Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel 1. Bettina von Weerth. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bettina von Weerth
Издательство: Bookwire
Серия: Ein Fall für Gräfin Leonie Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740940898
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noch mehr aufregst. Einmal muss doch genug sein.«

      Leonie stand auf, nahm die kleine, zarte, aber doch so zähe Person in den Arm.

      »Es war gut, dass ich es gelesen habe, mein Röschen. So schließt sich der Kreis. Außerdem glaubst du doch wohl, dass Kommissar Schuster mich auf jeden Fall angerufen hätte. Schließlich waren wir in diesem Fall ein Team. So kann ich ihn anrufen, und er wird mir verraten, ob es sich bei diesem toten Mafia-Boss um den Perucci-Killer handelt.«

      Gräfin Klara von Rosenstein machte sich aus der Umarmung ihrer Nichte frei.

      »Und wenn du es weißt, dann lass es gut sein, mein Kind. Ich bin so froh, dass in der nächsten Woche auf Schloss Ahndorf die Hochzeit stattfindet. Da kommst du auf andere Gedanken … Ich freue mich sehr, dass sich dort alles zum Besten geregelt hat, wenngleich ich …«

      Leonie unterbrach ihre Tante.

      »Röschen, sprich es nicht aus, nie mehr wieder. Auch wenn es Sandra nicht gäbe, wäre aus Florian und mir niemals ein Paar geworden. Die Ahndorfs und du hättet es euch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag wünschen können. Dieser Wunsch hätte sich nicht erfüllt. Florian und ich lieben uns, so wie Geschwister sich lieben. Du glaubst nicht, wie glücklich es uns macht, dass wir endlich ganz entspannt miteinander umgehen können, ohne euren immer auf uns lastenden Druck, eure Erwartungshaltung.«

      Gräfin Klara winkte ab. »Ist ja schon gut. Ich habe es begriffen, Graf Anton und Gräfin Regina auch. Aber schön wäre es schon gewesen. Die Familien passen, die Optik auch.«

      Leonie lachte.

      »Die stimmt auch zwischen Florian und Sandra. Und das haben selbst seine Eltern erkannt.«

      Klara nickte.

      »Nun ja, nett ist sie wirklich, und tüchtig. Die Galerie, die sie da aufgebaut hat, ist nicht von schlechten Eltern. Wirklich schade, dass sie die nun aufgeben muss …, künftige Schlossherrin zu sein, auch noch die Mutter einer Tochter, die bald in die Schule kommt. Das ist ein Full-Time-Job, wie man heutzutage so schön sagt.«

      Leonie gab keine Antwort. Sie wollte keine Diskussion heraufbeschwören, und die würde es jetzt geben, wenn ihre Tante wüsste, dass es längst beschlossene Sache war, dass Sandra ihre Kunstgalerie auch als Gräfin Ahndorf weiterführen würde. Warum auch nicht?

      Ob nun Graf, Baron, Herzog oder was auch immer – die Herrschaften waren nichts Besonderes, und der Titel war nicht mehr als der Bestandteil eines Namens.

      Einem bürgerlichen Beruf nachzugehen war ganz normal, und niemandem brach ein Zacken aus der Krone.

      Apropos Krone. Sie wusste nicht einmal, ob die Ahndorfs überhaupt eine besaßen.

      Tante Klara hatte eine in ihrer Schatzkammer, ein Relikt aus einer lang, lang zurückliegenden Zeit. Bei den Tenhagens hatte sie nie eine gesehen, und sie auch nicht vermisst.

      »Tante Klara, ich möchte jetzt nicht über die Ahndorfs reden, sondern versuchen, Kommissar Schuster anzurufen. Ich platze nämlich vor Neugier …, was meinst du? Ist der Tote der Perucci-Mörder?«

      Klara nickte.

      »Er ist es«, sagte sie im Brustton der Überzeugung. »Ich glaube allerdings nicht, dass er wegen dieses bedauernswerten Geschöpfes gekommen ist, sondern um eine andere Rechnung zu begleichen. Er hätte wohl nicht damit gerechnet, dass es ihn dabei selbst erwischt. Nun ja, Gottes Mühlen mahlen langsam …, er hat bekommen, was er verdient.«

      Sie kicherte.

      »Er wäre besser im Knast geblieben, dann wäre er jetzt noch am Leben …, andererseits kostet er die Steuerzahler jetzt auch kein Geld mehr.«

      »Tante Klara«, stöhnte Leonie.

      Ihre Tante war wirklich erstaunlich.

