Zwangsvollstreckungsrecht, eBook. Alexander Bruns. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Alexander Bruns
Издательство: Bookwire
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Год издания: 0
isbn: 9783811487208
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aussprechen oder eine Gestaltung enthalten, sind einer zwangsweisen Durchsetzung nicht fähig und nicht bedürftig. Die Prozessordnung sieht aber vor, dass gewisse Entscheidungen ohne Rücksicht darauf, ob sie einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben oder nicht, für vorläufig vollstreckbar zu erklären sind, so z.B. Urteile, durch die ein Arrest oder eine einstweilige Verfügung abgelehnt oder aufgehoben werden (§ 708 Nr. 6); diese Entscheidungen sind mithin auch vollstreckbar[15]. Man unterscheidet daher neben der Vollstreckbarkeit im engeren Sinne, neben der Vollstreckungsfähigkeit eine Vollstreckbarkeit im weiteren Sinne. Diese Vollstreckbarkeit im weiteren Sinne kommt allen Urteilen zu. Die Wirkungen der Vollstreckbarkeit im weiteren Sinne bestehen darin, dass die Entscheidung die Grundlage für eine Reihe staatlicher Handlungen bildet, wie z.B. Eintragungen in öffentliche Bücher, Berichtigungen in der Insolvenztabelle, Einschreiten des Vormundschaftsgerichts, weiter etwa für die Aufhebung oder Einstellung der Zwangsvollstreckung (§§ 775 Nr. 1, 2; 776) oder für die Kostenfestsetzung (§§ 103 ff.)[16].

      § 14 Die Endurteile

      Schrifttum:

      Schiedermair, Die Wirkung der Anfechtung von Zwischenurteilen nach §§ 275, 304 ZPO auf das Endurteil, JuS 1961, 212; Gelhaar, Die Vollstreckung aus einem Betragsurteil vor Rechtskraft des Grundurteils, VersR 1964, 206; Gilles, Rechtsmittel im Zivilprozess, 1972; Dütz, Einstweilige Abwendung von Vollstreckungsmaßnahmen in der Arbeitsgerichtsbarkeit, DB 1980, 1069, 1120; Schüler, Die Problematik hinsichtlich der Vollstreckungsfähigkeit von Schuldtiteln, die fehlerhaft oder ungenau sind, DGVZ 1982, 65; Hager, Das Erlöschen des possessorischen Anspruchs auf Grund des petitorischen Titels, KTS 1989, 515; Wieser, Die Vollstreckbarkeit im weiteren Sinne, ZZP 102 (1989), 261.

      S. Übersicht 6, Rn. 13.1.

      14.1

      Die wichtigsten Vollstreckungstitel sind die Endurteile (§ 300), die rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt worden sind (§ 704 Abs. 1).

      Die allgemeinen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung sind auf die Urteile abgestellt; sie gelten für die übrigen Vollstreckungstitel nur entsprechend (§ 795). Endurteile sind Urteile, die das Verfahren für die Instanz ganz oder teilweise beendigen, in der der Prozess schwebt. Auch die Teilurteile (§ 301) und die Versäumnisurteile (§§ 330, 331) sind Endurteile; für die Zwangsvollstreckung sind ferner die Vorbehaltsurteile (§§ 302 Abs. 3, 599 Abs. 3) als Endurteile anzusehen.

      Die Vollstreckbarkeit als Urteilswirkung ist also von der formellen Rechtskraft (= Unanfechtbarkeit des Urteils) und der materiellen Rechtskraft (= Maßgeblichkeit des Urteilsinhalts für künftige gerichtliche Entscheidungen) zu unterscheiden[1].

      14.2

      In Betracht kommen als Vollstreckungstitel vor allem die Endurteile der ordentlichen Gerichte.

      Über die Vollstreckung der Urteile anderer Gerichte s. Rn. 2.31 ff.

      14.3

      Vollstreckungstitel sind nur solche Urteile, die im engeren Sinne vollstreckbar sind (Rn. 13.7). Dies sind nur die Leistungsurteile einschließlich der Urteile, die zur Duldung der Zwangsvollstreckung (z.B. aus einem Grundpfandrecht) verurteilen; Feststellungsurteile und Gestaltungsurteile sind einer zwangsweisen Verwirklichung im Sinne einer Zwangsvollstreckung nicht fähig, so z.B. nicht das Urteil auf Auflösung einer OHG[2].

