Zauberer und Höllentore: Acht Fantasy Krimis. Rolf Michael. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Michael
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Год издания: 0
isbn: 9783956179044
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zur Wehr setzen?“

      „Vielleicht meiden sie ihn normalerweise einfach“, bot Robert eine Erklärung.

      Sein Blick glitt an Brenda vorbei.

      Ein verwachsener Baum ganz in ihrer Nähe begann sich zu bewegen. Augen und ein Mund bildeten ein verzerrtes Gesicht.

      Die Äste bogen sich und sausten wie die Tentakel eine Krake hernieder.

      Robert zog Brenda am Arm aus dem Gefahrenbereich heraus.

      Der Peitschenschlag verfehlte sie nur um wenige Zentimeter.

      Mit dem Schwert schlug Robert zu und trennte den Ast durch. Ein wütendes Brüllen ertönte. Das Gesicht auf der Rinde verschwand wieder.

      Robert wirbelte herum und ließ den Blick schweifen. In welchen der Bäume der Geist als nächstes fahren würde, war nicht vorhersehbar.

      „Wir müssen uns immer möglichst weit von den Bäumen entfernt halten, Brenda!“

      „Leichter gesagt, als getan – in einem Wald!“ Ein weiterer Baum begann plötzlich mit seinen Ästen auszuschlagen. Robert entging dem Schlag nur mit knapper Not.

      Sie hetzten weiter. Jedes Geräusch im Unterholz, jedes Knacken eines Astes brachte sie beide an den Rand des Wahnsinns.

      Manchmal glaubten sie bereits, in der Baumrinde ein Gesicht zu sehen, was sich dann als Irrtum herausstellte.

      In der Ferne hörten sie noch das eine oder andere Winseln eines erschlagenen weißen Wolfs.

      Dann herrschte Stille.

      „Ich glaube, wir sind jetzt allein auf uns gestellt!“, sagte Brenda.

      „Und vor allem haben wir immer noch keine Ahnung, wohin wir uns eigentlich wenden müssen!“ Die Wölfe waren entweder alle erschlagen oder geflohen. Auf jeden Fall war es sehr unwahrscheinlich, dass einer von ihnen zurückkehrte und sie zum Dorf brachte.

      „Irgendwann wird ja diese furchtbare Nacht auch einmal ihr Ende finden, Robert!“

      „Und du glaubst, dass wir uns dann in diesem Wald besser orientieren können?“

      „Man sollte die Hoffnung nie aufgeben“, sagte Brenda.

      Vorsichtig tasteten sie sich weiter voran. Teilweise gerieten sie ins Unterholz, das so dicht war, dass sie sich zunächst mit Schwertern einen Weg bahnen mussten. Keiner von ihnen sprach es aus, aber sie ahnten natürlich beide, dass sie nicht auf dem richtigen Weg sein konnten.

      Es war absolut still im Wald.

      Kein Wind wehte, nicht einmal eine Eule oder irgendein anderer Nachtjäger rührte sich. Dass sie zum letzten Mal einen der Albino-Wölfe aufheulen gehört hatten, war jetzt schon eine ganze Weile her.

      Die Tiere kennen die Gefahr! , dachte Robert. Selbst in diesem simulierten Spiel ist das so! Sie meiden diesen Ort deswegen und warten ab…

      Plötzlich schlug einer der Bäume zu. Die Veränderung ging so schnell vonstatten, dass es unmöglich war, rechtzeitig zu reagieren. Ein Ast, aus dem ein tentakelartiger Arm geworden war, legte sich wie eine Schlinge um Brendas Hals und zog sie mit sich. Sie taumelte, griff nach dem Rapier und versuchte es, in diesen Greifarm hineinzustoßen. Aber die äußere Rindenhaut war zu hart. Das Rapier brach. Robert eilte hinzu und versuchte den Ast mit einem Schwerthieb abzutrennen, wie er es schon einmal getan hatte. Aber das war nicht rechtzeitig möglich. Die anderen Ast-Arme des zum Leben erwachten Baumes, griffen nach ihm und so musste er sich zunächst seiner eigenen Haut wehren. Wütend und mit aller Kraft hieb er auf diese Arme ein. Viel Erfolg hatte er damit nicht. Und da lag wenig später ein Stück Holz auf dem Boden, das sofort, nachdem es abgeschlagen war, seine unerklärliche Geschmeidigkeit verlor, die ihm die Magie des Baumgeistes so plötzlich verliehen hatte.

