Dr. Daniel Staffel 6 – Arztroman. Marie Francoise. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Marie Francoise
Издательство: Bookwire
Серия: Dr. Daniel Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740939892
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      »Blutdruck steigt«, erklärte Dr. Parker, dann sah er Stefan an. »Du hast ihr das Leben gerettet.«

      Doch der junge Assistenzarzt schien das gar nicht zu hören. Er konzentrierte sich auf seine Arbeit, und erst als die Naht fertig war, nahm er seine eigene Erschöpfung überhaupt wahr. Er hatte das Gefühl, als würde er seit einer Ewigkeit im Operationssaal stehen, dabei war seit Beginn der Operation gerade mal eine Stunde vergangen.

      »Jeff, bitte, sei so nett und bringe die Patientin auf Intensiv«, bat Stefan, während er mit müden Bewegungen den grünen Kittel und die Handschuhe abstreifte. »Ich kümmere mich dann gleich um sie.«

      Dr. Parker, Schwester Irmgard und die Hebamme sahen ihm nach, wie er mit schleppenden Schritten in den Waschraum hinausging.

      »Ganz der Vater«, urteilte Dr. Parker anerkennend. »Stefan ist fix und fertig, aber er will sich persönlich um die Patientin kümmern. Dr. Daniel hätte im gleichen Fall genauso gehandelt.«

      »Er hätte auch alles andere so gemacht wie der junge Dr. Daniel«, fügte Irmgard hinzu. »Wahnsinn, was er da gerade geleistet hat.«

      Dr. Parker und Anna Lüder nickten zustimmend.

      »Ein Kaiserschnitt unter solchen Bedingungen hätte eigentlich einen erfahrenen Gynäkologen verlangt«, meinte die Hebamme. »Aber er hat nicht nur die Mutter beispielhaft operiert, sondern auch noch das Baby gerettet.« Sie sah Dr. Parker an. »Sie haben recht, der junge Dr. Daniel wird als Arzt einmal genauso gut wie sein Vater.«

      *

      Völlig erschöpft saß Stefan im Waschraum. Er hatte es gerade noch geschafft, seine Hände zu waschen und Horst Kemmerer zu informieren, daß er einen gesunden Sohn hatte und der Zustand seiner Frau zufriedenstellend war. Jetzt saß Horst im Säuglingszimmer bei seinem Baby, und Stefan hatte das Gefühl, als wäre er zu keiner Bewegung mehr fähig.

      »Frau Kemmerer liegt auf der Intensiv«, erklärte Dr. Parker und riß ihn damit aus seinen Gedanken.

      Langsam hob Stefan den Kopf. »Danke, Jeff. Ich gehe sofort zu ihr.«

      Doch der junge Anästhesist legte ihm beide Hände auf die Schultern. »Irmgard kümmert sich bereits um die Patientin. Laß dir also ruhig ein bißchen Zeit, Stefan.« Prüfend sah er den Assistenzarzt an. »Ich glaube, du könntest jetzt einen starken Kaffee vertragen.«

      Stefan nickte. »Das ist im Augenblick wirklich der einzige Gedanke, der mich begeistern kann.«

      Dr. Parker wusch sich die Hände, dann trat er zu Stefan und legte ihm einen Arm um die Schultern.

      »Na komm, gehen wir ins Ärztezimmer.«

      Aber Stefan zog es nun doch zuerst zur Intensivstation. Er kam gerade rechtzeitig, denn Jana schlug jetzt zum ersten Mal die Augen auf.

      »Mein Baby«, flüsterte sie schwach.

      »Alles in Ordnung, Frau Kemmerer«, beruhigte Stefan sie. »Ich habe Ihren kleinen Sohn mit einem Kaiserschnitt geholt. Anfangs gab es ein paar Probleme, aber jetzt geht es ihm gut. Ihr Mann ist bei ihm, und sobald es Ihnen bessergeht, dürfen er und der Kleine Sie besuchen.«

      Jana atmete erleichtert auf, dann fielen ihr die Augen wieder zu. Stefan blieb noch einen Moment neben ihrem Bett stehen, dann verließ er die Intensivstation wieder. Er wußte, daß Schwester Irmgard ein besonderes Auge auf die Patientin haben würde.

      Mit aller Macht zog es Stefan nun ins Ärztezimmer, weil er wußte, daß Dr. Parker ihm in der Zwischenzeit einen heißen Kaffee aufgebrüht haben würde, doch sein Pflichtbewußtsein den Patienten gegenüber war stärker, und so zwang er sich zu einem Rundgang durch die Station, aber hier war alles ruhig. Auch die Patienten, die Dr. Metzler ihm noch ans Herz gelegt hatte, schliefen, und so konnte sich Stefan schließlich beruhigt ins Ärztezimmer zurückziehen.

      Eine Tasse dampfenden Kaffees stand auf dem Tisch, und daneben lag ein Zettel von Dr. Parker.

