Der Bergpfarrer Paket 3 – Heimatroman. Toni Waidacher. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Toni Waidacher
Издательство: Bookwire
Серия: Der Bergpfarrer
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740960018
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wie eine Kirchenmaus wollte sie sich den Bauern des reichen Hofes angeln, würden die Leute denken.

      Nein, niemals würde sie über ihre Gefühle reden, das stand für Kathie Waldbauer fest.

      *

      Tobias hatte sich in sein kleines Büro zurückgezogen. Auf dem Schreibtisch stapelten sich die Unterlagen, die er durcharbeiten mußte. Rechnungen, Quittungen, Lieferscheine – ein schier unüberschaubarer Haufen. Nur seufzend hatte sich der junge Bauer daran gemacht. Lust hatte er keine, aber es mußte nun mal sein. Vielleicht sollt’ ich mir doch einen Computer anschaffen, überlegte er.

      Neulich hatte er auf dem Nachbarhof gesehen, wie der Bauer, der sich so ein Gerät zugelegt hatte, in Windeseile seine Steuererklärung erledigte.

      »Na ja, es hat schon eine Weile gedauert, bis ich’s konnte«, hatte der Kornbacher geschmunzelt. »Mein Sohn, der Christian, ist da viel schneller im Umgang als ich. Aber er hat’s mir beigebracht. Es läßt sich eben alles lernen.«

      Tobias hatte gelacht. Sein Nachbar war um die Fünfzig, sein Sohn gerade mal vierzehn Jahre alt…

      Doch noch besaß er keinen Computer und mußte alles handschriftlich in ein Buch eintragen.

      Indes ging ihm die Abreit nicht leicht von der Hand, wie er schnell feststellte, und das lag nicht allein daran, daß er keine große Lust dazu hatte. Seine Gedanken wurden nämlich immer wieder dadurch abgelenkt, daß er dieses hübsche Gesicht vor sich sah, von dem er bis heute abend noch gar nicht gewußt hatte, daß es existierte.

      Tobias war ziemlich überrascht gewesen, als er die Küche betrat, um die neue Magd zu begrüßen. Pfarrer Trenker hatte zwar nichts über das Alter von Kathie Waldbauer gesagt, aber aus einem unerfindlichen Grund hatte Tobias eine Frau mittleren Alters erwartet, aber nicht eine, die noch so jung war.

      Jünger als er selbst.

      Natürlich blieb es nicht aus, daß er Vergleiche mit Resl zog. Die beiden waren zwar ganz unterschiedlich, vom Aussehen und Wesen her, und doch hatten sie etwas gemeinsam.

      Sie hatten ihn beide vom ersten Augenblick an in ihren Bann gezogen.

      Und jetzt stellte Tobias verblüfft fest, daß er zum ersten Mal seit langer Zeit wieder an Resl denken konnte, ohne diesen unsagbaren Schmerz zu fühlen, den die Trennung verursacht hatte.

      Der Bauer warf den Stift, auf dem er nachdenklich herumgekaut hatte, auf den Schreibtisch und lehnte sich zurück. Sein Blick schweifte durch das Büro. Alles hier drinnen war alt. Schon seit Vater hatte auf diesem Stuhl an diesem Schreibtisch gesessen und seine Buchhaltung gemacht. Tobias erinnerte sich, daß der Vater dabei oft nach der Mutter gerufen hatte, wenn er etwas nicht verstand. Helene Stadler hatte ihren Mann dann kurzerhand vom Stuhl geschoben, sich selbst darauf gesetzt und mit schneller Hand die Abrechnungen erledigt.

      Und genauso hatte Resl ihm oft geholfen. Tobias hatte nicht die Schwierigkeiten wie sein Vater. Als der seinerzeit auf die Landwirtschaftsschule ging, da stand das Thema Buchhaltung natürlich auch auf dem Lehrplan, doch als Tobias dann dort lernte, nahm es noch mehr Raum ein: Dennoch war es schön gewesen, wenn er und Resl hier zusammensaßen und irgendwelche Probleme besprachen und dann, wenn das Buch geschlossen werden konnte, eine Flasche Wein aufmachten und von der gemeinsamen Zukunft träumten.

      Doch dann kam der schwärzeste Tag im Leben des jungen Bauern, und seine Träume zerplatzten wie Seifenblasen.

      Nein, schüttelte Tobias den Kopf, so etwas würde ihm nicht noch einmal passieren. Nie wieder würde er sich so in eine Frau verlieben, nur um am Ende dann doch wieder enttäuscht zu werden.

      Er setzte sich aufrecht und versuchte, den Gedanken an Kathie Waldbauer zu verdrängen. Auch wenn ihm klar war, daß sie ihm gefiel, daß sie schön und begehrenwert war, so wollte er doch nicht zulassen, daß diese Gefühle in ihm übermächtig wurden.

