Zauberer und Höllentore: Acht Fantasy Krimis. Rolf Michael. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rolf Michael
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Год издания: 0
isbn: 9783956179044
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könntet euch wenigstens bedanken!“, sagte die Hexe.

      „Aber so ist das leider! Die Jugend von heute hat keinerlei Manieren mehr!“

      „Danke!“, sagte Robert stocksteif und wenig enthusiastisch. Brenda folgte seinem Beispiel.

      Die Hexe fuhr fort: „Der Kampf mit dem Baumgeist hat mich meine besten Albino-Wölfe gekostet.“

      „Wir konnten nicht vorhersehen, dass hier ein Baumgeist lauert“, erwiderte Brenda, die sofort ahnte, worauf das Ganze hinauslief - nämlich auf eine weitere Gegenleistung. „Du wusstest das allerdings schon, nehme ich an. Schließlich lebst du doch seit langer Zeit in diesem Wald und kennst dich aus!“

      Ein Zischen, das an die Laute der Schlange erinnerte, kam jetzt aus dem lippenlosen Mund der Alten. Die grell leuchtenden Augen wurden noch gleißender und Brenda war gezwungen, zum Schutz ihre Hand vor die Augen zu nehmen und ihren Blick abzuwenden.

      „Bedenke, dass ich dich nur aus einem einzigen Grund gerettet habe! Und das ist der, dass ich deinem Gefährten irgendwelche Seelenqualen ersparen möchte. Ihm habe ihm das Versprechen abgenommen, Jarmila zu retten - nicht dir! Grob gesprochen ist deine Existenz nicht unbedingt erforderlich!

      Es reicht, wenn dein Begleiter die Attacken des Schlossherrn und seiner Blutsauger überlebt, um schließlich in die Ebene des Namenlosen Magiers zu gelangen. Auf dich bin ich in keiner Weise angewiesen, Brenda – so ist doch dein Name, oder?“

      Brenda schluckte.

      „Ja“, murmelte sie.

      „Also erweise dich als dankbar und sporne deinen Begleiter dazu an, sein Versprechen zu halten, sonst könnte ich hier und jetzt zu dem Schluss kommen, dass deine Seelenenergie für mich wertvoller ist, als dein Überleben. Bedenke dies!“ Dann wandte sie sich an Robert. „Ich weiß, dass du viel an Jarmila denken musst, nicht wahr?“

      „Ja“, bestätigte Robert. Er wirkte wie in Trance dabei.

      Seine Stimme hatte einen erschreckend weichen und nachgiebigen Klang.

      Er steht unter ihrem Bann! , durchfuhr es Brenda.

      „Da geht es dir so wir mir, mein Sohn. Wir teilen jetzt einen Gedanken. Sieht sie dich jetzt, in diesem Moment an?

      Erfleht sie Hilfe von dir? Du würdest es nicht übers Herz bringen, das abzulehnen!“

      „Nein“, flüsterte Robert.

      Sie trat an ihn heran.

      Brenda wollte einschreiten, aber sie konnte nicht. Wie angewurzelt stand sie da – gelähmt von der unheimlichen Hexenkraft.

      Die Hexe berührte Robert an der Schläfe.

      „Ich werde dir etwas von der Lebenskraft des Waldgeistes abgeben“, sagte sie. „Dann kannst du ausdauernder kämpfen und bist schwerer zu töten. Deine Chancen, die Schattenkreaturen des Schlossherrn zu besiegen und schließlich Jarmila aus der Gewalt des Namenlosen Magiers zu befreien steigen damit. Aber bedenke eines…“

      „Was?“

      „Wenn du das Versprechen brichst und Jarmila nicht befreist, wird diese Kraft von einem Augenblick zum nächsten aus dem deinem Körper fliehen. Und das kann lebensgefährlich sein.“ Sie kicherte in sich hinein.

      Im nächsten Moment durchströmte Robert ein Gefühl der Kraft, das er bisher auf ähnliche Weise noch nie zuvor gespürt hatte. Die Kälte, die zuvor seinen Körper bereits wieder ins Mark durchdrungen hatte, war wie weggeblasen.

      Die Hexe wich zurück.

      „Leb wohl, mein Sohn. Und halte dein Versprechen. Sonst wird es dein Ende sein.“

      Diese Teufelin! , durchfuhr es Brenda.

