Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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wirklich zu dumm, daß ich keinen Urlaub hab’«, sagte er traurig.

      Claudia, die neben ihm saß, griff nach seiner Hand und drückte sie.

      »Ich weiß«, sagte sie. »Mir fällt’s auch schwer, ohne dich nach Mailand zu fahren. Aber ich hoff’, daß die Zeit schnell vergeht, damit ich wieder bei dir sein kann.«

      Max nickte und gab ihr einen Kuß. Dann schaute er ihr so tief in die Augen, daß er gar nicht die Gestalt bemerkte, die an den Tisch trat

      »Eine Rose für die Dame vielleicht, der Herr?« hörte er eine Stimme sagen und schaute auf. Am Tisch stand eine junge Frau, einen herrlichen Strauß dunkelroter Rosen im Arm.

      »Nur fünf Euro«, fügte sie hinzu.

      Max wollte gerade nicken und seine Geldbörse zücken, als er einen Blick auf das Gesicht der Frau warf.

      »Resl…?« fragte er ungläubig. »Bist du net die Resl Birkner?«

      Erst in diesem Augenblick schien sie ihn auch erkannt zu haben. Ein beinahe entsetzter Ausdruck machte sich auf ihrem Gesicht breit, dann drehte sie sich um und lief davon.

      Max sprang auf.

      »Was ist denn los?« fragte Claudia. »Wo willst denn hin?«

      »Ihr hinterher«, antwortete der Polizist. »Das ist die Resl Birkner. Ganz sicher. Sie stammt aus St. Johann. Vor ein paar Jahren ist sie fort. Alle Welt denkt, mit einem reichen Mann. Aber wenn sie hier Rosen verkaufen muß, dann kann er so reich net sein.«

      Er beugte sich zu der Journalistin und gab ihr einen Kuß.

      »Ich bin gleich zurück«, versprach er und eilte der Blumenverkäuferin hinterher.

      Das Restaurant war von der Hotelhalle durch eine Glastür abgetrennt, die sich automatisch öffnete. Max lief hindurch und hätt’ beinahe ein Paar umgerannt, das gerade um die Ecke bog und zu den Aufzügen ging.

      »Entschuldigen S’«, rief er und hastete weiter.

      In der Lobby waren zahlreiche Leute. Gäste und Hotelangestellte. Max ging zur Rezeption.

      »Die Frau mit den Rosen«, rief er. »Haben S’ gesehen wo sie hingegangen ist?«

      Der Angestellte war gerade damit beschäftigt, irgend etwas in den Computer zu tippen.

      »Ich glaube, nach draußen«, antwortete er.

      Der Polizist murmelte einen Dank und lief zum Ausgang. Vor dem Hotel stand der Portier, der den Wagenschlag öffnete und die ankommenden Gäste begrüßte. Ein roter Teppich lief von der Tür bis an die Bordsteinkante, vom Eingang spannte sich ein Baldachin an die Straße, damit die Gäste das Hotel trockenen Fußes betreten konnten, falls es regnete.

      »Die Rosenverkäuferin«, wandte sich Max an den Portier. »Ich muß wissen, wohin sie ist.«

      Der Mann machte ein besorgtes Gesicht.

      »Ist etwas nicht in Ordnung?« fragte er. »Gab es Probleme mit ihr? Wissen Sie, wir gestatten der Frau zwar, im Restaurant die Blumen zu verkaufen, allerdings nur mit der Auflage, daß sie die Gäste nicht weiter belästigt, wenn sie ablehnen. Ist sie etwa aufdringlich gewesen.«

      »Nein, nein, bestimmt net«, schüttelte Max den Kopf.

      »Es ist nur so, daß ich glaub’, sie zu kennen.«

      Der Portier deutete zur linken Ecke. »Sie ist dort in die Straße eingebogen.«

      Max lief hinterher, die besorgten Blicke des Hotelangestellten folgten ihm.

      In der Nebenstraße war nicht soviel Betrieb, wie vor dem Hotel. Eigentlich konnte Resl noch gar nicht so weit gekommen sein. Max schaute sich um. Ein paar Geschäfte nur, in den meisten Häusern waren Büros und Wohnungen. Und kaum ein Mensch war hier unterwegs.

      Der Bruder des Bergpfarrers ging die Straße hinunter, bis zur nächsten Ecke. Dort war schon wieder mehr los. Spaziergänger flanierten, Autos fuhren und hupten, irgendwo erklang die Sirene eines Polizeiautos.