      Ebenso bildet ein Urteil, das die Klage oder das Gesuch auf Erlass eines Arrestbefehls oder einer einstweiligen Verfügung abweist, sowie das Urteil, das einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung aufhebt, keinen Vollstreckungstitel. Feststellungsurteile, Gestaltungsurteile und die anderen genannten Urteile sind nur insoweit Vollstreckungstitel, als sie zur Tragung und Erstattung der Prozesskosten verurteilen. Aber auch diese Urteile sind meist für vorläufig vollstreckbar zu erklären (vgl. z.B. § 708 Nr. 6; s. Rn. 15.7).

      14.4

      

      Nicht vollstreckungsfähig sind ferner Verurteilungen zur Eingehung einer Ehe, zur Herstellung des ehelichen Lebens sowie zur Leistung von unvertretbaren Diensten aus einem Dienstvertrag (§ 888 Abs. 3; s. Rn. 40.24), weiter Urteile, die auf eine unmögliche Leistung lauten[3] oder in denen die Leistung nicht bestimmt genug bezeichnet ist (s. Rn. 13.3).

      Die Bestimmtheit ist nicht gegeben: bei Wertsicherungsklauseln, die z.B. auf die Pension eines Beamten verweisen[4]; bei einer Verurteilung zu künftiger Leistung ohne hinreichende Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit des Leistungszeitpunktes[5]; bei Verurteilung zu einer bestimmten Leistung „Zug um Zug gegen Erstattung von DM 103 000,– nebst den Auslagen, den Gebühren und der Grunderwerbsteuer“, die mit einem notariellen Vertrag bzw. seiner Durchführung verbunden waren[6]; bei Verurteilung zur Erteilung von „Auskunft über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch Vorlage eines Verzeichnisses“ ohne nähere Bezeichnung des maßgeblichen Zeitraums[7]; bei Verurteilung zur Zahlung „in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der tatsächlich bezogenen Sozialversicherungsrente und einem monatlichen Bruttoverdienst von DM 800,–“[8]; ist wenigstens eine bestimmte Mindestsumme angegeben, so ist der Titel in dieser Höhe vollstreckbar.

      Genügend bestimmt ist ein Titel, der auf Zahlung einer bestimmten Summe des Bruttolohns lautet; es ist dann Sache des Arbeitgebers nachzuweisen, dass er einen bestimmten Teil des Lohnes an Behörden (z.B. Finanzamt) abgeführt habe (§§ 767, 775 Nr. 4, 5)[9].

      14.5

      Die Zwangsvollstreckung aus Endurteilen findet erst dann statt, wenn sie rechtskräftig sind oder wenn sie für vorläufig, d.h. schon vor Eintritt der Rechtskraft vollstreckbar erklärt sind (unten § 15).

      Gewisse Urteile entfalten ihre Wirkung sofort, ohne dass der Eintritt der Rechtskraft oder ihre vorläufige Vollstreckbarkeit abgewartet zu werden brauchen. Es sind dies die Urteile, die ein vorläufig vollstreckbares Urteil aufheben oder abändern (§ 717 Abs. 1; Einzelheiten unten Rn. 15.40); bei der Vollstreckbarkeit dieser Urteile handelt es sich aber nur um die Vollstreckbarkeit im weiteren Sinne (vgl. Rn. 13.7).

      14.6

      Einen Vollstreckungstitel bilden grundsätzlich alle formell rechtskräftigen Urteile (§ 704 Abs. 1). Die formelle Rechtskraft kann entweder sofort mit dem Erlass des Urteils eintreten, so bei Endurteilen des BGH. Sonst tritt die formelle Rechtskraft erst mit Ablauf der Rechtsmittelfrist, der Einspruchsfrist oder der Frist für die neu eingeführte Gehörsrüge ein (§ 705). Der Nachweis der formellen Rechtskraft eines Urteils wird mit dem sog. Rechtskraft- bzw. Notfristzeugnis geführt (§ 706). Folgende Besonderheiten verdienen nähere Erörterung: