1. Unmittelbare Täterschaft/Selbsttäterschaft, § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB
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Unmittelbarer Täter ist derjenige, „wer die Straftat selbst begeht“. Daraus ergibt sich, dass derjenige, der eigenhändig den Straftatbestand realisiert, als Täter zu betrachten ist. Die subjektive Theorie der früheren Rechtsprechung des Reichsgerichts und in Teilen auch des Bundesgerichtshofs ist damit schon mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu vereinbaren; eine Rückkehr zu einer rein subjektiven Bestimmung, „Täter ist, wer Täterwillen“ hat, ist damit ausgeschlossen.[138] Vielmehr muss sich dieser Wille auch in der (versuchten) Tat objektiv manifestieren.
2. Die mittelbare Täterschaft, § 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB
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Mittelbarer Täter ist derjenige, der die Tat „durch einen anderen“ begeht. Es bedarf also bei der mittelbaren Täterschaft eines Wirkzusammenhangs mit dem Vordermann, der den Hintermann in eine Stellung rückt, in der das rechtsverletzende Geschehen als das von ihm (und nicht als das vom Vordermann) bewirkte erscheint. Insofern gleicht die Tat des Hintermanns insgesamt der Selbsttäterschaft. Sie ist mit ihr aber nicht gleichzusetzen, was auch in der gesetzlichen Unterscheidung von mittelbarer Täterschaft und Selbsttäterschaft zum Ausdruck kommt.[139] Daher verbietet es sich, die Mittelsperson gleichsam als ein „mechanisches Werkzeug“, als Kausalitätsprozess, zu begreifen. Auch derjenige, der sich z.B. in einem Irrtum oder in einer Drucksituation befindet, bleibt grundsätzlich selbstständig denkendes Subjekt, mag die Selbstbestimmung aufgrund der Situation auch eingeschränkt sein. Der Wille selbst ist nicht korrumpierbar. Es stellt sich daher die Frage, wann dem Hintermann eine Herrschaft über das im Tatbestand vertypte Unrecht zukommt und zwar insbesondere in Abgrenzung zur Anstiftung, bei dem diese Herrschaft gegenüber dem Angestifteten gerade nicht gegeben ist. Der mittelbare Täter muss die Fehlbarkeit der Mittelsperson in der Weise für die Verwirklichung seines Unrechtswillens ausnutzen, als er ihr bereits die Möglichkeit nimmt, zu erkennen, dass sie eine Rechtsverletzung bewirkt. Dies kann beispielsweise durch eine Manipulation der äußeren Umstände geschehen. Der Hintermann verhindert z.B. die richtige Willensbildung dadurch, dass er beim Vordermann die richtige Beurteilung der Sachlage vereitelt, wie z.B. beim Hervorrufen oder Ausnutzen eines Tatbestands- oder Erlaubnisumstandsirrtum. Die Mittelsperson weiß in diesen Situationen bereits nicht, dass sie eine Rechtsverletzung bewirkt, sie realisiert selbst kein Unrecht, sondern verwirklicht die Unrechtsmaxime des Hintermanns.
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Damit ist zugleich die systematische Abgrenzung zur Anstiftung benannt. Während dem mittelbaren Täter selbst die Herrschaft über die Verletzung zukommt („Tatherrschaft“), wenn auch vermittelt über eine andere Person, hat der Anstifter an der vom unmittelbar Handelnden begangenen Verletzung „nur“ teil. Ihm wird die Tat eines Dritten mitzugerechnet. Solange der unmittelbar Handelnde hinsichtlich der rechtswidrigen Tat äußerlich frei und einsichtig handelt, ist für die Täterschaft eines Außenstehenden kein Platz.[140] Auch wenn seine Willensbildung durch einen anderen beeinflusst wurde, indem ein anderer bei ihm z.B. einen Rechtsirrtum (§ 17 StGB) bewirkt oder ihn unter Druck gesetzt hat (§ 35 StGB), verwirklicht der unmittelbar Handelnde weiterhin nicht eine fremde, sondern die eigene Unrechtsmaxime, während der Hintermann an derselben lediglich teil-haben kann. Das gleiche gilt erst recht für Fälle der sog. Organisationsherrschaft.[141]
3. Mittäterschaft, § 25 Abs. 2 StGB
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Die Mittäterschaft zeichnet sich dadurch aus, dass „mehrere die Straftat gemeinschaftlich“ begehen. Die Möglichkeit der Mitzurechnung ergibt sich hier ebenfalls aus den interpersonalen Handlungszusammenhängen im Recht wie im Unrecht. Der Einzelne ist in seiner Handlungsmacht begrenzt und erweitert seine Handlungsmöglichkeiten, indem er sich zur Tatausführung mit anderen zusammenschließt. Die Realisierung seines Vorhabens setzt er in Abhängigkeit zum Handeln anderer, so dass ihm die Tat und damit auch die Tatbeiträge der anderen insgesamt als die Seinen mitzugerechnet werden können.[142] Anders als bei der Selbsttäterschaft oder der mittelbaren Täterschaft ist es im Rahmen der Mittäterschaft nicht erforderlich, dass jeder Einzelne das gesamte Tatgeschehen beherrscht; insoweit hat der Begriff der „Tatherrschaft über das im Tatbestand vertypte Unrecht“ hier nur eingeschränkte Bedeutung für jeden einzelnen Mittäter. Denn die Mittäterschaft zeichnet sich dadurch aus, dass der Tatbestand arbeitsteilig realisiert wird.[143] Sieht der Tatplan z.B. vor, dass A den O festhält, während B den O schlägt, muss sich der A die von B vorgenommenen Schläge gegenüber O mittäterschaftlich zurechnen lassen. Das gilt jedenfalls insoweit, als sie als „gleichberechtigte Partner“ bezogen auf die Körperverletzung agieren, wobei dabei der gemeinsame Tatplan zugrunde zu legen ist.[144]
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Der gemeinsame Tatentschluss, der gemeinsame Tatplan, bildet hier die Grundlage für die „arbeitsteilige“, gemeinschaftliche Tatausführung und bestimmt und begrenzt auch die Reichweite der Mitzurechnung der Tat des jeweiligen anderen.[145] Nicht ausreichend ist eine bloß (äußere) zufällige Willensübereinstimmung; eine gegenseitige Mitzurechnung der Handlungsbeiträge setzt vielmehr eine „wechselseitige Vereinbarung zur gleichberechtigten, arbeitsteiligen Deliktsverwirklichung“ voraus,[146] die sich in der konkreten gemeinschaftlich begangenen Unrechtstat manifestiert.[147] Gegenseitiger Zurechnung fähig sind dabei nur die (äußeren) Tatbeiträge, subjektive oder täterbezogene Merkmale muss jeder Mittäter selbst aufweisen.[148]
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Der Gehilfe unterscheidet sich von der Mittäterschaft dadurch, dass es an einem gemeinsamen Unrechtsentschluss fehlt, er also zwar auch ein bestimmtes Interesse an der Ausführung der Tat haben mag, z.B. für seinen Tatbeitrag belohnt wird, er jedoch seinen Tatbeitrag nicht in Abhängigkeit von anderen setzt.[149] Auch ist er nicht gleichberechtigter Partner eines gemeinschaftlichen Zusammenschlusses und sieht sich auch nicht als ein solcher an.
4. Die Nebentäterschaft
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Im Gegensatz zur Mittäterschaft ist die Nebentäterschaft durch ein zufälliges Zusammenwirken mehrerer gekennzeichnet. Hier führen unabhängig voneinander vorgenommene Verletzungshandlungen zum tatbestandsmäßigen Erfolg, z.B. wenn zwei Personen unabhängig voneinander einen Sprengsatz legen, der einen anderen tötet. Es handelt sich um eine Form der (versuchten) Alleintäterschaft nach § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB.[150]
II. Teilnahmelehren, Begriff, Formen und Voraussetzungen der Teilnahme
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Die Teilnahmevorschriften der §§ 26, 27 StGB setzen eine tatbestandsmäßige rechtswidrige Tat voraus, während eine schuldhafte Tat nicht erforderlich ist, sog. limitierte Akzessorietät. Dies wird von § 29 StGB bestätigt, wonach jeder „ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld bestraft“ wird. Während der Anstifter gleich einem Täter bestraft wird, richtet sich die Strafe des Gehilfen zwar nach der Strafdrohung für den Täter (§ 27 Abs. 1 StGB), ist aber nach § 49 Abs. 1 StGB zu mildern (§ 27 Abs. 2 S. 2 StGB). Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass der Unrechtsgehalt des Anstifters dem des Täters vergleichbar ist, das bloße Hilfeleisten zur Tat dagegen weniger schwer wiegt. Teilweise wird die Gleichstellung von Anstiftung und Täterschaft kritisch gesehen und eine Strafmilderung für den Anstifter gefordert;[151] teilweise wird für die Anstiftung eine restriktive Auslegung des Merkmals