Morde zwischen Rhein und Themse. Rita M. Janaczek. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rita M. Janaczek
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783959591270
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du heut´ noch was vor“, fragte Henderson unvermittelt.

      „Ich warte auf Fleming, er hat mir angeboten, mich nach Hause zu fahren. Meine Schrottkarre muss dringend in die Werkstatt.“

      „Ich finde ihn wahnsinnig sexy.“

      „Da bist du nicht die einzige, Pat.“

      „Wir waren gestern Abend zusammen essen.“

       „Ihr ward zusammen essen“, wiederholte Beverly feststellend, beinahe tonlos. Evans, was hast du denn erwartet? Sie hatte es doch eigentlich schon vorher gewusst. Fleming war auch einer dieser Männer, die nur auf Vergnügen aus waren.

      „Und, wie war er so?“, fragte sie gereizt.

      „Er ist wirklich klasse. Er kann gut zuhören und er hat, was den meisten Männern fehlt, gute Manieren.“

      „Ich meinte im Bett“, und sofort ärgerte sie sich maßlos über sich selbst, weil solcherlei Bemerkungen eigentlich Millers Niveau waren.

      „Wir waren nur essen.“ Patricia warf ihr einen beleidigten Blick zu und verschränkte die Arme.

      „Nur essen?“ Beverly fixierte sie.

      „Ja. Bist du etwa neidisch?“

      „Neidisch? Ich neidisch? Ich war am Montag mit ihm Essen.“

      „Und? Danach?“ Henderson grinste.

      Die beiden Frauen sahen sich einen Moment lang an und begannen zu lachen, aber Beverly spürte, dass es eigentlich nichts gab, worüber sie jetzt hätte lachen wollen. Vergiss diesen Mann!

      Die beiden Frauen hatten gerade beschlossen ins Büro zu gehen, als Sands mit einer Kanne Kaffee den Flur entlang kam.

      „Den können Sie doch unmöglich allein trinken“, feixte Henderson.

      „Das habe ich auch nicht vor. Ich versuche gerade Fleming aufzupäppeln. O’Brian hatte die geistreiche Idee, ihn völlig unvorbereitet zu Dr. Morrow zu schicken; unser junger Psychologe hat den Autopsiesaal umgehend und fluchtartig verlassen.“

      „Was zu erwarten war“, ergänzte Beverly. „Wir kommen mit. Patricia und ich könnten auch einen Kaffee gebrauchen.“

       Sie folgten Sands in sein Büro. Fleming war kreidebleich, er wirkte, als würde er gleich vom Stuhl kippen. Sands gab ihm eine Tasse Kaffee in die Hand und lehnte sich an die Fensterbank.

      „Ich weiß nicht, was sich O’Brian bei solchen Aktionen denkt“, sagte er.

      Beverly seufzte. „Wir kennen ihn doch schon lange genug, wir kennen doch sein Motto: Wer nicht auf die harte Tour lernt, der lernt nichts.“

      Fleming hielt sich an seiner Tasse fest und blickte hinein. Offensichtlich war es ihm peinlich, dass ihn der Anblick auf Morrows Autopsietisch beinahe von den Beinen geholt hatte.

      Sands musterte ihn. „Machen Sie sich nichts draus, Fleming. Nach der ersten Leichenöffnung, bei der ich dabei war, ging’s mir auch nicht wesentlich besser.“

      Beverly sah sofort die Erleichterung in Daniels Gesicht. Aus ihrem Mund hätten diese Worte nicht die gleiche Wirkung gehabt. Für Fleming war es gut zu wissen, dass ein gestandener Mann wie Sands, der schon jahrelang beim Yard arbeitete, ganz unumwunden zugab, dass es ihm nicht anders ergangen war.

      Donnerstag, 14. März

      Beverly war früh auf. Sie duschte, trocknete ihre Haare und zog schwarze Jeans und einen engen Rollkragenpulli an. Sie nahm die Parfümblättchen, die sie vor über einer Woche hatte besprühen lassen, und warf sie, bis auf eines, in die Mülltonne. Sie war sich ziemlich sicher, dass der Duft, der das Bad von Sheila Moreno erfüllt hatte, ’Imagine for men’ hieß. Mit einem großen Pinsel stäubte sie sich etwas losen Puder ins Gesicht und malte einen dezenten Kajalstrich an die Grenzen ihrer Augenlider.