      Brenda konnte nicht schreien. Der Würgegriff, in dem sie sich befand, schnürte ihr die Kehle zu. Der Baum hob sie hoch. Sie strampelte und versuchte verzweifelt, sich zu befreien.

      Robert gab noch immer sein Bestes im Kampf mit diesem Monstrum.

      Da geriet er zu nahe an den Gegner.

      Einer der zu Arme umfunktionierten Äste schlang sich um seinen Fuß. Augenblicklich verlor er das Gleichgewicht, als er einen Ruck spürte. Robert stürzte zu Boden. Gleichzeitig zog das Monster ihn zu sich herab.

      Unaufhaltsam.

      So sehr er auch kämpfte, er wusste in seinem tiefsten Inneren, dass er diesen Kampf nicht gewinnen konnte. Sein Gegner war einfach zu stark.

      Der zahnlose Mund, der zu dem Gesicht gehörte, das sich in den missgestalteten Konturen der Außenrinde gebildet hatte, stieß ein höhnisches Gelächter hervor.

      Wie aus dem Nichts tauchten jetzt mehrere Albino-Wölfe auf. Die Tiere waren deutlich kleiner und vermutlich jünger als jene riesenhaften Bestien, die Robert und Brenda bis hier her mehr schlecht als recht begleitet hatten.

      Die meisten von ihnen überschritten kaum die Größe von Huskies.

      Welpen! , dachte Robert.

      Dann erschien eine Gestalt zwischen den Bäumen.

      Eine fast drei Meter hoch aufgerichtete Kobra, deren Körper teilweise von Lumpen umhüllt war.

      Augenblicklich ließen die Arme des Waldgeistes Brenda los.

      Sie taumelte zu Boden und hielt sich den Hals. Robert half ihr auf.

      Dann starrten sie in Richtung der Riesenschlange.

      Als diese den Kopf wandte, mussten Brendas und Robert dem gleißenden Licht der hell leuchtenden Augen ausweichen.

      Die Schlange bewegte sich mit einer Behändigkeit, die man einem so großen Geschöpf kaum zutraute. Sie glitt über den Boden, verschwand hinter Bäumen und tauchte wenig später wieder auf.

      Ein stöhnender Laut erfüllte den Wald.

      Er klang Angst erfüllt.

      Das muss dieser Waldgeist ein! , glaubte Robert. Die Hexe jagt ihn!

      Dann schoss plötzlich ein Flammenstrahl aus ihrem Schlund heraus und versengte einen der Bäume, der sich daraufhin verwandelte. Der Baum versuchte sich zu wehren. Die Äste schlugen nach dem Reptil, aber dies wich geschickt aus und antwortete mit weiteren Feuerattacken. Der Waldgeist floh in einen anderen Baum, aber seine Kraft schien bereits stark reduziert zu sein.

      Für die Schlange war es ein Leichtes, auch diesen Baum zu versengen. Wieder ertönte das furchtbare Stöhnen. Die Schreie einer gequälten Seele, der jetzt dämmern musste, dass ihre eigene Existenz kurz vor dem Ende stand.

      Nur Aschehaufen blieben.

      Die Schlange verwandelte sich. Schon wenige Augenblicke später hatte sie die Gestalt jener alten Frau angenommen, der sie im Wald begegnet waren.

      Die Albino-Wolf-Welpen sammelten sich um sie.

      Dabei sprach sie ein paar Worte in einer Sprache, von der weder Brenda noch Robert je ein Wort gehört hatten.

      „Sieh dir das an, Robert! Die Welpen! Sie wachsen!“, flüsterte Brenda.

      „Hier scheint sich alles um Seelenenergie zu drehen“, glaubte Robert. „Die Hexe gibt den Wölfen offenbar etwas von der Lebenskraft des getöteten Baumgeistes ab.“ Brenda rieb sich den Hals, wo ein roter, deutlich sichtbarer Striemen als Würgemal des Baumgeistes zurückgeblieben war.

      „Was geschieht mit uns, wenn wir hier getötet werden?“, flüsterte sie. „Glaubst du, wir sind dann tatsächlich tot?

      Auch in der Realität?“

      „Normalerweise hat man ein zweites Spielleben oder wird ein Level zurückgeworfen. Aber hier gilt das alles nicht.

      Brenda. Der Schnitt an meiner Hand war echt - dann wäre das wahrscheinlich auch unser Tod! Wieso das so ist, weiß