Wyatt Earp Paket 1 – Western. William Mark. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740942502
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und steh auf.«

      Der Missourier lachte leise vor sich hin.

      Donegan hielt es für ein Lachen der Verzweiflung. »Steh auf!« brüllte er geifernd.

      »Wozu denn?«

      »Damit ich dich niederknallen kann.«

      Wyatt Earp lehnte sich auf den rechten Ellbogen und blickte zu dem anderen hinüber. »Sie sind nicht nur ein feiger, hinterhältiger Halunke, Donegan – Sie sind obendrein auch sagenhaft dumm!«

      »Halt’s Maul! Du willst dich nur durch diese Reden retten…!«

      »Ich sagte: Sie sind dumm! Wenn Sie überhaupt eine Chance gehabt hätten, mich niederzuknallen, dann hätten Sie es gleich tun müssen. Jetzt wäre es in jedem Falle zu spät. Sehen Sie, der Colt liegt da neben meiner Hand. Was glauben Sie wohl, wieviel Herzschläge vergehen, bis die Kugel aus meinem Revolver bei Ihnen ist…«

      Donegan lachte heiser auf. »He – was soll das? Ich habe die Flinte auf dich gerichtet.«

      »Ein Büchsenlauf schwankt – zumal, wenn er von gefesselten Händen gehalten und auf zitternde Knie aufgelegt wird. Falls Sie überhaupt eine Chance zum Schluß hätten, würden Sie mich jedenfalls nicht tödlich treffen. Meine Kugel aber säße in Ihrem Spatzenhirn. Verlassen Sie sich drauf. Und nun lassen Sie mich gefälligst schlafen.«

      Der Marshal legte sich wieder zurück und blickte in den Himmel.

      Donegan ließ den Lauf der Winchester sinken und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf den Mann.

      Was für Nerven hatte dieser verdammte Polizeireiter bloß! Und dann zuckte die Erkenntnis durch sein Hirn: Das Gewehr ist nicht geladen! Natürlich, so ist es. So und nicht anders. Nie und nimmer würde dieser Kerl sonst so ruhig bleiben.

      Donegans Hände zitterten. Nein, er würde jetzt nicht abdrücken, er würde dem anderen nicht das Vergnügen machen, daß das tote metallische Klicken des Hammers zu hören war. So sehr fürchtete er das leise Lachen des Missouriers.

      Mit beiden Händen warf er das Gewehr zu Wyatt hinüber.

      Der fing es geschickt auf und legte es neben sich.

      Donegan ging zu seinem Platz hinüber. »Meinst du etwa, ich hätte nicht gewußt, daß die Winchester nicht geladen ist? Ich wußte es genau. Hab’ mir nur einen Scherz mit dir machen wollen. Mich kannst du nicht bluffen, Brother! Mich nicht!«

      Wyatt hob den Lauf der Büchse. Der Schuß heulte auf. Orangenrot zuckte die Mündungsflamme hoch.

      Donegan fuhr zusammen, wie unter einem Peitschenschlag.

      Wyatt legte die Winchester wieder neben sich.

      Der Bandit stand leblos wie ein Baum auf seiner Decke und starrte zu dem Mann hinüber. Was war das? Das Gewehr war doch geladen? Mit zehn Patronen! Er hätte ihn also töten können, diesen Marshal. Er hatte soeben seine größte Chance verspielt, weil er tatsächlich auf einen ganz unerhörten Bluff dieses Mannes hereingefallen war. Das war der Bluff des Marshals gewesen: Seine unglaubliche Ruhe…

      Jack Donegan verstand diesen Wyatt Earp nicht.

      Er hätte ihn auch nicht verstehen können. Die Winchester war tatsächlich nicht geladen gewesen. Wyatt Earp hatte sie absichtlich neben sich liegen lassen. Er wollte ausprobieren, ob Donegan einen Überfall auf ihn riskierte. Er mußte es ausprobieren, um festzustellen, wie sicher er sich in der Nähe dieses Mannes fühlen konnte. Ferner brauchte er einen Grund um den Verbrecher in der darauffolgenden Nacht an Händen und Füßen fesseln zu können. Er würde diesen Richter-Mörder nach Sheridan bringen, um jeden Preis. Und wenn er monatelang brauchte.

      Den Trick mit der Kugel hatte der sonst so verschlagene Jack Donegan nicht bemerkt. Wyatt hatte die Patrone vor den Lauf geschoben, gleich nachdem der andere ihm die Waffe hingeworfen hatte. Aus diesem Grunde hatte er die Patrone in der Hand bereitgehalten.