      Fleming war, während er sie gestern nach Hause gefahren hatte, äußerst wortkarg gewesen. Er hatte auch keine Anstalten gemacht, ein weiteres Mal mit ihr essen zu gehen, was Beverly nicht verwunderte, er hatte ja schließlich noch Dr. Morrows Vorführung zu verdauen. Sie wusch einen Apfel und würfelte ihn in ihren Joghurt. Während der Tee zog, räumte sie die Spülmaschine ein. Dann streifte sie durch ihre Zweizimmerwohnung, füllte die Waschmaschine und räumte die Zeitschriften von Couch und Teppich ins Regal. Prüfend blickte sie auf die Uhr. In einer Viertelstunde würde Fleming hier sein, um sie abzuholen. Sie aß ihren Joghurt und nippte an ihrem Tee.

      Sie nahm gerade den letzten Schluck, als es klingelte. Er war zu früh. Er stand wie aus dem Ei gepellt vor ihrer Tür, das Haar wie immer leicht zerzaust, und auch sein sonstiger Zustand schien wieder im grünen Bereich zu liegen.

      „Hallo.“

      „Sie sind zu früh, Fleming. Kommen Sie rein, ich bin gleich so weit.“ Sie wandte sich ab, spürte, wie sein Blick ihr folgte. Er stand noch immer im Türrahmen. Beverly drehte sich zu ihm um. Er taxierte sie. Sie spürte die aufsteigende Nervosität. Sie nahm ihre Haare zusammen und drehte sie. Während sie den Schopf aus roten Wellen festhielt, ging sie ins Schlafzimmer, um eine Spange hineinzuklemmen. Daniel stand noch immer schweigend, fast so, als hätte ihn jemand aus einem Journal ausgeschnitten und an ihre Tür geheftet.

      „Hat’s Ihnen heute die Sprache verschlagen, Fleming?“ Sie schlüpfte in ihre Schuhe und warf sich ihre Jacke über. „Wir können.“ Sie ging zur Tür, aber er gab den Durchgang nicht frei.

      „Es hat mir in der Tat die Sprache verschlagen“, sagte er leise. Dann zog er ihr die Spange wieder aus dem Haar. Beverly spürte, wie ihr das Haar hinabfiel, sie wollte protestieren. Er zog sie an sich. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber er legte ihr einen Finger auf die Lippen, streichelte sie sanft. Unwillkürlich schloss sie die Augen, und er küsste sie. Es war eine vorsichtige Berührung, forschend, fragend; sie erwiderte seinen Kuss. Sie presste sich an ihn. Seine Fingerspitzen wanderten ihren Nacken hinauf und verschwanden in ihrem Haar. Sie konnte seinen Herzschlag spüren, seine Berührung machte sie trunken. Das lange Alleinsein und die unerfüllte Leidenschaft schienen ihre Empfindsamkeit vervielfacht zu haben. Sie wusste, dass sie der Versuchung erliegen würde, wenn er es jetzt darauf anlegte.

       Er legte es nicht darauf an. Er löste sich von ihr und musterte sie eine kurze Weile, während sie darum kämpfte, ihre Selbstbeherrschung wiederzufinden. Die Zufriedenheit, die in seinen Zügen lag, machte sie wütend. Er hatte ihr einfach so zwischen Tür und Angel bewiesen, dass er sie jederzeit rumkriegen konnte, die ach so abgeklärte Kripofrau, die über den Dingen stand.

      Er schaute auf die Uhr. „Ich möchte nicht zu spät kommen“; ohne ein weiteres Wort ging er die Treppe hinunter. Beverly blieben sämtliche Kommentare im Hals stecken. Sie schlug die Tür hinter sich zu und folgte ihm mit puddingweichen Knien nach unten. Sie war so wütend über sich selbst, dass ihr schon eine Möglichkeit einfiel, sich selbst in den Hintern zu treten. Zu allem Überfluss hielt er ihr die Autotür auf.

      „Das ist das letzte Mal, dass ich in diesen Wagen steige“, giftete sie ihn an, und er lächelte. Wie konnte das passieren? Evans, du hast dich nicht im Griff.

      Während ihrer gemeinsamen Fahrt blickte sie demonstrativ aus dem Seitenfenster und schwieg. Sie spürte, dass er hin und wieder zu ihr herübersah. Der Weg zum Yard erschien ihr länger als sonst, er war schier unendlich. Sie versuchte ihre Wut in Gedanken zu fassen, versuchte sich darüber klar zu werden, was es war, das sie so traf.

      Verdammt, Evans, du hast dich überhaupt nicht geändert. Du fällst noch immer auf diese Typen rein, auf ihre unwiderstehliche Masche.

      Sie hielten an einer roten Ampel, sie spürte seinen Blick.

      „Gehen Sie heute Abend mit mir essen?“

      „Gehen Sie doch mit Henderson essen“, antwortete Beverly gereizt. „Sie würde sich sicher