Die Klinik am See Staffel 1 – Arztroman. Britta Winckler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Britta Winckler
Издательство: Bookwire
Серия: Die Klinik am See Staffel
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740912307
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entfuhr es Dr. Lindau, und er warf einen kurzen Blick auf Astrid, die errötete. »Meine Tochter will auch Kinderärztin werden«, setzte er hinzu.

      »Das hat sie mir gesagt«, entgegnete Alexander Mertens.

      Dr. Lindau hatte noch etliche Fragen auf Lager, versagte sich die aber vorläufig. Er wollte endlich weg von hier. »Verstehen Sie etwas von Autos, Herr Kollege?« wandte er sich fragend an Dr. Mertens.

      »Ich denke doch«, antwortete der Kinderarzt. »Wenn Sie erlauben, denn sehe ich einmal nach.«

      »Es ist Ihnen erlaubt«, gab Dr. Lindau zurück. Er nickte seiner Tochter lächelnd zu. Sein Blick schien auszudrücken, daß er diesen jungen Mediziner sehr sympathisch fand. Offen blieb dabei allerdings, ob sich diese Sympathie auf dessen Hilfsbereitschaft bezog oder auf die Tatsache, daß Astrids neuer Bekannter auch ein Mediziner war.

      Doch noch etwas ging Dr. Lindau durch den Sinn – das sichtbar gute Verstehen zwischen Astrid und diesem Dr. Mertens. Sollte sich da vielleicht etwas anbahnen? Mit jenem Peter Diehl schien Astrid allem Anschein nach nichts mehr im Sinn zu haben. Ihre überhastete Rückkehr aus Indien ließ kaum einen anderen Schluß zu.

      Wo aber hatte sie diesen sympathischen Kinderarzt so schnell her? Solche und ähnliche Fragen rumorten hinter Dr. Lindaus Stirn, und er war fest entschlossen, sich sehr bald Antworten darauf zu verschaffen.

      Dr. Mertens war inzwischen schon damit beschäftigt, den Wagen von Astrids Vater in Augenschein zu nehmen. Er brauchte nur zehn Minuten, um die Ursache der Panne festzustellen. »Da haben wir’s«, rief er. »Die Benzinleitung ist angebrochen. Kein Wunder, daß der Motor streikt.«

      »Na fein«, gab Dr. Lindau sarkastisch zurück. »Was nun? Kann man das reparieren?« wollte er wissen.

      »Man kann, aber nicht hier«, erklärte Alexander Mertens. »Das muß in einer Werkstatt gemacht werden.«

      »Das hat mir gerade noch gefehlt«, brummte Dr. Lindau ärgerlich.

      »Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Herr Doktor«, ergriff Alexander Mertens die Initiative. »Sie fahren mit uns.«

      »Wohin? Etwa nach Auefelden?« fragte Dr. Lindau etwas verblüfft.

      Dr. Mertens lachte verhalten. »Wohin sonst wohl?« antwortete er mit einer Gegenfrage. »Oder was dachten Sie, wohin ich Astrid bringen wollte?«

      »Alexander…, also Herr Dr. Mertens hat sogar seinen Urlaub verschoben, um mich nach Hause fahren zu können«, warf Astrid ein.

      »Das finde ich außerordentlich nett, Herr Kollege«, sagte Dr. Lindau. »Ich möchte mich dafür bei Ihnen bedanken. Es würde mich und sicher auch meine Tochter freuen, wenn Sie auf jeden Fall heute und, wenn es Ihre Zeit erlaubt, auch noch über das Wochenende unser Gast sein würden.«

      Alexander Mertens wechselte einen blitzschnellen Blick mit Astrid, der dem scharf beobachtenden Vater nicht entging. Sieh an, dachte Dr. Lindau, also doch. In derselben Sekunde gestand er sich aber auch ein, daß ihm das gar nicht einmal so unangenehm war – ein Kinderarzt und seine Tochter, die das ebenfalls werden wollte, das eröffnete interessante Perspektiven. Er verhehlte sich nicht, daß er diesen Herrn Mertens mochte, obwohl er kaum etwas von und über ihn wußte. Nur, daß dieser Mann Mediziner war und daß ein recht gutes Einvernehmen zwischen Astrid und ihm zu herrschen schien.

      »Ihre Einladung, Herr Doktor, nehme ich gern an, freue mich darüber und – fühle mich sogar geehrt«, sagte Alexander Mertens in die kurzen Überlegungen von Astrids Vater hinein.

      »Und Ihr Urlaub, von dem Astrid vorhin sprach?« warf Dr. Lindau die Frage auf.

      Dr. Mertens winkte lächelnd ab. »Erstens habe ich nur fünf Tage, und zweitens habe ich mir sagen lassen, daß die Umgebung von Auefelden auch sehr schön ist«, erklärte er.