      Sie war eine Magd, eine Angestellte und mehr nicht. Tobias ahnte, daß es nicht leicht werden würde, sie so zu sehen. Eine schwere Zeit konnte ihm bevorstehen, wenn er es nicht schaffte, seine Gefühle unter Kontrolle zu halten. Und doch war er gewillt es zu tun.

      Laß dich net mit ihr ein, mahnte ihn eine innere Stimme. Aber würde er es schaffen? Würde er so kalt sein können, wenn er in diese bezaubernden Augen sah?

      Tobias stützte den Kopf in die Hände, die Ellenbogen auf den Schreibtisch.

      So saß er lange Zeit da, und die Gedanken schwirrten ihm nur so durch den Kopf.

      *

      Als Kathie am nächsten Morgen erwachte, war es sehr merkwürdig, in einem fremden Bett, in einem fremden Zimmer zu liegen. Es war das erste Mal seit sieben Jahren, daß sie nicht in ihrer gewohnten Umgebung geschlafen hatte.

      Nun, wirst dich daran gewöhnen müssen, dachte sie und schlug die Decke zurück.

      Draußen war es beinahe noch dunkel, aber auf einem Bauernhof stand man eben so früh auf. Einen Wecker brauchte sie nicht, obwohl es gestern abend spät geworden war, ehe sie in den Schlaf fand.

      Die Kammer war nicht viel kleiner, als die, in der sie auf dem Greiningerhof gewohnt hatte. Ein Kleiderschrank stand darin, ein hölzernes Bett, mit einer dicken Matratze, dann ein Tisch, zwei Sessel und eine alte Kommode.

      Nachdem sie gestern abend mit der Arbeit fertig waren hatten Kathie und Burgl noch eine Weile im Wohnzimmer gesessen. Schorsch war schon zeitig ins Bett gegangen, und Tobias Stadler hatte sich gar nicht mehr sehen lassen. Die beiden Frauen unterhielten sich über dieses und jenes, schließlich wollten sie sich ja richtig kennenlernen. Ein Thema war natürlich die Schneiderei, und Kathie versprach, sich bald schon den Stoffballen anzusehen. Schließlich gingen sie in ihre Kammern hinauf. Die junge Frau hatte noch gar nicht ihre Sachen ausgepackt und verstaut, was sie jetzt nachholte. Die Kammer gefiel ihr, zwar fehlten noch ein paar Dinge, die dem Raum eine persönliche Note gaben, aber das würde noch kommen. Gegen zehn Uhr war Kathie dann endlich ins Bett gegangen, hatte das Licht der kleinen Nachttischlampe gelöscht und ins Dunkle gestarrt.

      Wie so oft dachte sie an ihre Eltern, die sie viel zu früh verloren hatte. Wenn es da nicht ein paar Fotos gäbe – wahrscheinlich würde sich Kathie gar nicht mehr an das Aussehen von Vater und Mutter erinnern können.

      Aber nicht ihnen alleine galten ihre Gedanken.

      Immer wieder erinnerte sich Kathie an das, was Pfarrer Trenker über Tobias Stadler gesagt hatte, daß es da mal ein Madel gegeben hatte…

      Kathie fragte sich, warum der junge Bauer sich nicht längst in eine andere Frau verliebt hatte. So wie er ausschaute, mußten sie ihm doch geradezu hinterherlaufen.

      Aber da war ja auch noch die Bemerkung, die Burgl im Laufe des Abend gemacht hatte. Beinahe so ganz nebenbei, aber Kathie hatte doch den Eindruck gehabt, daß sie diesen Satz unbedingt hören sollte…

      »Der Tobias geht jeder Frau aus dem Weg«, hatte die alte Magd gesagt. »Aber wenn die Richtige kommt…«

      Dabei hatte sie Kathie angeschaut, als wollte sie hinzufügen, daß die junge Magd genau die Richtige wäre. Kathie spürte jetzt noch die Verlegenheit, wenn sie daran dachte.

      Auch, als sie jetzt in dem kleinen Badezimmer am Ende des Flures bei der Morgentoilette war, mußte sie daran denken und merkte, wie es ihr dabei ganz fürchterlich im Magen kribbelte.

      Draußen klopfte es an der Tür. Kathie öffnete und sah Burgl vor dem Bad stehen.

      »Bist schon auf?« wunderte sich die alte Magd. »Na, dann geh und hilf dem Schorsch im Stall. Ich mach mich gleich an das Frühstück.«

      Für Burgl war es eine angenehme Abwechslung, einmal nicht gleich mit hinaus zu müssen. Sonst war sie jeden Morgen mit dem Knecht im Stall. Füttern, Ausmisten, Melken. Tagaus, tagein, seit… sie hatte längst aufgehört, die Jahre zu zählen.

      Kathie lief die Treppe hinunter. Jacki begrüßte sie, als sie aus der Tür kam. Die junge Frau streichelte den Kopf des Hundes.

      »Bestimmt machen wir auch mal einen Spaziergang