      Anschließend trat sie an Brenda heran. „Dir werde ich nur so viel zusätzliche Kraft geben, dass du nicht zu einer Belastung wirst und du die Reisegeschwindigkeit zu sehr verminderst!“

      Sie streckte die Hand aus und berührte Brenda an den Schläfen, woraufhin ein prickelnder Kraftschauer das Mädchen durchfuhr. Immerhin spürte sie jetzt die Kälte nicht mehr.

      Die Hexe entfernte sich wieder. Der Bann, mit dem sie Brenda belegt hatte, war nun gebrochen. Sie hatte die Kontrolle über ihren Körper zurück und fühlte sich ausgeschlafen.

      Die Hexe schnippste mit den knorrigen Fingern ihrer rechten Hand. Dann deutete sie mit dem Stock, dessen Knauf aus dem Rattenschädel gefertigt worden war, auf den größten unter den Albino-Welpen.

      „Er wird euch jetzt zum Dorf führen. Da der Baumgeist jetzt nicht mehr auf euch lauert, ist das keine allzu gefahrvolle Aufgabe mehr.“ Noch einmal wandte sie sich Robert. „Enttäusch mich nicht, mein Sohn. Oder du wirst es bereuen.“

      Dann verblasste ihre Gestalt plötzlich.

      Sie wirkte nun wie eine schwache, durchscheinende Diaprojektion und verschwand wenige Augenblicke später völlig.

      Kapitel 7: Gefrorene Gesichter

      Robert und Brenda folgten dem Wolfswelpen und gelangten schließlich in eine Region des Waldes, die weniger vom Nebel betroffen war.

      Der huskiegroße Albino-Wolf trottete vor ihnen her und wartete gegebenenfalls ab, wenn die beiden Jugendlichen ihm nicht schnell genug folgten.

      Aber das war nicht oft der Fall, denn sowohl Robert als auch Brenda fühlten sich deutlich gekräftigt.

      „Ich spüre die Kälte nicht mehr“, sagte Brenda. „Ist das jetzt nur ein Zeichen der zusätzlichen Lebenskraft, die uns die Hexe verabreicht hat?“

      „Was sollte es sonst sein?“, erwiderte Robert.

      „Vielleicht werden wir einfach immer mehr ein Teil dieser Welt. Lara Croft kämpft doch auch in einem hautengen, dünnen Suit in sibirischer Kälte, was normalerweise niemand auch nur eine halbe Stunde überleben würde.“

      „Du meinst, dass wir uns nach und nach an die Welt von Hellgate anpassen?“

      „Ja.“

      „Ich fürchte, du könntest Recht haben.“

      „Hast du schon mal darüber nachgedacht, dass wir irgendwann – vorausgesetzt wir überleben lange genug –

      vielleicht gar nicht in die Realität zurückkehren können?“ Dieser Gedanke war Robert durchaus schon gekommen, aber bislang hatte er ihn erfolgreich verdrängt. Schließlich war es in erster Linie darum gegangen, das nackte Überleben zu sichern. „Das ist doch alles Spekulation, Brenda!“

      „Wir sollen der Wahrheit ins Gesicht sehen, Robert. In deinem Innersten spürst du doch auch, dass es so ist, wie ich sage. Gehen wir am besten davon aus, dass diese Welt mit ihren verqueren Regeln für uns so real ist wie unsere eigene Realität.“ Eine Pause entstand. Schließlich fragte sie vorsichtig: „Robert?“

      „Ja?“

      „Ich habe Angst.“

      Es dauerte einen Augenblick, bis er antwortete.

      „Ich auch.“ Robert sah sie an. „Aber wir schaffen es, Brenda. Auch wenn es im Moment vielleicht nicht gut aussieht.

      Aber die Zuversicht sollten wir trotz all dem nicht verlieren, denn dann können wir uns gleich den Nachtkreaturen zum Fraß anbieten.“

      Brenda schien weniger davon überzeugt zu sein, dass sie tatsächlich eine Chance hatten. Dennoch nickte sie.

      „Wir haben wohl keine andere Wahl, als uns den Aufgaben zu stellen, die hier auf uns warten.“

      „So sehe ich das auch.“

      „Ich frage mich, was geschieht, wenn jetzt jemand in dein Zimmer kommt und uns da so vor dem Bildschirm sitzen sieht.“ Robert hob die Augenbrauen. „Bist du dir sicher,