Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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Spiel gebraucht: Ich bin Rote Wolke, der große Häuptling der Su-Indianer, wie sich die Sioux selber nennen…

      Viel später erst sollte sich erweisen, daß Rote Wolke wirklich noch lebte. Der steinalte Krieger griff noch persönlich in die Reservatsverhandlungen für seine Stammesbrüder unten in Cheyenne ein. Er kam auf einem weißen Pferd im vollen Kriegsschmuck an, mit siebzig Reitern. Als er vom Pferd stieg, glaubte man seine Knochen knacken zu hören. Wyatt berichtete: »Es knackte und gab ein ähnliches Geräusch von sich, als wenn man sich in einen alten Korbstuhl setzte...« Zu dieser Zeit aber war der Indianer schon hoch in den Neunzigern. Es hieß, er sei 104 Jahre alt geworden. Niemand weiß es genau. Jedenfalls ist er nicht, wie auch vom West Observer berichtet wurde, in der großen Indianerschlacht am Little Big Horn gefallen.

      Jetzt, im Sommer des Jahres 1874 war er noch auf dem Kriegspfad. Er gehörte zu den wenigen Häuptlingen, die sich nicht in Reservate einsperren ließen, die immer wieder umherzogen, sich gegen die Weißen verteidigten, immer an einem anderen Platz ihrer einstigen Weidegründe die Zelte aufgeschlagen, sich nicht scheuten, auch gegen größere Militärtrupps vorzugehen, ganze Cowboy-Crews anzugreifen und immer wieder die Schienen des Feuerrosses aufzureißen, das unerlaubterweise schon seit einigen Jahren durch das alte Land der Sioux stampfte.

      Er war ein Superwolf, dieser Rote. Ein unerschrockener, sehr schlauer, umsichtiger und kaltbtüiger Mann. Und wo er auftauchte, verbreitete er Angst und Schrecken. Er und der Apachenhäuptling Cochise hielten als letzte die Festungen der großen Indianerstämme. Cochise im Süden, Rote Wolke im Norden. Mit dem Unterschied, daß Cochise vernünftiger war und mit den Weißen verhandelte.

      Rote Wolke verhandelte nie.

      Er führte das eiserne Regime der Ogellalahs, und er hielt daran fest – bis zu seinem Tode.

      Wie eine Statue stand er da. Sehr aufrecht.

      Dann hob er die Hand.

      Aus den Klüften der Felsen hinter ihm kamen drei junge Männer. Bronzebraune, geschmeidige Gestalten mit langem schwarzem Haar und brustfreier, derber Lederkleidung.

      Der Häuptling wies hinab auf die Bergstraße. Dahin, wo die beiden Weißen wie zwei Miniaturgestalten über die Fahrstraße nach Norden ritten.

      Stumm und geräuschlos verschwanden die Indianer von dem Felsvorsprung.

      Die beiden Männer lagerten in einem Bergeinschnitt.

      Donegan nagte mißmutig an einem Stück Fleisch, das Wyatt gebraten hatte.

      Der Marshal blickte gedankenvoll kauend in das knisternde Feuer, als er plötzlich glaubte, ein Geräusch gehört zu haben. Ruhig und unauffällig suchten seine Augen die gegenüberliegenden Bergnasen und Vorsprünge ab. Und dann hatte er etwas gesehen, das das Blut in seinen Adern gefrieren ließ:

      Eine rot- und gelbbemalte scheußliche Fratze.

      Sioux Ogellalahs auf dem Kriegspfad.

      Mit einem Sprung war Wyatt bei seinem Pferd, saß im Sattel, ehe noch irgendwas geschehen war und jagte seitlich am Pferdeleib hängend durch eine kaum sechs Fuß breite Schlucht davon.

      Ohrenbetäubendes Geheul scholl hinter ihm her.

      Schüsse krachten.

      Kugeln platzten gegen das Gestein und heulten sirrend durch die Luft zurück.

      Jack Donegan hatte dem Marshal mit offenem Munde nachgesehen.

      Dann hörte er das Geheul der Indianer.

      Für den Bruchteil einer Sekunde saß er wie gelähmt da, dann sprang er hoch. Er hatte die Hände zum Essen frei bekommen, riß sich in den Sattel und jagte hinter dem Marshal her.

      Eine Gewehrkugel traf das Pferd des Banditen.

      Der Fuchs stolperte und brach vorn ein.

      Wyatt war ein Stück zur Schlucht zurückgeritten, hielt jetzt an, blickte zu den Feldsrändern hinauf, und als er da keine Indianer sah, wollte er zu Donegan zurück, der neben seinem Pferd am Boden lag.

      In diesem Augenblick stürmten wenigstens ein halbes Dutzend Indianer in die Enge auf Donegan zu.

      Wyatt riß die Winchester aus dem Scabbard und sofort heulte das schwere Gewehr auf.

      Das Echo der Schußdetonationen mischte sich mit dem Geschrei der Sioux.

      Aber sie waren gestoppt worden.

      Donegan stierte mit glasigen Augen hinter ihnen her und rannte dann los auf den Marshal zu. Als er ihn erreicht hatte, stieß er grimmig hervor: »Geben Sie mir den Colt!«

      Wyatt wies ihn hinter sich. »Bleiben Sie da in der Felsnische.«

      Donegan sprang in die Kluft und preßte sich eng an das kalte Gestein. »Was wollen Sie denn? Das sind doch mindestens zwei Dutzend Rothäute. Wollen Sie die etwa auch allein stoppen? Sie sind ja wahnsinnig, Earp. Werfen Sie mir den Colt her.«

      Wyatt blickte sich um und sah den Mann mit einem seltsamen Blick an.

      »Schnell!« zeterte Donegan. »Die Halunken krabbeln jetzt todsicher oben über die Felsen ünd machen uns dann von da aus kalt!«

      »Angst?« fragte Wyatt gelassen.

      »Mann, Sie haben Nerven wie ein Stier! Geben Sie mir schon den Colt. Ich knalle Sie doch nicht ab. Ich wäre ja wahnsinnig, wenn ich einen so guten Schützen ausschalten würde. Sie werden mich hier verteidigen, Earp. Wie Sie uns gegen die Grenzjäger und Martinezleute verteidigt haben.«

      »Das hier wird ein anderes Spiel«, sagte der Marshal leise. »Es sind Sioux!«

      Oben am Eingang der Schlucht lagen die getroffenen Roten, sie waren nicht tot und schleppten sich jetzt kriechend zurück.

      »Weshalb haben Sie die nicht weggeputzt? Das war doch Absicht, Sie müssen verrückt sein. Jeder einzelne ist eine Lebensgefahr für uns.«

      »Und jeder Tote zählt doppelt, Donegan. Ich erschieße keinen Menschen, wenn ich eine Chance habe, ihn leben zu lassen.«

      »Aber wenn er uns bedroht…«

      »Diese Verwundeten bedrohen uns so bald nicht.«

      Es war still in der Schlucht.

      Donegan knirschte mit den Zähnen. Dann zischte er halblaut: »Sioux! Daß es so was überhaupt noch gibt! Man hätte die Brut damals am Big-Horn völlig ausrotten sollen.«

      Wyatt schwieg.

      »He, Marshal!«

      »Yeah?«

      »Wie geht das hier aus?«

      »Wir werden’s erleben!«

      Wieder war es still.

      Nach einer Weile fragte Donegan: »Was passiert denn? Wir werden doch nicht hier steckenbleiben?«

      »Wir müssen.«

      Plötzlich zuckte Wyatt zusammen und blickte mit geweiteten Augen auf den Mann, der oben am Schluchteingang erschien. Er hatte schlohweißes Haar, ein hartes, verwittertes ünd dunkles Gesicht und in seinen braunen Augen einen Falkenblick. Hinten im Haar hatte er eine große blutrote Feder.

      »Was ist? Schießen Sie doch, Earp!« brüllte Donegan zitternd.

      Wyatt rührte sich nicht.

      Der Bandit stieß ihn an. »Earp! Was ist los! Fegen Sie ihn doch weg. Das ist der Chief!«

      Der Indianer kam langsam und gemessen näher.

      Donegan riß an Wyatts Arm. »Geben Sie mir das Gewehr, Mann. Wenn Sie vor Angst nicht mehr können! Das ist der Boß von der Horde…«

      »Ich weiß.«

      »Fegen Sie ihn doch weg, Mensch! Das ist doch eine teuflische Finte von der Rotte! Der Kerl...« Jack Donegan stockte plötzlich und streckte die Hände abwehrend aus. Dann stieß er erstickt mit belegter Stimme heraus: »Die Feder! Earp, die Feder!«