      Bin gleich wieder zurück, um Dir Gesellschaft zu leisten.

      Stefan lächelte. Jeff war ein wirklicher Freund und dazu ein Mensch, auf den man sich blind verlassen konnte – sowohl im Beruf als auch privat.

      »Ich habe gehört, was du geleistet hast.«

      Stefan blickte auf und direkt in Alena Reintalers Gesicht. Sie sah abgekämpft aus, und das Gefühl, an allem, was passiert war, schuld zu sein, stand ihr ins Gesicht geschrieben.

      »Du kannst doch nichts dafür, Alena«, erklärte Stefan, doch die junge Gynäkologin schüttelte nur den Kopf.

      »Ich hatte Bereitschaft, und wenn ich in Steinhausen geblieben wäre…« Sie zögerte. »Ich fürchte, Wolfgang wird mich zur Verantwortung ziehen, und vermutlich komme ich auch nicht ungestraft davon, aber das ist dann nur recht und billig. Immerhin wäre ich schuld gewesen, wenn…«

      Stefan schüttelte den Kopf. »Es ist aber nichts passiert, und wenn es nach mir geht, muß Wolfgang nicht unbedingt etwas davon erfahren. Niemand wird dir Vorwürfe machen…«

      »Das mache ich schon selbst«, fiel Alena ihm ins Wort. »Und ich persönlich werde Wolfgang von dem Vorfall unterrichten.« Sie schwieg einen Moment und sah Stefan dann voller Bewunderung an. »In der Eingangshalle habe ich Jeff getroffen. Er hat mir erzählt, wie du diesen Kaiserschnitt gemacht hast.«

      Bescheiden winkte der junge Assistenzarzt ab. »Wenn Jeff nicht gewesen wäre, hätte ich vermutlich gar nicht erst damit angefangen.«

      »Doch, Stefan, das hättest du«, mischte sich Dr. Parker ein, der unbemerkt hereingekommen war. »Du bist nämlich viel zu sehr Arzt, als daß du eine Patientin in dieser Situation im Stich gelassen hättest.« Freundschaftlich legte er einen Arm um Stefans Schulter und lächelte ihn an. »Dein Vater kann stolz auf dich sein.«

      *

      Was Stefan in jener Nacht geleistet hatte, erfuhr Dr. Daniel dann auch schon an seinem Rückreisetag in Steinhausen. Stefan selbst hätte über seine Heldentat sicher Stillschweigen bewahrt, denn es gefiel ihm überhaupt nicht, daß diese Geschichte nun so sehr ins Licht gerückt wurde. Er war viel zu bescheiden, um sich auf das, was er da vollbracht hatte, etwas einzubilden.

      Auch die Tatsache, daß Alena für ihre Dienstverletzung gerügt worden war, paßte Stefan überhaupt nicht. Schließlich hatte er sie ja sogar noch gedrängt, zu dieser Geburtstagsfeier zu fahren. Wenn jemand die Schuld daran trug, daß er in jener Nacht allein in der Klinik gewesen war, dann doch er selbst und vielleicht das Gewitter, das die Telefonleitung zum Gröber-Hof beschädigt hatte. Aus diesem Grund waren nämlich auch Dr. Metzler und Dr. Scheibler nicht erreichbar gewesen.

      Doch das alles interessierte Dr. Daniel nur am Rande. Was für ihn zählte, war einzig die Tatsache, daß sich sein Sohn in dieser schwierigen Situation bewährt hatte.

      »Ich bin stolz auf dich, mein Junge«, erklärte er, und Stefan freute sich über dieses schlichte Lob mehr als über alles andere, was man ihm schon zuvor anerkannt hatte.

      »Ich habe versucht, das zu tun, was du in derselben Situation auch getan hättest«, meinte er schlicht. »Und ich glaube, es ist mir ganz gut gelungen. Der kleine Jürgen ist jedenfalls wohlauf, und Dr. Leitner ist sicher, daß er trotz der anfänglichen Atemschwierigkeiten keine Behinderung zurückbehalten wird. Frau Kemmerer hat sich auch schon mindestens tausendmal bei mir bedankt.« Er schwieg kurz. »Sie war ganz geknickt, weil sie wegen des Kaiserschnitts nicht auf Alena und mich gehört hatte.«

      Dr. Daniel nickte. »Mit dieser Halsstarrigkeit hat sie sich und vor allem das Baby in große Gefahr gebracht.« Er seufzte. »Aber ich selbst habe ja schon vor meinem Urlaub versucht, sie von der Notwendigkeit eines Kaiserschnitts zu überzeugen, doch das war vergebliche Liebesmüh’. Sie war fast schon besessen von dem Gedanken, ihr Baby normal zur Welt zu bringen.«

      Stefan nickte, dann lächelte er. »Wir reden hier nur von mir. Wie war denn eigentlich euer Urlaub? Habt ihr euch gut erholt?«

      »Erholt?« fragte Manon schmunzelnd, weil sie Stefans letzte