Im Gegensatz etwa zur Sachversicherung führt die Auflösung eines Versicherungsvereins bei Lebensversicherungsverträgen, wie sie auch bei Pensionskassen geschlossen werden, nicht zum Erlöschen der Versicherungsverhältnisse. Diese bleiben von der Auflösung unberührt, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt.
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In der Praxis heißt dies, dass auch nach Auflösung der Pensionskasse laufende Rentenzahlungen noch über viele Jahre hin vorgenommen werden müssen. Die Beendigung der Liquidation wird dann also erst nach mehreren Jahrzehnten, wenn die letzte Witwen-/Witwerrente gezahlt worden ist, erfolgen können.
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Dieser gesetzliche Regelfall wird in der Praxis aber als unbefriedigend empfunden. In diesem Zusammenhang muss auch beachtet werden, dass der Abwicklungsverein bei der Berechnung der Deckungsmittel, die für die Auszahlung der Renten vorhanden sein müssen, an versicherungsmathematische Grundsätze gebunden ist. Zu diesen Grundsätzen gehört eine bestimmte Bestandsgröße, die wenigstens in etwa einen Risikoausgleich innerhalb des Bestandes erwarten lässt. Schon aus Risikogründen kann daher nicht mit der Liquidationsbeendigung bis zum letzten Rentner gewartet werden. Interessensgerecht ist es daher, wenn auch bei Pensionskassen die Auflösung zur sofortigen Beendigung der Versicherungsverhältnisse führt.
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Aus diesem Grund enthalten die Satzungen vieler Pensionskassen die Bestimmung, dass mit der Auflösung auch die Versicherungsverhältnisse erlöschen. Soll eine Pensionskasse aufgelöst werden, die eine derartige Satzungsbestimmung nicht enthält, bei der aber dennoch die Auflösung zur Beendigung der Versicherungsverhältnisse führen soll, muss noch vor der Auflösung die Satzung geändert werden. Dies kann auch im zeitlichen Zusammenhang mit dem Auflösungsbeschluss geschehen.
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Als Ausgleich für das Erlöschen der Versicherungsverhältnisse wird den aktiv Versicherten und den Rentenempfängern im Rahmen des Vermögensverteilungsplans ein unmittelbarer Anspruch am Vereinsvermögen eingeräumt. Die Höhe dieses Anspruchs wird sich nach Maßgabe des Anteils an der Deckungsrückstellung für den einzelnen Versicherten und Rentenempfänger richten. Das Vereinsvermögen wird also an die Versicherten und Rentenempfänger verteilt, auch wenn die Rentenempfänger nicht mehr Mitglieder des Vereins sind (s. § 205 Abs. 2 VAG). Bei dieser im VAG vorgesehenen Auflösung müssen allerdings ggf. arbeitsrechtliche, steuerrechtliche und beitragsrechtliche Gesichtspunkte beachtet werden. Soweit die erworbenen Rentenansprüche gem. § 3 Nr. 63 EStG aus nachgelagert zu besteuernden Beiträgen stammen, hat die Kapitalisierung und Auszahlung dieser Versicherungsansprüche an den Versicherten lohnsteuerrechtliche Konsequenzen. Ebenfalls kann die Auflösung nicht im Ergebnis zur Umgehung des Abfindungsverbots nach § 3 BetrAVG führen. Überhaupt wird das Trägerunternehmen der regulierten Pensionskasse arbeitsrechtlich zu überprüfen haben, inwieweit die Auflösung der Pensionskasse mit Auskehrung des Vermögens an die Versicherten tatsächlich zu einer Enthaftung des Arbeitgebers führt.
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Die Auflösung einer Pensionskasse wird sich daher auch künftig nur auf die Fälle beschränken, in denen nach langjähriger Beitragseinstellung und Weiterentwicklung des geschlossenen Bestandes nur noch eine geringe Zahl von Rentenempfängern vorhanden ist. Die Beendigung der Geschäftstätigkeit einer Pensionskasse erfolgt aus diesem Grunde in der Regel nicht durch Auflösung, sondern durch Bestandsübertragung (s. Rdnrn. 116 ff.).
f) Abwicklung
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Die Abwicklung des aufgelösten Vereins richtet sich für den großen Versicherungsverein nach aktienrechtlichen Vorschriften (§ 204 Abs. 3 VAG) und für den kleineren Versicherungsverein nach den Vorschriften des BGB. Größere materielle Unterschiede bestehen hier allerdings nicht.
