Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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glaubte sie zu ahnen, daß es etwas mit ihr zu tun hatte…

      *

      In der Tat war Tobias mit seinen Gedanken ganz woanders. Als er nämlich mit der jungen Magd zur Kandererhütte hinaufgefahren war, da kam die Erinnerung wieder.

      Damals hatte ihn meistens Resl begleitet, wenn sie gerade bei ihm auf dem Hof war. Und Tobias waren die Blicke nicht entgangen, mit denen Franz Kathie gemustert hatte. Der Alte wußte um dieGeschichte mit Resl Birkner, und wie schlecht es Tobias seither ging.

      Vielleicht sah Franz in der jungen Magd ja eine Frau, die den Bauern endlich davon erlösen konnte…

      Das beschäftigte Tobias, aber auch die Frage, was aus Resl geworden war.

      Nachdem sie ihn wegen eines anderen Mannes verlassen hatte, war ihm diese Frage nie gekommen. Er wollte es auch gar nicht wissen, denn seine Gefühle für die hübsche junge Frau schwankten zwischen brennender Sehnsucht und unbändigem Haß, der sich so tief in Tobias hineinfraß, daß er manchmal über sich selbst erschrocken war.

      Es dauerte seine Zeit, bis er fähig war, diesen Haß aus seinem Herzen zu verbannen, und übrig blieb die Sehnsucht, die sich nie erfüllen würde.

      Und dann fragte er sich eines Tages, ob Resl in ihrem neuen Leben glücklich geworden war. Über ein Jahr war vergangen, bis er es endlich schaffte, zum Birknerhof zu fahren und Resls Eltern zu besuchen. Zu seiner Überraschung zeigte es sich, daß die alles andere als glücklich waren.

      Nein, sie wußten nicht, wie es der Tochter ging. Ohne ein Wort war sie mit dem fremden Mann fortgegangen, von dem Loisl und Maria Birkner nicht einmal den Namen kannten. Gemeldet hatte sich Resl nur ein einziges Mal.

      »Mir geht’s gut. Macht euch keine Sorgen«, stand auf einer Postkarte, die sie aus München erhalten hatten.

      Das war acht Wochen später gewesen, nachdem Resl die Heimat verlassen hatte. Die Eltern bedauerten, daß aus Tobias und ihrer Tochter nichts geworden war. Sie mochten den jungen Bauern und hätten es gerne gesehen, wenn Resl auf den Stadlerhof eingeheiratet hätte.

      Tobias erinnerte sich noch daran, wie die beiden wie ein Häufchen Elend vor ihm gesessen hatten. Und es blieb bei diesem einen Besuch. Nur einmal noch sahen sie sich durch Zufall, auf dem Friedhof. Doch das war dann schon wieder über ein Jahr her, und Resl hatte sich zu Hause nicht mehr gemeldet.

      »Müßten wir net da abbiegen?« fragte Kathie und deutete auf die Abzweigung.

      »Wie?«

      Tobias trat so hart auf die Bremse, daß sie unwillkürlich vorschnellten und die Gurte anzogen.

      »Entschuldige«, bat er. »Ich war mit meinen Gedanken ganz woanders.«

      Der Bauer fuhr ein Stück zurück und bog in die Straße ein, die zum Hof führte. Kathie saß still neben ihm und fragte sich, was ihn so beschäftigt hatte, daß er beinahe den eigenen Heimweg verpaßte.

      Schorsch packte mit an, als der Transporter entladen wurde. Die Käse kamen in das kleine Kühlhaus. Am nächsten Tag würde Tobias ihn an die Gastwirte der umliegenden Wirtshäuser ausliefern und am Wochenende, so erfuhr die Magd, kamen bestimmt auch die Kunden aus München, um ihre Ware abzuholen. Nach dem Abendessen saßen sie zusammen im Wohnzimmer. Tobias hatte eine Flasche Wein geöffnet. Der Knecht indes bevorzugte einen Krug Bier.

      »Na Burgl, wie schaut’s aus?« fragte Schorsch aus einer Laune heraus. »Gehen wir zwei Hübschen denn am Samstag zum Tanz?«

      Die alte Magd verzog das Gesicht. »Damit du mir mit deinen Holzfüßen auf den Zehen herumtreten kannst?« gab sie zurück. »Soweit möcht’s noch kommen.«

      Kathie und Tobias schmunzelten.

      »Denk dir nix dabei«, meinte der Bauer an die junge Magd gewandt. »Der Schorsch stellt diese Frage jedesmal. Aber Burgl hat ihn noch nie erhört.«

      »Was ist denn mit dir?« wollte Burgl von Kathie wissen.

      »Du gehst doch sicher auf den Tanzabend. Die Burschen müssen sich doch geradezu um dich reißen.«

      Die junge Magd zuckte die Schultern.

