Das Baustellenhandbuch VOB und BGB. Matthias Jackson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Matthias Jackson
Издательство: Bookwire
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Год издания: 0
isbn: 9783865869708
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des Architekten auszugehen. Wegen der bestehenden Unsicherheiten sollte sich der Auftragnehmer hierauf jedoch nicht verlassen.

      Diese Ausführungen gelten für die Abnahme {Abnahme, durch Bauleiter} durch den Bauleiter entsprechend.

      Die Abnahme für einen öffentlichen Auftraggeber kann grundsätzlich von einem insoweit zuständigen Beamten des Bauamts durchgeführt werden. Eine Erklärung des Bürgermeisters, seines Stellvertreters oder des Gemeindedirektors ist nicht erforderlich.

      In der HOAI ist die technische Abnahme Bestandteil der Grundleistungen, die der Architekt im Rahmen der Leistungsphase 8 zu erbringen hat. In Anlage 10 zu § 34 Abs. 4 HOAI heißt es: „Organisation der Abnahme der Bauleistungen unter Mitwirkung anderer an der Planung und Objektüberwachung fachlich Beteiligter, Feststellung von Mängeln, Abnahmeempfehlung für den Auftraggeber.“

      Weiter heißt es: „Antrag auf öffentlich-rechtliche Abnahmen und Teilnahme daran.“

      Der Architekt hat mithin nach der HOAI die Abnahme – die rechtsgeschäftliche Abnahme {Abnahme, rechtsgeschäftliche} – vorzubereiten und dem Bauherrn hierfür eine Empfehlung auszusprechen. Der Architekt soll mit seinem technischen Sachverstand beurteilen, ob die Abnahme erklärt werden soll oder nicht.

      

Abnahmeverweigerung

       {Abnahmeverweigerung}

      VOB/B-Vertrag

      Die Abnahmeverweigerung ist in § 12 Abs. 3 VOB/B geregelt. Hiernach ist der Auftraggeber nur wegen wesentlicher Mängel zur Abnahmeverweigerung berechtigt. Dagegen besteht das Abnahmeverweigerungsrecht nicht bei unwesentlichen Mängeln. Eine Regelung, wann ein Mangel wesentlich ist, enthält die VOB/B nicht. Dies hängt letztlich von der Art und dem Umfang des Mangels ab. Ferner sind auch die Auswirkungen auf das Bauvorhaben zu berücksichtigen.

Hinweis
Rechtsprechung: Nach aktueller Rechtsprechung kann beispielsweise das Fehlen von Revisionsplänen einen wesentlichen Mangel {Mangel, wesentlicher} darstellen. Bei der Übergabe von Revisionsplänen handelt es sich um eine wesentliche Vertragsleistung, die wichtig für die Gebrauchsfähigkeit des Objekts in der Zukunft ist. Ohne das Vorliegen der Revisionsunterlagen ist die Werkleistung nicht voll erbracht (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 17.06.2008, Az. 19 O 152/04).

      Kommt man hingegen bei der Abwägung der gegenseitigen Interessen dazu, dass der Mangel dem Auftraggeber zumutbar und eine zügige Abwicklung des Vertragsverhältnisses nicht gefährdet ist, darf eine Abnahme nicht verweigert werden. Der Auftraggeber darf die Abnahme also nicht verweigern, wenn ihm zugemutet werden kann, die Werkleistung als im Wesentlichen vertragsgemäß zu akzeptieren.

      Anhaltspunkte für die Beurteilung können sein:

Art und Ausmaß des Mangels
Art und Ausmaß der Gebrauchsbeeinträchtigung
Höhe der Mangelbeseitigungskosten

      Jedoch kann auch eine Vielzahl für sich gesehen unwesentlicher Mängel den Auftraggeber berechtigen, die Abnahme zu verweigern. Auch hier kommt es jedoch auf die Beurteilung des Einzelfalls an. Irgendwann macht es die Masse.

      Unwesentliche Mängel {Mangel, unwesentlicher} nach der Rechtsprechung sind beispielsweise:

ein uneben verlegter Teppichboden
einzelne lose Dachziegel, sofern die Dichtigkeit des Daches nicht betroffen und ein Herunterfallen ausgeschlossen ist
ein nicht gängiger Rollladen an einem schlüsselfertigen Haus

      Der Auftraggeber muss die Abnahmeverweigerung auch ausdrücklich erklären. Es handelt sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Eine bestimmte Form muss nicht eingehalten und sie kann auch mündlich erklärt werden. Es ist dem Auftraggeber allerdings zu raten, die Abnahmeverweigerung schriftlich zu erklären. Ansonsten riskiert der Auftraggeber, eine Abnahmeverweigerung später nicht mehr nachweisen zu können.

      Es gilt: Wer schreibt, der bleibt!

      Folge einer berechtigt erklärten Abnahmeverweigerung ist, dass die Abnahmewirkungen {Abnahmewirkung} nicht eintreten. Auch eine fiktive oder konkludente Abnahme scheidet aus.

      Siehe auch:

      

Abnahmewirkung

      

Fiktive Abnahme

Hinweis
Rechtsprechung: Auch ein Mangel mit geringfügigen Mangelbeseitigungskosten {Mangelbeseitigungskosten} kann wesentlich sein, wenn von ihm erhebliche Gefahren ausgehen, insbesondere bei Gefahr für Leib und Leben. Das OLG Hamm hat folgenden Fall entschieden: Zwischen einem gepflasterten Weg und einer höher gelegenen Fläche mit einem Höhenunterschied von 79 cm fehlte eine Absturzsicherung. Es müssen jedoch auch diejenigen Anlagen hergestellt werden, die für eine gefahrlose Benutzung erforderlich sind. Hier hat das Gericht einen wesentlichen Mangel angenommen, da eine Absturzsicherung fehlt – Absturzgefahr! (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 26.11.2003, Az. 12 O 112/02)

      BGB-Vertrag

      Auch beim BGB-Vertrag ist der Auftraggeber nur bei Vorliegen wesentlicher Mängel zur Abnahmeverweigerung berechtigt. Es gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.

      

Abnahmewirkung

       {Abnahmewirkung}

      Die rechtsgeschäftliche Abnahme hat die im Folgenden einzeln aufgezählten Wirkungen für Auftraggeber und Auftragnehmer:

Ende des Erfüllungsstadiums und Beginn des Gewährleistungsstadiums
Übergang der Vergütungs- und Leistungsgefahr {Vergütungs- und Leistungsgefahr} auf den Auftraggeber
Übergang der Beweislast {Beweislast} für das Vorliegen von Mängeln auf den Auftraggeber
Beginn der Verjährungsfrist für Mängelgewährleistungsansprüche
Beginn des Abrechnungsstadiums
Verlust der nicht vorbehalten Vertragsstrafenansprüche {Vertragsstrafenansprüche}
Verlust von Gewährleistungsansprüchen für erkennbare Mängel, die bei der Abnahme nicht vorbehalten wurden

      

Ende des Erfüllungsstadiums

       {Erfüllungsstadium}

      Vor