      Hätte Max noch Zweifel gehabt, daß es sich um Resl Birkner handelte, so hatte die Reaktion der Frau diesen Zweifel zerstreut. Sie muß genauso überrascht gewesen sein, ihn hier zu sehen wie er.

      Noch eine Weile suchte er die Straßen ab, doch Resl war und blieb verschwunden. Nachdenklich ging Max zum Hotel zurück. Noch länger konnte er Claudia nicht warten lassen.

      Allerdings beschäftigte ihn eine drängende Frage. Was hatte sich im Leben Resl Birkners ereignet, daß sie so ein Dasein fristete?

      Rosenverkäuferin, die Abend für Abend durch die Lokale zog, in der Hoffnung, daß ihr jemand etwas abkaufte. Das war bestimmt nicht die Zukunft, die sie sich damals ausgemalt hatte, als sie aus dem Wachnertal fortging.

      Max schaute auf die Uhr. Wenn es nicht schon so spät gewesen wäre, dann hätte er jetzt noch Sebastian angerufen und ihm mitgeteilt, was er soeben erlebt hatte. Aber nun würde sein Bruder bis morgen warten müssen, um diese Neuigkeit zu erfahren.

      Max war sicher, daß Sebastian da nicht untätig bleiben würde.

      *

      Es war erstaunlich, wie schnell die Zeit verging. Am Wochenanfang hatte Kathie die neue Stelle angetreten, und nun war schon wieder Samstag. Und der jungen Magd kam es vor, als wäre sie schon viel länger auf dem Stadlerhof, so wohl fühlte sie sich inzwischen. Zwar klopfte immer noch ihr Herz, wenn sie Tobias sah oder ihm gegenüberstand, doch mittlerweile hatte sie sich so gut unter Kontrolle, daß sie sicher war, der junge Bauer würde nichts von ihren Gefühlen für ihn bemerken.

      Vor zwei Tagen hatte Kathie den Stoffballen begutachtet, vom dem Burgl erzählt hatte. Er war von lindgrüner Farbe mit einem Muster aus hellen Streifen.

      »Meinst, man könnt’ was d’raus machen?« fragte die alte Magd.

      »Freilich«, nickte Kathie.

      Sie war von der Qualität des Stoffes ganz angetan und strich immer wieder darüber.

      »Am besten eignet er sich wohl für ein Kleid«, meinte sie. »So eines, das du am Sonntag zur Messe anziehen kannst oder zu einer anderen festlichen Gelegenheit.«

      »Na, ganz so festlich braucht’s gar net sein«, antwortete Burgl mit einer Handbewegung.

      Zeit ihres Lebens hatte sie sich einfach gekleidet. Bei der Arbeit auf dem Hof trug man keinen Sonntagsstaat. Aber natürlich hatte sie auch ein paar Kleider, die sie zu besonderen Anlässen anzog. Und insgeheim stellte sie sich schon vor, wie sie in dem neuen Kleid aussehen würde.

      Am Samstagmorgen war es dann soweit. Die beiden Frauen standen in Burgls Kammer und Kathie nahm Maß. Geschickt legte sie das Maßband an und schrieb die Ergebnisse auf einen Zettel.

      »Ist das net zu kurz?« fragte Burgl, als die Länge genommen war.

      Sie schaute ein bissel skeptisch an sich herunter.

      »Keineswegs, bei deiner Figur ist’s genau richtig«, schüttelte Kathie den Kopf und lachte.

      So wie Burgl sich auf das neue Kleid freute, so freute sie sich darauf, es ihr zu schneidern.

      Die junge Frau ging nochmals alles durch und nickte dann zufrieden.

      »Am besten gehen wir zum Zuschneiden in die Diele hinunter«, schlug sie vor.

      »Wenn wir den Tisch ausziehen, müßt er eigentlich groß genug sein.«

      Nach einer halben Stunde hingen die Stoffteile, die zuvor mit Schneiderkreide auf den Bahnen aufgezeichnet worden waren, säuberlich auf einem Stuhl.

      »Wie lang dauert’s denn, so ein Kleid zu nähen?« erkundigte sich Burgl.

      »Ach, das ist eigentlich schnell gemacht«, antwortete Kathie. »Zwei, drei Tage vielleicht. Je nachdem, wann ich zum Nähen komm, und wie lang. Allerdings werden wir zwischendurch noch einmal nachmessen müssen. Ich denk, die erste Anprobe kann übermorgen stattfinden.«