      Früher war sie oft gegangen, wenn es ihre Zeit erlaubte. Doch nach dem Tode des Greiningerbauern war ihr nicht nach Tanzen gewesen.

      »Ich weiß noch net«, antwortete sie. »Vielleicht sollt’ ich damit noch ein bissel warten.«

      Die Unterhaltung wandte sich anderen Themen zu, und schließlich war es an der Zeit ins Bett zu gehen. In ihrer Kammer lag Kathie noch lange wach. Viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf und immer wieder war es Tobias Stadler, der breiten Raum darin einnahm.

      Die hübsche Magd spürte, wie sehr sie sich danach sehnte, von ihm in den Arm genommen und geküßt zu werden. Und gleichzeitig wußte sie, daß es unmöglich war.

      Dieser Traum würde niemals in Erfüllung gehen. Tränen rannen ihr über das Gesicht und für einen Moment kam ihr der Gedanke, daß es vielleicht das Beste sei, fortzugehen, statt ein Leben lang an der Seite eines Mannes zu leben, den sie liebte und begehrte ohne die Hoffnung, daß sich ihre Wünsche jemals erfüllten.

      Doch dann schlief Kathie irgendwann ein und als sie am nächsten Morgen erwachte, da war der Gedanke verschwunden. Sie wollte bleiben, auch wenn es ihr unendlich schwerfiel. Und vor allem wollte sie sich nichts von ihren Gefühlen für Tobias anmerken lassen.

      *

      Es war ein wunderschöner Abend gewesen. Sebastian hatte ganz recht, besonders wild war Max nicht auf einen Opernbesuch, und wenn Claudia Bachinger nicht einen Artikel über die Premiere hätte schreiben müssen, wäre der junge Polizist bestimmt nicht freiwillig hingegangen. Allerdings bereute er es nicht. Die Neuinszenierung der romantischen Oper »Der Fliegende Holländer« fand beim Publikum großen Anklang, und die Darsteller bekamen über zwanzig Vorhänge und stehende Ovationen.

      Nun saßen Claudia und Max im Restaurant des Hotels, in dem sie wohnten, und ließen den Abend ausklingen. Eine großzügige Suite, die Karten für die Oper, das Abendessen im Restaurant – der Verleger des Garmisch Partner Kuriers hatte sich wahrlich nicht lumpen lassen. Indes war Claudia auch eine hervorragende Journalistin, der er schon gerne mal solche Zugeständnisse machte.

      Als sie am Nachmittag in der bayerischen Landeshauptstadt eingetroffen waren und ihre Suite bezogen hatten, waren sie erst einmal zu einem Bummel durch die City aufgebrochen. In den Geschäften an der Maximilianstraße gab es herrliche Sachen zu kaufen – besonders in den Modegeschäften. Der Bruder des Bergpfarrers bewies eine Engelsgeduld, als seine Freundin immer noch ein neues Kleidungsstück anprobieren wollte. Dafür belohnte Claudia ihren Max dann auch mit einem liebevollen Kuß. Zum Abendessen gingen sie groß aus. Zwei Ober brachten die Vorspeise: Melonen-Schinken-Salat. Mit Honigdressing, frischen Kräutern und Mozzarella. Dazu wurde frisches Brot und Butter gereicht.

      »Köstlich«, sagte Max und strich etwas Butter auf eine Brotscheibe.

      »Stimmt«, pflichtete die Journalistin bei. »Aber Frau Tappert könnte es bestimmt genauso gut.«

      Seit sie und Max ein Paar waren und Claudia die Kochkünste der Pfarrköchin kennengelernt hatte, wurde diese Erfahrung zum Maßstab für jegliches Essen, daß ihr irgendwo vorgesetzt wurde. Meistens schnitt die Köchin gut ab. Claudia kannte ein paar Meisterköche persönlich und hatte großen Respekt vor der Arbeit dieser Zunft. Allerdings hatte sie inzwischen gelernt, daß es nicht immer seinen Preis wert war, was auf den Teller kam. Heute abend indes schon. Die weiteren Gänge des Menüs waren so hervorragend wie die Vorspeise.

      Es gab Curry-Muschelrahmsuppe, Lammrücken mit Kräutern und Herzoginenkartoffeln, Käsesouffle und Variationen von frischen Beeren, mal als Creme, als Eis und Terrine – ein herrliches Abendessen in der aufgeräumten Stimmung vor dem Opernbesuch.

      Jetzt hatten sie eine Flasche Wein bestellt und unterhielten sich über die Premiere. Das Restaurant war trotz der späten Stunde noch gut besucht. Viele der Gäste waren auch in der Oper gewesen und aßen jetzt noch eine Kleinigkeit.

      Max