PUCKI & POMMERLE: Alle 18 Bücher in einem Band. Magda Trott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Magda Trott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9788027221257
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konnte Pommerle, nachdem es seine Schulsachen zurechtgelegt hatte, am Nachmittag mit Jule ausgehen. Heute sollte es daheim bleiben.

      »Also morgen,« sagte Jule, »ich werde den Mädchen sagen, daß sie jetzt alle Indianer sein müssen. Mit den Prinzessinnen ist das nischt. Wir spielen Räuber und Indianer. Aber ich bin der Hauptmann.«

      »Und ich bin die Indianerfrau-Hauptmann.«

      »Meinetwegen. – Wenn ich dich besiegt habe, heirate ich dich.«

      Pommerle schlug jubelnd in die Hände. Das würde ein herrliches Spiel werden. Jetzt mußte es daran denken, sich indianermäßig anzuziehen. Anna würde ihm gewiß helfen.

      Jule blieb nicht mehr lange bei Benders. Er bildete sich ein, daß er für das morgige Spielen noch zu viel zu tun hätte, denn die Mädchen mußten unterrichtet werden, daß sie von nun an Indianer sein sollten. Wenn also morgen das Spielen begann, sollte ein regelrechter Kampf zwischen beiden Lagern stattfinden. Da die beiden Strohmieten auf dem Felde standen, das an einer Seite von einer breiten Landstraße begrenzt war, konnte man ungehindert lärmen und toben, denn der Lärm schallte nicht bis in die Wohnungen der Hirschberger.

      In der alten vertrauten Umgebung hatte Pommerle seinen Abschiedsschmerz von der geliebten Ostsee bald überwunden. Es hatte so viel zu erzählen, und Anna hörte ihm willig zu. Manchmal stellte sie sich freilich ungläubig, aber Pommerle berichtete so lebhaft, daß Anna schließlich glauben mußte, daß es verhexte Wagen gäbe und daß es ganz hoch in die Berge mit einem kleinen Wagen gefahren sei.

      Dann zog das Kind eine Zeitung hervor, legte sie vor Anna nieder, tippte mit dem Finger auf eine Stelle und sagte strahlend:

      »Hat von dir schon 'mal eine Zeitung geschrieben? Lies 'mal, das hier bin ich.«

      Anna las und lobte das beherzte Kind.

      »Der Jule muß es auch wissen, das zeige ich ihm morgen.«

      Am nächsten Tage ließ sich Pommerle von Anna, so gut es ging, ausschmücken. Anna flocht Pommerle aus bunten Federn einen Kopfputz, klebte aus Pappe und Silberpapier eine Axt, gab dem Kinde eine rote Schürze, die es sich um die Schultern hängen sollte, und ein blaues Band als Gürtel, in den die Streitaxt gesteckt werden sollte. Dann wurden aus Perlen zwei Ketten gefädelt, und der Indianer war fertig.

      Pommerle wollte in diesem Schmuck durch die Straßen von Hirschberg gehen, doch Anna erlaubte es nicht.

      »Du kannst dich draußen von deinen Indianern anziehen lassen. Das macht der Häuptling immer so.«

      Das leuchtete dem Kinde denn auch ein.

      Herr und Frau Bender hatten nichts dagegen, daß die Kleine mit den Schulkameradinnen draußen vor der Stadt spielte, doch wurde ihm eingeschärft, recht artig zu sein und pünktlich wieder heimzukehren.

      Jule holte das Pommerle ab. Er trug ihm die Sachen, die das Kind sorgsam in der roten Schürze eingewickelt hatte. Auch Jule hatte sich noch Verschiedenes mitgebracht. Er hatte sich aus schwarzem Papier eine Gesichtsmaske gefertigt und in den Mundausschnitt eine lange, rote Zunge eingeklebt. Das gefiel der Kleinen derartig, daß sie sich für morgen etwas Ähnliches anfertigen wollte.

      Auf dem Felde war eine Schar von etwa dreißig Kindern versammelt. Die merkwürdigsten Kostüme waren sichtbar. Jule hatte dafür gesorgt, daß jeder einen bunten Lappen umgebunden hatte; manche waren mit Holzschwertern erschienen, andere hatten Stöcke, einer der Knaben sogar eine Kinderpistole. Die Mädchen hatten bunte Schärpen, bunte Tücher, viele trugen Federn in den Haaren; die kleine Schar sah recht drollig aus.

      Man führte Pommerle zu der Strohmiete. Hier hatten Kinderhände freilich eine arge Verwüstung angerichtet. Man hatte zahlreiche Garben herausgerissen und eine große Höhle geschaffen, in die sich die Menge hineindrängte. Die Garben lagen achtlos umhergeworfen auf der Stoppel. Alle Kinder schrien und lärmten durcheinander, aber Jule schrie am meisten.