      »Soso, das haben Sie sich sagen lassen«, meinte Dr. Lindau, und in seinen Augen blitzte es vergnügt auf. »Na, jedenfalls sind wir uns einig. Ich schlage vor, daß wir unseren Aufenthalt hier abbrechen.«

      »Ich bin Ihrer Meinung«, stimmte Alexander Mertens zu. »Schließen Sie bitte Ihren Wagen ab. Wir können dann fahren. Unterwegs könnten Sie ja von irgendwo Ihre Werkstatt anrufen, damit man den Wagen abholt.«

      Dr. Lindau nickte, schloß sein Fahrzeug ab und lief dann mit Astrid und Alexander Mertens über die Straße zu dem am rechten Straßenrand stehenden Fahrzeug des Kinderarztes.

      Minuten später waren sie schon unterwegs nach Süden. Einsam stand der Wagen des Chefarztes der Klinik am See auf dem schmalen Parkplatz neben der Schnellstraße.

      *

      Die Fahrt nach Auefelden verlief ziemlich schweigsam. So gerne Dr. Lindau auch die tatsächlichen Gründe für Astrids Rückkehr aus Indien erfahren hätte, verzichtete er doch auf entsprechende Fragen. Er ahnte nur, daß Peter Diehl dabei eine entscheidende Rolle gespielt haben mußte, der die erste Liebe seiner Tochter war oder, wie die Umstände zeigten, gewesen war. In Gegenwart eines Familienfremden aber wollte er dieses Thema nicht zur Sprache bringen.

      Astrid ihrerseits wußte natürlich, daß der Vater Erklärungen von ihr erwartete. Doch auch sie scheute sich, solche vor Alexander Mertens abzugeben. Vor allem wollte sie mit dem Vater allein über alles reden.

      Diese Möglichkeit sollte sich aber erst Stunden später ergeben – zu Hause in der gemütlichen Wohnstube des Doktorhauses.

      Noch während der Fahrt hatte Dr. Lindau überlegt, ob er Astrids neuem Bekannten das Gästezimmer anbieten sollte. Doch erst als Auefelden erreicht war, hatte er sich dazu entschlossen.

      »Das ist außerordentlich liebenswürdig, Herr Dr. Lindau, aber es muß nicht sein.« Dr. Mertens war natürlich darüber sehr erfreut gewesen, denn dadurch hätte er die unmittelbare Nähe Astrids genießen können. Andererseits aber war er ein gut erzogener junger Mann, der wußte, daß man nicht gleich die ganze Hand ergreifen sollte, wenn man den kleinen Finger gereicht bekam. Wenn ihm auch Astrid trotz der wirklich kurzen Zeit, die er sie nun kannte, rein gefühlsmäßig nicht mehr fremd war, glaubte er dennoch, ganz bestimmte gesellschaftliche Spielregeln einhalten zu müssen. Dazu gehörte seiner Meinung auch, nicht sofort nach erst stundenlanger Bekanntschaft mit dem Mädchen unter einem Dach zu leben und zu schlafen. Er fühlte auch – zumindest bildete er sich das ein – daß die Einladung von Astrids Vater, im Doktorhaus Quartier zu nehmen, zunächst nur eine Höflichkeitsgeste war. Aus diesem Grunde hatte er angedeutet, daß er durchaus ein Zimmer im Gasthof nehmen konnte.

      Doch da war es Astrid gewesen, die ihm diese Hemmung genommen hatte. »Unsinn, Alexander, wenn Paps Ihnen das anbietet, dürfen Sie das ruhig annehmen.« Das war in einem Ton vorgebracht, der wie eine Aufforderung und wie eine Bitte klang.

      Dr. Lindau, dem die Blicke zwischen seiner Tochter und dem sympathischen Arztkollegen nicht entgangen waren und dem dessen Verhalten sehr gefiel, hatte dann aber das kurze Wortgeplänkel rasch beendet. »Sie hören, was Astrid sagt, und ich kann Ihnen als ihr Vater versichern, daß sie bisher immer durchgesetzt hat, was sie wollte – also werden Sie bei uns ein paar Tage wohnen.« Damit war dieses Problem gelöst gewesen.

      Als erstes aber, kaum daß sie alle drei im Doktorhaus angekommen war, telefonierte Dr. Lindau wegen seines Wagens mit der Werkstatt. Zufrieden legte er auf, als ihm versichert wurde, daß das Fahrzeug sofort abgeholt würde und am nächsten Tag wieder fahrbereit zur Verfügung stünde.

      »Tja, ich müßte eigentlich nochmals in die Klinik«, erklärte er nach einem Blick auf die Uhr. Fragend sah er Alexander Mertens an.

      Der verstand sofort. »Ich fahre Sie gern hin, denn Sie sind ja im Augenblick ohne fahrbaren Untersatz«, erklärte er.

      Dr. Lindau nahm dieses Angebot nur zu gern an. »Astrid kann inzwischen Ihr Zimmer ein wenig in Ordnung bringen und sich überlegen, was sie uns zum Abendessen vorsetzen will«, meinte er lächelnd.

      »Ihr könnt euch auf mich verlassen«, erwiderte Astrid und sah dabei Dr. Mertens an. »Fahrt ruhig in die Klinik, ich komme schon zurecht hier. Bei