      Was dieser ganze Bluff sollte? Wyatt brauchte ihn, um den rücksichtslosen Banditen weiter in den Schranken zu halten. Er brauchte ihn ferner für seine eigene Sicherheit.

      *

      Am folgenden Vormittag sah Wyatt in der Ferne einen Planwagen näherkommen. Er trieb die beiden Pferde in einem Hohlweg hügelan und hielt hinter mannshohen Geletonbüschen.

      Der Wagen kam näher. Wyatt hatte richtig kalkuliert: Die Leute hielten auf das Hole zu.

      Rumpelnd und knarrend kam das alte Gefährt heran. Auf seinem Bock saßen zwei Männer. Der eine war alt und graubärtig, trug einen verfilzten Schlapphut und ein vielfach geflicktes Wams. Der andere Mann war bedeutend jünger, hatte ein bartloses Gesicht und schien der Sohn des Alten zu sein.

      Wyatt rief sie an.

      Sofort langte der Bärtige hinter sich und zerrte eine urtümliche Kentucky-Rifle nach vorn.

      »Lassen Sie die Kanone liegen, Mister!« rief Wyatt.

      Der Alte maß den Polizeireiter mit einem mißtrauischen Blick. Als er aber den silbernen Fünfzack entdeckte, blinzelte er nach oben und brummte: »Hallo, Marshal! Gut, daß Sie kommen...« Er konnte nicht sehen, daß Donegan an den Händen gefesselt war, da Wyatt ihn neben sich postiert hatte.

      »Was gibt’s denn?« forschte Wyatt.

      »Grenzgeldjäger, Marshal – wenigstens dreißig Mann. Sie haben uns drüben in den Hügeln gestoppt. Für jeden Mann, der über die Grenze will, verlangen sie hundert Doller, für jedes Tier zwanzig und für den Wagen dreißig.«

      »Und – haben Sie gezahlt?«

      Der Alte rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Augen und blinzelte wieder wie ein Nachtvogel zu dem Marshal hinauf. »Natürlich habe ich gezahlt, Mister. Was hätte ich sonst tun sollen? Ich bin ein alter Mann, mein Sohn ist kein besonders guter Schütze. Was hätten wir da gegen dreißig schießwütige Strolche mit gezückten Schießeisen ausrichten sollen?«

      Wyatt nickte.

      *

      Eine halbe Stunde später hatten auch sie die Ebene hinter sich und blickten zu den Hügeln hinauf.

      Das Gesicht Donegans hatte sich seit der Begegnung mit dem Alten auf eine eigenartige Weise verändert. Der wilde Zug war daraus verschwunden und hatte einem heimtückisch verschlagenen Grinsen Platz gemacht. Grenzgeldjäger – he, das war genau das, was er brauchte. Nie und nimmer würde dieser Wyatt Earp zweihundertundvierzig Dollar an sie auszahlen. Das war die große Chance.

      Alles in dem Mann begann sich aufs äußerste anzuspannen. Jetzt mußte er wach sein, jetzt nahte für ihn die große Möglichkeit zur Flucht. Und er würde jede Gelegenheit wahrnehmen. Das schwor er sich. Schließlich hatte er nichts zu verlieren.

      Der Marshal lenkte die Tiere hügelan, mied die Wagenspur des Weges und verstand es meisterhaft, durch geschickte Ausnutzung des Geländes, den Hügelkamm zu erreichen, ohne einem etwaigen Späher Gelegenheit zu genauer Beobachtung zu bieten. Kaum aber hatten sie den Toppunkt des Hügels erreicht, als sie vor sich in der Ebene gewaltige Staubwolken nahen sahen. In breiter Front stürmten dreißig Reiter auf den Hügel zu.

      Wyatt ritt weiter.

      »Wollen Sie nicht türmen, Marshal?« fragte der Bandit kichernd.

      »Sie freuen sich zu früh, Donegan. Auch Grenzgeldjäger wollen nichts mit einem Mörder zu tun haben.«

      Donegan warf einen zwinkernden Blick auf die rasch nahende Riesenstaubwolke. Schließlich meinte er unsicher: »Dann bleiben Sie doch wenigstens stehen!«

      Wyatt trieb die Pferde in ein Gebüsch, band sie fest und fesselte den Gefangenen an einem Baumstamm. Dann ging er langsam und ruhig auf die offene Lichtung hinaus.

      Donegan konnte ihn genau beobachten. Er befand sich kaum zwanzig Schritt von ihm entfernt. »Sie sind wahnsinnig, Earp! Was wollen Sie denn? Sie können doch nicht mit dreißig Reitern fertig werden. Zahlen Sie den Grenzpreis!«

      Wyatt hatte eine