aa) Dezentrale Agenturen
62
Europol und Europäische Polizeiakademie
Zusätzlich zu Europol, das angesichts seiner erweiterten Kompetenzen gemäß Art. 30 EUV auf eine neue Grundlage gestellt wird[130], war bereits im Jahr 2000 zur Verbesserung der polizeilichen Ausbildung und zur Vermittlung von Kenntnissen hinsichtlich der polizeilichen Zusammenarbeit in der EU die Europäische Polizeiakademie errichtet worden.[131] Sie erhält 2005 den Status einer Agentur.[132]
63
Eurojust
Hinzukommt die Errichtung der Europäischen Stelle für die justizielle Zusammenarbeit Eurojust[133] auf der Grundlage von Art. 29 und 31 EUV (Stand Nizza). Ihre Aufgabe ist die Koordination von Ermittlungs- und Strafverfolgungsmaßnahmen auch in Zusammenarbeit mit Europol.[134]
64
Frontex
Des Weiteren wird 2004 auf der Grundlage von Art. 66 EGV die Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union errichtet (Frontex).[135] Ihre Aufgabe ist es, Risikoanalysen durchzuführen, Schulungen für Ausbilder von Grenzschutzbeamten anzubieten, die relevante Forschung zu verfolgen, aber auch operativ an Rückführungsaktionen teilnehmen. Zu diesen Zwecken arbeitet sie auch mit Europol und anderen internationalen Organisationen zusammen.[136]
65
Binnenmarkt und Verkehr
Im Bereich des Binnenmarktes werden vier neue Agenturen gegründet.[137] Hervorzuheben ist die Europäische Chemikalienagentur, die im Rahmen der Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH) eine zentrale Stellung einnimmt und auch Entscheidungen mit Außenwirkung trifft.[138] Drei weitere Agenturen betreffen die Flugsicherheit[139], den See[140]- und den Eisenbahnverkehr[141].
66
Querschnittsaufgaben
Neue Agenturen finden sich auch im Bereich Grundrechte[142], Gesundheit[143] und Cybersicherheit[144]. Eine weitere Agentur betrifft die Verwaltung der europäischen Satellitennavigationsprogramme.[145]
67
GASP-Agenturen
Im Bereich der GASP werden das Satellitenzentrum der EU[146] und das Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien gegründet[147]. Darüber hinaus wird die Europäische Verteidigungsagentur[148] eingerichtet, die durch Koordinierung von Forschung, mitgliedstaatlichen Programmen und Beschaffungsmaßnahmen die Verteidigungsfähigkeit der EU verbessern soll.
bb) Exekutivagenturen
68
Exekutivagenturen
Im Zusammenhang mit der Neufassung der Europäischen Haushaltsordnung von 2002 wird erstmals ein einheitlicher Status für Exekutivagenturen geschaffen, d. h. Agenturen, die mit der Verwaltung von Gemeinschaftsprogrammen beauftragt werden.[149] Sie verfügen über eigene Rechtspersönlichkeit, handeln aber unter der Aufsicht der Kommission. Sitz von Exekutivagenturen können nur Standorte der Kommission sein. Exekutivagenturen verfügen über die Organe Lenkungsausschuss und Direktor. Im Lenkungsausschuss sind jedoch nicht die Mitgliedstaaten vertreten. Vielmehr setzt er sich aus fünf von der Kommission ernannten Mitgliedern zusammen. Die Durchführung der Gemeinschaftsprogramme unterliegt der Kontrolle der Kommission. Auf dieser Grundlage wurden die Exekutivagentur für kleine und mittlere Unternehmen[150], für Verbraucher, Gesundheit, Landwirtschaft und Lebensmittel[151], für Bildung, Audiovisuelles und Kultur[152], für Innovation und Netze[153], für die Forschung[154] und die Exekutivagentur des Europäischen Forschungsrates[155] eingerichtet.
