Von dem Leben und den Meinungen berühmter Philosophen. Diogenes Laertius. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Diogenes Laertius
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Философия
Год издания: 0
isbn: 9783843800181
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du dich von Athen wegbegibst, so glaube ich, dass du am gemächlichsten in Milet deinen Aufenthalt nehmen könntest, das von euern Bürgern angebaut ist. Hier findest du gar nichts, das dich abschrecken kann, und wenn du die Fürstenherrschaft, unter der auch die Milesier stehen, verabscheust (denn alle Alleinherrscher sind dir unausstehlich), so wird es dir doch ein angenehmes Vergnügen sein, hier unter uns, deinen Freunden, zu leben. Bias hat dich auch schriftlich eingeladen, nach Priene zu kommen. Sollte es dir gefälliger sein, in der Stadt Priene zu wohnen, nun so wollen wir mit dir daselbst wohnen.

       Solon

      1. (45) Solon, Exekestides Sohn, ein Salaminier, hat zuerst in Athen die Seisachtheia eingeführt, welche in einer Lösung der Personen und Güter bestand. Denn man verpfändete auch seine Person, und aus Dürftigkeit dienten viele um Lohn. Da er nun vom Vater her eine Schuldforderung von sieben Talenten hatte, so erließ er zuerst dieselben, und forderte andere auf, seinem Beispiel zu folgen. Dieses Gesetz wurde Seisachtheia genannt. Es fällt in die Augen aus welcher Ursache. Nachher gab er auch die übrigen Gesetze, welche hier durchzugehen zu lang sein würde, und legte sie in hölzernen Rollen nieder.

      2. (46) Seine größte Tat war diese, da wegen seines Vaterlandes Salamis zwischen den Athenern und Megareern ein heftiger Krieg entstanden war, und die Athener in den Gefechten öfters Verlust gehabt hatten, so machten sie den Volksbeschluss, wenn jemand nochmals in Vorschlag bringen würde, gegen Salamis Krieg zu führen, der sollte am Leben gestraft werden. Nun stellte Solon sich rasend, und so stürzte er sich bekränzt auf den Volksversammlungsplatz, lässt daselbst durch einen Ausrufer den Athenern eine starke Elegie wegen Salamis vorlesen und erregt ihren Aufstand. Sie griffen augenblicklich gegen die Megareer zu den Waffen und siegten nun durch Solon. (47) Was in der Elegie den meisten Eindruck auf die Athener machte, war dieses:

      Wär’ ich ein Pholegandrier, oder ein Sikinite,

       Und kein Athener, könnt’ ich tauschen mein Vaterland um!

       Denn der Ruf verkündet den Menschen, die mich erblicken:

       Seht den Attiker, der auch aus Salamis floh!

      Ferner:

      Eilet nach Salamis, um für die Insel tapfer zu kämpfen!

       Bürger, die Schande wird uns durch Überwinden getilgt!

      Er beredete auch die Athener, sich in Besitz der thrakischen Halbinsel zu setzen. (48) Damit es aber nicht den Schein habe, dass die Athener mehr durch Gewalt, als durch Recht den Besitz von Salamis sich erworben hätten, so grub er einige Gräber wieder auf, und zeigte die gegen Osten gerichteten Leichname, wie es bei den Athenern Sitte war, zu begraben, ja dass auch die Gräber selbst nach Osten hin lagen, und ihnen die Bezeichnungen der Volksstämme eingegraben waren, welches den Athenern eigen war. Einige sagen auch, dass er in das Homerische Schiffsverzeichnis nach dem Verse:

      Aias führte daher aus Salamis zwölf der Schiffe,

      den folgenden eingerückt habe:

      Stellte sie dann auf, wo in Reihen der Athener

       Schar sich geordnet.

      3. Seit dieser Zeit hing ihm das Volk an, und wollte sich von ihm gerne beherrschen lassen. (49) Er wollte dies aber nicht, ja er hielt auch seinen Verwandten Pisistrat, da er seine Anstalten merkte, wie Sosistrat sagt, soviel an ihm war, zurück. Er kam nämlich mit Panzer und Schild in eine Volksversammlung und machte dem Volke die Nachstellungen Pisistrats bekannt; ja nicht das allein, er war auch zur tätlichen Hilfe bereit, indem er sagte: Bürger Athens! Ich bin teils einsichtsvoller, teils tapferer als einige von euch, einsichtsvoller als die bin ich, die Pisistrats Betrug nicht durchschauen; tapferer bin ich als die, die ihn zwar durchschauen, aber aus Furcht schweigen. Der Rat aber, der dem Pisistrat anhing, sagte, er sei unsinnig. Nun sagte er:

      Meinen Unsinn enthüllt den Bürgern die eilende Zeit bald,

       Stellt unter sie bald die Wahrheit schleierlos hin.

      (50) Folgendes war seine Voraussagung der Herrschaftsanmaßung Pisistrats:

      Schneegestöber und Hagel erfüllt die düsteren Wolken.

       Rollenden Donner erzeugt der zackig flammende Blitz.

       Große Männer wälzen die Staaten um, und nachlässigen Bürgern

       Legen Tyrannen sehr leicht drückendes Sklavenjoch auf.

      4. Da Pisistrat schon die Obergewalt hatte, unterwarf er sich noch nicht, sondern legte seine Waffen vor dem Heerführer-Palast mit den Worten nieder: Vaterland! Ich habe dir mit Worten und Taten zu helfen gesucht! und schiffte ab nach Ägypten und Zypern. Er kam auch zu Krösus, und als ihn dieser fragte; wen er für glückselig hielte; sagte er den Athener Tellus und Kleobis und Biton, nebst dem übrigen, was überall bekannt ist. (51) Einige erzählen auch noch, Krösus, im prächtigsten Schmuck auf dem königlichen Thron sitzend, habe ihn gefragt: ob er wohl etwas schöneres gesehen habe? Er habe geantwortet, Hähne, Fasanen, und Pfauen, denn diese hat die Natur selbst mit tausendfachen Schönheiten ausgeschmückt. Nach seiner Abreise von hier ging er nach Kilikien, wo er die von ihm benannte Stadt Soli erbaut hat. Hierin ließen sich einige Athener nieder, die mit der Zeit etwas Fremdes in ihre Aussprache aufnahmen, daher man von ihnen sagte, sie solokisierten. Diese bekamen den Namen Soleer, die in Kypern hingegen heißen Solier.

      5. Als er hierauf erfuhr, dass Pisistrat noch immer in Athen herrsche, schrieb er folgendes den Athenern:

      (52) Habt ihr Unglück erlitten durch eure Feigheit, Athener! Schuldigt euer Geschick Göttern nimmermehr an! Selbst habt ihr Tyrannen in euren Mauern erhoben Diese geben euch nun niedere Knechtschaft zum Lohn. Einer ist unter euch nur der Fuchsspuren Verfolger, Alle übrigen gehen sinnlos geblendet herum: Nur die Zunge seht ihr und Heuchelworte des Mannes, Keiner sieht die Tat, die ins Angesicht strahlt.

      So schrieb er.

      6. Pisistrat aber schrieb ihm folgendes, als er floh:

      Pisistrat an Solon.

      (53) Ich bin nicht der einzige in Griechenland, der sich der Herrschaft bemächtigt hat, und ich habe es auch nicht ohne Ansprüche darauf getan, da ich aus Kodrus Hause herstamme. Ich habe nur das wieder genommen, was die Athener dem Kodrus und seinem Geschlecht eidlich zugesichert, aber dennoch ihnen entzogen hatten. Übrigens sündige ich in keinem Stück gegen Götter und Menschen. Ich halte darauf, dass die Gesetze im athenischen Staat beobachtet werden müssen, die du gegeben hast, und die Staatsverfassung ist besser als in der Demokratie. Ich lasse niemand übermütig behandeln und habe als Oberherr weiter keinen Vorzug, als die Ehre und Würde, welches auch der Ehrenvorzug der Könige vor mir gewesen ist. Ein jeder Athener nimmt von seinem Acker den Zehnten, nicht für mich, sondern er verwendet ihn zu öffentlichen Opfern und andern gemeinnützigen Bestimmungen, oder auch zu Kriegsbedürfnissen, wenn diese erfordert werden. (54) Ich mache dir auch gar keine Vorwürfe, dass du meine Absichten entdeckt hast, denn du hast dies mehr aus Wohlwollen gegen den Staat, denn aus Feindschaft gegen mich getan und eben so auch aus Unbekanntschaft mit der Herrschaft, die ich stiften würde. Denn hättest du diese gekannt, so würdest du sie leicht ertragen haben, nachdem sie gestiftet worden und nicht geflohen sein. Komm also wieder nach Hause zurück, da du meinem Wort auch ohne Eid schon glauben kannst, dass Pisistrat dem Solon nichts Unangenehmes zufügen werde. Du weißt ja, dass ich dies keinem andern meiner Feinde getan habe; und würdigst du mich, einer meiner Freunde zu sein, denn ich sehe nichts betrügliches und unzuverlässiges in dir. Willst du aber dennoch nicht mehr zu Athen wohnen, nun, so sei es dir freigestellt, nur möchte ich der Mann nicht sein, der dich deines Vaterlandes beraubt hat.

      So schrieb Pisistrat.

      7. Solon behauptete, das menschliche Lebensziel sei 70 Jahre (55) Folgende vortreffliche Gesetze hat er verordnet: Wer seinen Eltern den Unterhalt versagt, der soll ehrlos sein. Ebenso der, der das väterliche