      Auf der einen Seite mehr als nur standesbewusst, streng auf Etikette achtend, und auf der anderen Seite knallte sie manchmal etwas raus, was einen Fuhrmann erröten lassen würde.

      Klara lachte.

      Sie war heute Morgen ausnehmend gut gelaunt. Aber das war sie immer, wenn eine Reise bevorstand. Und zu den Ahndorfs fuhr sie besonders gern.

      »Ich bin schon weg, mein Kind. Wir sehen uns dann heute Mittag zum Essen. Ich hab mir Königsberger Klopse mit Kapernsoße gewünscht, die hatten wir schon ewig nicht mehr.«

      Damit war Leonie auch einverstanden, aber jetzt sollte ihre Tante, bitte schön, gehen.

      Sie wollte den Kommissar anrufen und konnte nur hoffen, dass er an seinem Platz war und sie nicht wieder den coolen Mike Bär am Apparat hatte.

      Sie hatte ihn, doch der junge Mann war wie ausgewechselt.

      Er überschlug sich geradezu, und Leonie wusste nicht, wie oft er »Frau Gräfin« zu ihr gesagt hatte.

      Er war von ihr beeindruckt.

      Nicht von ihr, wohl eher von ihrem Titel.

      Dass sie damit einen so coolen jungen Mann einmal beeindrucken würde, damit hätte sie nicht gerechnet.

      »Herr Hauptkommissar Schuster wird Sie anrufen, sobald er wieder an seinem Platz ist, Frau Gräfin­.­ Das verspreche ich Ihnen. Sie können sich auf mich verlassen.«

      »Das ist ausgesprochen nett von Ihnen, Herr Bär«, flötete sie, noch immer ein wenig belustigt, ehe sie sich von ihm verabschiedete. Und nun? Sie hätte am liebsten den Artikel nochmals gelesen, eine weitere Tasse Kaffee getrunken.

      Aber … Auch wenn es viel weniger spannend war. Sie musste endlich an ihrem Roman weiterschreiben. Der schrieb sich leider nicht von selbst. Eines wusste sie. Ein Juwelendieb würde in keinem ihrer künftigen Romane nochmals vorkommen.

      Im Gegensatz zu dem, was sie gerade erlebt hatte, war es auch ziemlich langweilig, Juwelen zu klauen.

      *

      Als ihr Telefon klingelte, griff sie wie elektrisiert nach dem Hörer.

      Der Anrufer war Lars Bergmann, der ihr ziemlich zerknirscht mitteilte, dass er am Sonntag nicht mit ihr in die Oper gehen könne.

      »Ich bin für einen Preis nominiert und muss schon am Samstag nach London reisen, wo die Verleihung stattfindet.«

      »Das ist großartig.«

      Leonie freute sich wirklich für ihn.

      Und sie wollte die zwei Karten, obschon sie wild auf die Insze­nierung gewesen war, gar nicht ha­ben.

      Sie durfte es ihrer Tante nicht erzählen, denn die würde das nicht verstehen.

      Nach allem, was sie erlebt hatte, was sie noch immer beschäftigte, wollte sie ihre Ruhe haben, hatte sie keine Lust, sich aufzubrezeln. Und Mozart war, hervorragende Inszenierung hin und her, ohnehin nicht so ihr Fall.

      Sie überredete ihn, die Karten an Andreas und Linda weiterzugeben.

      Leonie wusste, dass Linda vor lauter Freude außer sich sein würde. Und in dem Liebesrausch, in dem ihre Freundin sich jetzt befand, würde sie sich ein neues Outfit kaufen, zum Friseur gehen. Neue Schuhe würden auch drin sein, kurzum, Linda würde alles tun, um ihrem Liebsten zu gefallen. Und die Oper war ein würdiger Rahmen.

      Leonie spürte, dass er noch etwas auf dem Herzen hatte und fragte ihn kurzerhand.

      »Ich darf zu der Verleihung in Begleitung kommen …, alles findet in einem sehr festlichem Rahmen statt, mit Essen, anschließendem Ball …, hätten Sie Lust …, ich meine …«

      Nein!

      »Lars, es ist lieb, dass Sie mich mitnehmen wollen …, nur muss ich leider absagen … Sie wissen doch, mein Abgabetermin. Ich hätte ein schlechtes Gewissen und würde nichts genießen können.«

      Das verstand er.

      Etwas anderes hätte sie allerdings auch verwundert.

      Lars Bergmann widersprach nie.

      Konnte