c) OLAF
69
OLAF
Folge des Korruptionsskandals in der Santer-Kommission war die Errichtung des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF).[156] Hierbei handelt es sich um ein verselbständigtes Amt der Kommission. Ihm obliegt die externe und vor allem auch die interne Betrugsbekämpfung. Diese erstreckt sich auf den Rat, das Parlament und die Kommission.[157] Darüber hinaus verfügt OLAF über Untersuchungsbefugnisse in allen Einrichtungen, Ämtern und Agenturen der EU.
a) Recht der Strukturfonds
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Strukturfondsförderungsnovelle
Mit der Verordnung (EG) 1260/1999 erhält die Strukturfondsförderung eine neue Rechtsgrundlage.[158] Ihr erklärtes Ziel war es, die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft auf den einzelnen Stufen der Programmplanung, Begleitung, Bewertung und Kontrolle eindeutig festzulegen. Die Durchführung und Kontrolle der Interventionen sollte in erster Linie in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fallen.[159] Sowohl das Prinzip der Komplementarität der Mittel wie das Prinzip der Partnerschaft bleiben erhalten, wobei nunmehr neben den Behörden auch ausdrücklich die Wirtschafts- und Sozialpartner genannt werden.[160] Die Phasen der Programmplanung und Programmgenehmigung durch die Kommission, die Programmdurchführung und finanzielle Abwicklung über Zahlstellen der Mitgliedstaaten unter Beiziehung von Begleitausschüssen, jährlichen Durchführungsberichten und Finanzkontrollen zeigen eine komplexe vertikale Verwaltungskooperation.[161] Angesichts der Primärverantwortung der Mitgliedstaaten für die ordnungsgemäße Durchführung der Fördermaßnahmen und der Letztverantwortung der Kommission für den Gesamthaushalt besteht eine gewisse Verantwortungslücke[162], um deren Schließung letztlich jede Reform bemüht ist.
b) Wettbewerbsrecht
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Kartellverordnungsnovelle
Eine konzeptionelle Änderung in Bezug auf die Durchführung der Wettbewerbsregeln[163] erfolgt durch die Neufassung der Kartellverordnung.[164] Sie beseitigt die ausschließliche Zuständigkeit der Kommission für alle Wettbewerbsverstöße mit Relevanz für den Gemeinsamen Markt und ersetzt diese durch ein aus der Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden bestehendes Netzwerk, das die Wettbewerbsregeln des Vertrags in enger Zusammenarbeit anwenden soll. Zu diesem Zweck werden Informations- und Konsultationsverfahren eingeführt. Ist in einem Fall von gemeinschaftsrechtlicher Relevanz eine mitgliedstaatliche Behörde mit dem Fall befasst, können andere ebenfalls betroffene Behörden das Verfahren aussetzen. Die Kommission kann jedes Verfahren an sich ziehen.
c) Telekommunikationsrecht
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TK-Regulierung
Im Bereich der Telekommunikation erfolgte eine Konsolidierung durch das Richtlinienpaket von 2002.[165] Von Bedeutung ist die durch Art. 7 der Rahmenrichtlinie verstärkte horizontale und vertikale Kooperation zwischen den Regulierungsbehörden der Mitgliedstaaten und der Kommission. Die Zusammenarbeit betrifft in erster Linie die Bestimmung der regulierungsbedürftigen Märkte.[166] Grundlage hierfür bilden die Märkteempfehlung und die Leitlinien der Kommission gemäß Art. 15 Abs. 1 und 2 RL 2002/21/EG.[167] Haben die Marktdefinition oder die Marktanalyse Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten, so hat die Bundesnetzagentur den jeweiligen Entwurf mit einer Begründung der Kommission und den übrigen nationalen Regulierungsbehörden, seit Gründung des Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation im Jahr 2009 (GEREK)[168] auch diesem vorzulegen. Deren Stellungnahmen hat die Bundesnetzagentur „weitestgehend Rechnung zu tragen.“[169]
d) Energierecht
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