Er wird gehängt!«

      Jimmy Gennan, der Geschäftsführer des »Grand Hotels« riß drüben in der Saddlery eine schwere Parkerbüchse von der Wand, lud sie durch und stürmte auf die Straße.

      Aber er kam nur zwei Schritt vorwärts. Noch auf dem Stepwalk riß ihn die Kugel Cassedys von den Beinen.

      Die Menschen hinter den Fenstern zuckten zusammen. Aber es gab niemanden mehr in der Stadt, der noch hätte Widerstand leisten mögen.

      Mit johlendem Geschrei schleppten die Banditen den Sheriff zum Markt, wo ein alter, verdorrter Baum seine kahlen Äste in den bleigrauen Himmel streckte.

      Cassedy schickte Bill, Ronny und Tub in die Häuser, um Zeugen für die »rechtmäßige Verurteilung« des Sheriffs zu holen.

      Der alte Bäcker Hollister, der Schreiner Lupkins und der Schmiedegeselle Bloom wurden herangeschleppt, um der Urteilsvollstreckung beizuwohnen.

      Lester wurde an Händen und Füßen gebunden und dann auf einen Karren gestellt.

      Cassedy persönlich warf seinen Lasso um einen der Äste. Das untere Ende wurde dem unglücklichen Alten um den Hals gelegt.

      Wie überall bei solchen Gelegenheiten, hatten sich auch hier eine Menge Neugieriger eingefunden.

      Cassedy war in seinem Element. Er sprang auf den Karren und rief: »Hat jemand etwas einzuwenden?«

      »Ja!« ertönte da eine metallene Stimme.

      Alle wandten sich um und sahen drüben vor der City Hall einen Mann stehen. Er war groß, sehr schlank, breitschultrig, trug einen schwarzen, umgekniffenen Hut und eine saubere schwarze Jacke. Aus seinem ernsten, wettergebräunten Gesicht blickten tiefblaue Augen. Er stand vor seinem Pferd, einen hellen Falben, hatte den Zügel noch in der Hand und schlang ihn jetzt um einen Querholm.

      Silk Cassedy starrte den Fremden an, als habe er es mit einem Kranken zu tun. In die urplötzlich eingetretene Stille rief er: »Du hast also etwas dagegen, Brother?«

      Der Fremde nickte ernst.

      »Und was hast du dagegen?« fragte Cassedy höhnisch. »Willst du uns etwa daran hindern, diese unnütze Qualle hier aufzuknüpfen?«

      »Das habe ich nicht gesagt; aber da du mich fragst: ja!«

      Der merkwürdige Mann begann den Bandenboß zu amüsieren. »Und wie wolltest du das anfangen?«

      »Das mußt du mir überlassen, Cassedy«, erwiderte der Fremde gelassen.

      »Ho, er kennt mich!« grölte der Riese. »Um so besser. Und mit wem haben wir denn die Ehre, he? Sicher mit dem Schulmeister, was?«

      Der Fremde verschränkte die Arme und blickte ruhig auf die Szene. Kein Muskel in seinem ernsten, kantigen Gesicht regte sich.

      »Hör zu, Freund!« sagte Cassedy, der plötzlich keine Lust mehr verspürte, sich weiter von seinem Vorhaben abhalten zu lassen. »Sieh zu, daß du weiterkommst, sonst bist du gleich nach dem Alten an der Reihe!«

      »Das halte ich für ausgeschlossen.«

      Cassedy wurde feuerrot im Gesicht. »Tub, mach Kleinholz aus ihm!«

      Der vierschrötige Tub Crooner marschierte auf den Fremden zu, rannte plötzlich los und holte zu einem schweren Faustschlag aus.

      Wie es dann geschah, daß der bullige Tub plötzlich vor dem Fremden auf der Straße lag, hatte niemand genau sehen