      »Wir sind jetzt Räuber und Indianer,« sagte er, »wir sind in der ganzen Welt gefürchtet. Wehe dem, wer sich unserem Lager nähert!«

      Mit diesen Worten schwang er seinen Stock und rollte mit den Augen.

      »Das ganze Gebirge, alle Straßen, alle Wälder gehören uns. Wir nehmen gefangen, wer uns nicht paßt!«

      Einer der Knaben begann zu rufen: »Ich weiß was Feines! Wenn jetzt jemand auf der Straße kommt, stürzen wir mit Geschrei auf ihn los, dann bekommt er 'nen Schreck und rennt davon.«

      Mit Jubel wurde dieser Vorschlag angenommen, und schon begaben sich zwei Knaben auf Späherposten.

      »Dort kommt eine Frau,« schrie einer.

      »Knechtsseelen,« rief Jule, »Untertanen, folgt mir! Auf zum Angriff! Aber nur bis zur Straße! Dann kehren wir zurück in unser Versteck, denn der Feind ist groß und stark.«

      »O je,« sagte Pommerle, »es ist doch nur eine alte Frau, die wird aber erschrecken.«

      »Jetzt ist sie gleich da,« rief der Späher.

      »Auf, ans Werk, Räuber und Indianer, unser Kriegsruf lautet: I–u–a–hi–huuu–oaoa!«

      Schon stürzten die ersten hervor. Pommerle nahm das große Kriegsbeil, schwang es in der Luft und schrie, so laut es konnte: »I–u–a–hi–!« Ein Höllenlärm ging los, als die Rotte von Kindern nach der Landstraße stürmte.

      Das alte Weiblein, das einen Korb am Arme trug, begann laut zu schreien.

      »Der Rübezahl – ist hinter mir her!«

      »I–u–a–hi–huuu–oaoa,« tobte es.

      Die Alte begann zu laufen. Da ließ Pommerle seine Streitaxt sinken.

      »Ach je,« sagte es, »sie hat Angst, sie wird die Puste verlieren.«

      Nochmals gellte der Schlachtruf, dann zog sich der lärmende Haufen wieder zurück.

      Nun aber lachten sie alle, sie waren stolz auf ihre Heldentat. Der Überfall war gelungen, Jule erzählte von hundert Gefangenen, die man gemacht habe.

      »Knechtsseelen, ihr habt eure Aufgabe glänzend gelöst, jetzt gilt es, noch mehr Gold und Silber zu erbeuten.«

      »Da kommt ein Wagen,« rief einer der Knaben.

      Es war ein Bauernwagen, auf dem mehrere Säcke lagen. Ein Schimmel zog das Fahrzeug.

      Die Augen der Kinder glühten vor Begeisterung.

      »Eine schwere Aufgabe steht uns bevor,« rief der Anführer Jule, »jetzt auf, ans Werk, Leute, ihr kennt eure Pflicht!«

      Behutsam schlich man um die Miete herum, manche hockten sich hinter die umherliegenden Garben, denn noch war der rechte Augenblick nicht herangekommen. Man wollte dem Wagen gerade in die Flanke fallen. Der Mann auf dem Bocke saß mit gesenktem Haupt da, vielleicht schlummerte er sogar ein wenig.

      Da sprang Jule aus. Zum Zeichen des Angriffs hob er den Stock, dann ertönte ein gellendes: »I–u–a–hi–uuuu–oaoa!« Pommerle war eine der ersten, die der Straße zustürmten.

      Der Fuhrmann schrak zusammen, riß die Zügel zurück, aber auch das Pferd war von dem plötzlich einsetzenden Geschrei gescheut, es bäumte sich hoch auf, nahm dann den Kopf nach vorn herunter, die Leine entglitt den Händen des Fuhrmannes, und während die Kinder ihr wildes Geschrei wiederholten, jagte das Pferd in schnellstem Galopp davon.

      Die Kinder lachten und wollten sich nicht beruhigen. Dann befahl Jule den Rückzug. Aber schon wieder riefen einige Knaben:

      »Da kommen drei!«

      Es waren drei Herren, anscheinend aus Hirschberg, die einen weiteren Spaziergang gemacht hatten. Den Kindern war es höchst einerlei, wer des Weges kam. Der neue Überfall wurde vorbereitet, und wieder ging es mit dem Schlachtrufe zum Angriff vor.

      Man hatte erwartet, daß die drei Herren ebenfalls Reißaus nehmen würden. Aber sie blieben stehen, einer von ihnen sprang über den Graben und hielt die zunächst Stehende