aa) Gläubigeraufruf
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Mit der Auflösung der Kasse ist ein sog. Gläubigeraufruf zu veröffentlichen. In diesem Gläubigeraufruf werden Gläubiger des Vereins (das sind nicht die Mitglieder und Rentenempfänger) aufgefordert, ihre Ansprüche beim Verein geltend zu machen. Der Gläubigeraufruf dient insbesondere dazu, unbekannten Gläubigern die Möglichkeit zu geben, von der Auflösung Kenntnis zu nehmen und ihre Ansprüche vor Beendigung der Liquidation durchzusetzen. Obwohl in der Praxis derartige unbekannte Gläubiger von Pensionskassen nicht vorhanden sein werden, darf die Pensionskasse erst nach Beendigung eines Jahres nach dem Gläubigeraufruf (sog. Sperrjahr) das Vereinsvermögen an die berechtigten Versicherten und Rentenempfänger verteilen. Wird das Sperrjahr nicht beachtet und erleiden Gläubiger der Pensionskasse dadurch einen Schaden, machen sich die Liquidatoren schadensersatzpflichtig.
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Soweit die Liquidatoren der Pensionskassen – in der Regel also die ehemaligen Vorstandsmitglieder – wissen, dass unbekannte Gläubiger nicht vorhanden sind und Schadensersatzansprüche dementsprechend auch nur theoretischer Natur sind, werden in der Praxis mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde auch schon während des Sperrjahres größere Abschlagszahlungen an die Berechtigten am Vereinsvermögen gezahlt. Mindestens werden die bisher gezahlten Renten an die Rentenempfänger als Abschlagszahlung auf den Vermögensverteilungsanspruch ausgekehrt.
bb) Jahresabschluss
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Zum Zeitpunkt der Auflösung ist vor allem die Deckungsrückstellung zu berechnen und eine Bilanz zu erstellen. Dauert das Liquidationsverfahren mehrere Kalenderjahre, ist wie bei der aktiven Pensionskasse zum jeweiligen Abschluss des Geschäftsjahres ein Jahresabschluss zu erstellen. Nach der Beendigung der Liquidation muss eine Schlussbilanz erstellt werden, aus der ersichtlich ist, dass nunmehr das gesamte Vermögen der Pensionskasse an die Berechtigten verteilt ist. Muss nach der Satzung der Jahresabschluss der Mitgliederversammlung vorgelegt werden, gilt dies grundsätzlich auch für die Schlussbilanz (ggf. können hier aber mit der Aufsichtsbehörde besondere Verabredungen getroffen werden).
cc) „Versilberung“ des Vermögens und Verteilung an die Berechtigten
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Die Liquidatoren haben das Vereinsvermögen in Geld umzusetzen. Insbesondere sind also evtl. Immobilien zu verkaufen, die Ausgleichsforderungen zum Kauf anzubieten usw. Das Vermögen ist dann an die Berechtigten auszukehren. Hierbei ist schon während des Liquidationsverfahrens darauf zu achten, dass mit der Schlusszahlung an die Berechtigten möglichst das gesamte Vereinsvermögen auch ausgekehrt werden kann und keine größeren Beträge übrig bleiben. Die Auskehrung von Restvermögen an mildtätige Organisationen u. Ä. ist nur im äußerst beschränkten Maße möglich, da Anspruchsberechtigte am Vereinsvermögen ausschließlich die Versicherten selbst sein dürfen.
dd) Aufbewahrung von Unterlagen
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Nach Beendigung der Liquidation ist daran zu denken, dass die bisherigen Unterlagen der Pensionskasse noch einige Zeit aufbewahrt werden müssen. Bei großen Vereinen richten sich die Aufbewahrungsvorschriften nach dem Handelsrecht. Bei kleineren Vereinen ist die Aufbewahrung mit der Aufsichtsbehörde abzustimmen.
3. Bestandsübertragung
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Statt der Auflösung der Pensionskasse mit anschließender Vermögensverteilung an die Mitglieder und Rentenempfänger kann die Pensionskasse auch durch Übertragung ihres Bestandes auf ein anderes Versicherungsunternehmen als Rechtssubjekt ihre Beendigung finden. Bei der Bestandsübertragung können die Versicherungsverhältnisse fortgeführt werden. Sie wird daher regelmäßig der