Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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ihn gegen die Wand.

      »Rote Wolke, Mann! Ich habe ihn erkannt! Es ist Häuptling Rote Wolke, der Bluthund der Sioux –!«

      Wyatt hatte ihn längst erkannt. Sofort, als er ihn oben gesehen hatte.

      Der Häuptling kam bis auf zwanzig Yards heran und blieb dann stehen. Er hob die rechte Hand und rief mit einer merkwürdig harten, kehligen Stimme in gebrochenem Englisch: »Die weißen Männer sollen herauskommen.«

      »Was willst du von uns?« fragte Wyatt zurück.

      »Ich werde mit euch sprechen!«

      »Wo sind deine Krieger?«

      »Oben.«

      »Weshalb schießen sie auf uns?«

      »Die weißen Männer kommen von Cheyenne und bringen das sprechende Papier nach Fort Laramie.«

      »Wir kommen weder aus Cheyenne noch bringen wir einen Brief nach Fort Laramie. Wir kommen aus Kansas und wollen nach Sheridan.«

      »Der weiße Mann lügt. Er ist der Captain Hunter aus Laramie. Er hat seinen Waffenrock nur getauscht.«

      »Rote Wolke ist ein berühmter Häuptling. Aber diesmal irrt er sich. Ich heiße Wyatt Earp und bin ein Marshal aus Kansas.«

      »Earp?« Der Indianer schien zu überlegen.

      »Knallen Sie ihn ab!« brüllte Donegan, dem die unheimliche Spannung, die hier zwischen den Steilwänden lag, an den Nerven zerrte.

      Wyatt blieb in der Nische. »Ich habe dem Häuptling der Sioux alles gesagt. Was will er von uns?«

      »Der weiße Mann lügt!«

      Wyatt nahm seinen Marshalstern aus der Tasche und hielt ihn hoch. »Hier ist mein Abzeichen. Kein Offizier hat einen Marshalstern.«

      Wyatt blickte hinter ihm her.

      Wie es Donegan gelungen war, ihm den Colt so schnell aus dem Halfter zu reißen, begriff Wyatt nie.

      Jedenfalls brüllte der schwere Revolver plötzlich los.

      Die Kugel prallte dicht neben dem Häuptling ans Gestein und schlug zurück.

      Wyatt hatte dem Banditen die Waffe aus der Hand geschlagen und stieß ihn derb zurück. »Sind Sie wahnsinnig!«

      Rote Wolke war stehengeblieben und beobachtete die beiden. Langsam öffneten sich seine strichschmalen Lippen. »Die weißen Männer haben auf mich geschossen!« Es klang wie ein Todesurteil.

      Wyatt biß die Zähne zusammen. Dann rief er: »Es war ein Versehen…«

      »Kein Versehen, der andere weiße Mann hat geschossen! Dein Freund!«

      »Er ist nicht mein Freund!«

      Der Häuptling kam langsam zurück. Auf seinem alten Platz blieb er stehen. »Nicht dein Freund?«

      »Nein.«

      »Weshalb reitest du denn mit ihm?«

      »Er ist ein Mörder. Er hat einen Richter erschossen. Ich muß ihn nach Sheridan bringen!«

      Lange ruhte der Blick des Häuptlings auf Wyatts Gesicht. Es schien eine halbe Ewigkeit vergangen zu sein, als er endlich sagte: »Gib den Mann heraus.«

      Wyatt schüttelte den Kopf. »Nein.«

      »Er ist ein Mörder?«

      »Ja.«

      »Er muß also sterben?«

      »Ja.«

      »Dann soll er hier sterben.«

      Der Verbrecher war kalkweiß geworden. Plötzlich packte er die Jackenaufschläge des Marshals. »Earp! Das können Sie nicht tun – Earp!« Das helle Entsetzen stand in seinen Augen.

      Wyatt wandte sich ab und schob den Mann zurück. »Du hast meine Antwort gehört, Häuptling. Ich muß den Mann nach Sheridan bringen.«

      »Gib ihn raus! Wenn du nicht Captain Hunter bist, lasse ich dich weiterreiten.«

      »Weshalb?«

      »Weil es mir so gefällt. Weil du mich herankommen lassen hast. Weil du ein gutes Gesicht hast und weil du ihm den Revolver aus der Hand geschlagen hast. – Er aber muß hier sterben.«

      Wyatt schüttelte den Kopf.

      »Dann stirbst du auch«, entgegnete der Häuptling kalt.

      »Ich werde kämpfen.«

      Das Gesicht des Indianers zeigte kei­nerlei Regung. »Es gibt nichts zu kämpfen. Ich habe viele Krieger bei mir.«

      »Es sind nicht viele.«

      »Du glaubst mir nicht?« fragte der Alte lauernd mit erhobener Stimme.

      »Ich sagte nur: Es sind nicht viele.«

      »Mehr als zwanzig.«

      »Viele nenne ich fünfzig.«

      Der Häuptling ließ den Blick forschend in den Augen des Missouriers. »Du willst mit uns kämpfen?«

      »Du zwingst mich dazu.«

      Der Rote wandte sich wieder um, da rief ihm Wyatt nach:

      »Weshalb bist du zu uns gekommen? Weshalb glaubst du, daß wir nicht auf dich schießen würden?«

      »Es haben schon viele weiße Männer auf mich geschossen.«

      »Ich weiß, daß du keine Angst hast aber ich verstehe dich doch nicht.«

      Ein langer, besonders forschender Blick flog zu dem Marshal hinüber. »Da du doch sterben wirst, will ich es dir sagen: Du hast meine Brüder nur kampfunfähig geschossen. Und das in der Not und in der Eile. Das zeigt mir, daß du ein sehr überlegter und guter Mann bist.«

      »Und doch willst du mich sterben lassen.«

      »Du willst es nicht anders.«

      »Ihr habt uns angegriffen, wolltet uns überfallen.«

      »Weil ich dich für Captain Hunter hielt, der aus Cheyenne diesen Weg kommen muß.«

      »Du weißt nun, daß ich dieser Mann nicht bin.«

      »Ja. Ich glaube es. Du kannst gehen. Aber der andere weiße Mann bleibt hier!«

      »Rote Wolke weiß, daß ich für ihn kämpfen werde.«

      »Weshalb tust du es? Er wird doch in Sheridan gehängt!«

      »Ich bin nicht sein Richter. Ich bin nur ein Polizeireiter, der einen Mörder zur Verhandlung zu bringen hat.«

      »Aber du brauchst nicht für ihn zu kämpfen. Du kannst deine Aufgabe als erledigt ansehen.«

      Wyatt schüttelte den Kopf. »Ich werde den Mann nach Sheridan bringen.«

      Ein unendlich verächtliches Lächeln zuckte um die messerscharfen Mundwinkel des greisen Indianers. Langsam wandte er sich um und ging zurück.

      Donegan lehnte schweißüberströmt in der Felsnische und starrte Wyatt an.

      Plötzlich sprudelte er los: »Ich weiß nicht, wie es passiert ist, Earp! Ich weiß nicht…«

      »Seien Sie still!«

      Minute um Minute verrann.

      Es geschah nichts.

      Endlich stieß Donegan flüsternd hervor: »Worauf warten Sie?«

      »Ich weiß es nicht, vielleicht auf die Nacht.«

      »Und worauf warten Sie?«

      Der Marshal hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. Vielleicht wartete er auf ein Wunder.

      Und so wartete jeder.

      Nur eines war gewiß: Die Nacht kam sicher…

      *